Umweltbeauftragter sieht Kirche beim Klima in der Pflicht

"Unser Einfluss beginnt im Kindergarten"

Die Klimakrise verschärft globale Ungleichheiten. Besonders arme Menschen sind stark davon betroffen. Im Rahmen der "Fairen Woche" zur Klimagerechtigkeit blickt der Umweltbeauftragte des Erzbistums Köln auf Ansätze zum Umdenken.

Der Süden leidet unter dem klimaschädlichen Verhalten des Nordens / © luchschenF (shutterstock)
Der Süden leidet unter dem klimaschädlichen Verhalten des Nordens / © luchschenF ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Stimmt es, dass die maßgeblich für den Klimawandel Verantwortlichen nicht so stark von den Folgen betroffen sind und umgekehrt?

Christian Weingarten (Erzbistum Köln)

Christian Weingarten (Leiter des Fachbereichs Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln): Genau. Wir sehen in Europa zwar anhand der Dürren und der Waldbrände, dass der Klimawandel auch bei uns ankommt, wir sehen aber offenbar noch nicht, wie stark Kleinbauern und Bäuerinnen in anderen Ländern, gerade im globalen Süden, darunter zu leiden haben. Durch viel stärkere Dürren kann ihre Ernte nicht mehr richtig wachsen und verkauft werden.

Es müssen Dinge geändert werden, man muss sich anpassen. Aber das Anpassen ist immer so leicht gesagt. Wir als reicher Norden können uns an Klima und Klimawandel anpassen. Aber gerade im Süden ist das manchmal gar nicht so einfach, weil die alltäglichen Herausforderungen viel größer sind.

DOMRADIO.DE: Damit beschäftigt sich auch schwerpunktmäßig die "Faire Woche". Was sind da die wichtigen Dinge dieser ersten Woche?

Weingarten: Es wird ganz klar kommuniziert, dass eine Klimagerechtigkeit nicht ohne Handelsgerechtigkeit funktioniert. Klimagerechtigkeit hat ganz viel damit zu tun, wie wir hier einkaufen. Kaufen wir fair oder kaufen wir nicht fair? Beides hängt zusammen.

Ich finde es ganz wichtig, darauf bei dieser "Fairen Woche" aufmerksam zu machen. Dieses Jahr hat sie das Motto "fair, aber kein Grad mehr".

Proteste für mehr Klimagerechtigkeit / © Stefan Rotter (shutterstock)
Proteste für mehr Klimagerechtigkeit / © Stefan Rotter ( shutterstock )

Wenn wir dafür sorgen wollen, dass der Klimawandel begrenzt wird, müssen wir gleichzeitig dafür sorgen, dass auch die Anpassung funktioniert. Nicht nur bei uns vor Ort, sondern gerade im globalen Süden und in anderen Bereichen, wo der Klimawandel schon angekommen ist.

DOMRADIO.DE: Inwiefern ist der faire Handel ein Teil der Lösung auf dem Weg zu insgesamt mehr Klimagerechtigkeit?

Christian Weingarten

"Durch die Hitze und die Trockenheit sind die Datteln deutlich kleiner, so dass ein Verkauf in Europa nicht mehr möglich ist."

Weingarten: Der Dattel-Anbau ist ein gutes Beispiel dafür. Ein Bauer klagte, dass die Datteln durch die Hitze und Trockenheit deutlich kleiner werden. Sie sind so klein, dass ein Verkauf in Europa nicht mehr möglich ist. Das ist eine direkte Auswirkung des Klimawandels.

Der faire Handel geht nun da hin und fragt, wie man das anpassen kann. Es wurde eine Maschine angeschafft, um die Datteln zu trocknen, zu mahlen und in faire Schokolade zu integrieren.

Das ist ein schönes Beispiel für den fairen Handel, der versucht, auf Veränderungen durch den Klimawandel einzugehen. Wie schaffen wir neue Möglichkeiten für Bauern und Bäuerinnen, trotzdem ihre Produkte weiter zu verkaufen und letztendlich das Geld vor Ort zu verdienen?

DOMRADIO.DE: Das Konzept der Klimagerechtigkeit setzt darauf, dass die Verursacher der Klimakrise ihrer Verantwortung gerecht werden. Was heißt das denn konkret?

Christian Weingarten

"Wir können auch kleinere Datteln kaufen."

Weingarten: Dass wir in Deutschland einsehen, dass wir historisch gesehen die meisten CO2-Emissionen haben und wir als Gesellschaft einen Schaden in anderen Kontinenten verursacht haben. Und dass wir jetzt schnellstmöglich auch im Sinne einer Suffizienz-Strategie einer Genügsamkeit noch mal umdenken müssen.

Wie können wir vielleicht weniger verbrauchen? Wie können wir auch kleinere Datteln kaufen, die vielleicht optisch anders aussehen, aber dadurch trotzdem Bäuerinnen und Bauern unterstützen? Ich glaube, das ist der ganz wichtige Punkt, dass wir diese Einsicht haben, dass wir in Deutschland Verursacher von vielen Problemen sind. Für diese Probleme, die gerade im globalen Süden aufgrund der Trockenheit, Dürren und Brände bestehen, haben wir letztendlich eine ökologische Schuld.

Wir müssen daran arbeiten, dass diese ökologische Schuld aufhört, wir aber gleichzeitig versuchen, die wieder gut zu machen.

DOMRADIO.DE: Wie könnte man denn konkret mehr Klimagerechtigkeit herstellen?

Der globale Süden leidet besonders unter der Klimakrise / © Riccardo Mayer (shutterstock)
Der globale Süden leidet besonders unter der Klimakrise / © Riccardo Mayer ( shutterstock )

Weingarten: Es fängt beim fairen Kaffee, beim fairen Tee an, aber geht darüber hinaus. Im Kindergarten kann man schon mit Kindern besprechen, wo eigentlich die Bananen herkommen und warum Bio- und faire Bananen für die Menschen und fürs Klima besser sind, als wenn man konventionelle Bananen kauft.

Wir haben als Kirche einen großen Einfluss im Bildungsbereich, um die Menschen mitzunehmen und zu erklären, wie es geht. Und das in vielen Bereichen, gerade im Bereich Lebensmittel. Wir müssen da schauen, wo wir auf faire Angebote umstellen können. Das ist die Aufgabe.

Aber es gibt auch faire Kleidung. Es ist immer wieder wichtig zu schauen, woher eigentlich das Produkt kommt und welche Arbeitsbedingungen man selber will und welche man für die, die meine Produkte produziert haben, will.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Klimagerechtigkeit – das Thema der Fairen Woche 2023

Die Klimakrise verschärft globale Ungleichheiten. Sie betrifft zwar alle Menschen weltweit, doch nicht im gleichen Maß: Arme Menschen sind stärker betroffen als reiche, viele Länder des Globalen Südens stärker als die des Nordens. Besonders ungerecht ist, dass vor allem die Menschen unter den Folgen der Klimakrise leiden, die am wenigsten zu ihrer Entstehung beigetragen haben: Der Großteil der Menschen im Globalen Süden sowie junge Menschen und zukünftige Generationen.

Faire Woche hat begonnen / © Wolfram Kastl (dpa)
Faire Woche hat begonnen / © Wolfram Kastl ( dpa )
Quelle:
DR