Und Beifall zu Beginn der Bayreuther Festspiele

Buhrufe bei "Online-Oper"

So viel Beifall und Begeisterung hat es lange nicht mehr gegeben zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele: Ein junger Regisseur traf genau den Nerv des Publikums. Auch Kirchenvertreter zeigten sich zufrieden. Buhrufe dagegen gab es für die Inszenierung am Sonntagabend - bei Neuerungen wie Public Viewing und Online-Oper.

 (DR)

Auch in diesem Jahr hat Katharina Wagner in Bayreuth heftige Buhrufe einstecken müssen. Am Sonntagabend ging ihre Inszenierung von Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" über die Bayreuther Festspielbühne. Im Gegensatz zum Regieteam, durften die Sänger dafür in orkanartigem Beifall baden. Für Sebastian Weigle, den Dirigenten, gab es freundlichen Applaus und vereinzelte Buhs.

Katharina Wagner interpretiert die "Meistersinger" als einen Diskurs über die Kunst. In ihrer Produktion prallen Tradition und Fortschritt aufeinander. Die Regisseurin blieb in weiten Teilen bei ihrem Konzept vom vergangenen Jahr und kam nur im dritten Aufzug dem Bayreuther Werkstatt-Gedanken nach.

Erstmals gab es am Sonntagabend die Live-Übertragung einer Festivalaufführung kostenlos auf den Bayreuther Festplatz. Für 49 Euro ließ sich die Aufführung zudem im Internet verfolgen.

Am Freitagabend inszenierte der 38-jährige norwegische Regisseur Stefan Herheim Wagners handlungsarmes Musikdrama "Parsifal" als bildgewaltige Reise der Familie Wagner durch die Zeit, als Geschichte ehrgeiziger, dominanter Mütter und verführter Söhne

Überzeugte Kirchenvertreter
"Mein Eindruck ist positiv", sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Inszenierung sei Inhalt und Musik des Werks angemessen. Der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich zeigte sich "begeistert" von der Premiere. Es sei eine faszinierende Idee, die Titelfigur Parsifal auf der Suche nach Erlösung durch die deutsche Geschichte gehen zu lassen. Schick und Friedrich hatten die Neuinszenierung von Stefan Herheim am Freitagabend im Bayreuther Festspielhaus miterlebt.

Beide Bischöfe bekundeten zugleich Skepsis gegenüber der christlichen Motivik in der letzten Oper Wagners, die dieser als "Bühneweihfestspiel" tituliert hatte. Der Komponist habe sich eine "eigene und ziemlich verquaste Religion" geschaffen, so Friedrich.

Dass die Titelfigur selbst keine Erlösung benötige, sei völlig unchristlich. Schick bemängelte, im "Parsifal" spiele keine Rolle, dass Erlösung nach christlicher Vorstellung durch den Kreuzestod Jesu möglich werde. Allerdings habe Wagner, der die Oper auch selbst inszenierte, keine christlichen und andere religiöse Symbole verunglimpft. Wenn Regisseure dies heute um der Effekte willen täten, sei dies zurückzuweisen.

Prominenz und Internetgäste
Für Festspielleiter Wolfgang Wagner sind es nach 57 Jahren die letzten Festspiele unter seiner Leitung. Der 88-jährige Prinzipal Wolfgang Wagner hatte nach langem Tauziehen um die Nachfolge seinen Rücktritt "spätestens zum 31. August 2008", einen Tag nach seinem 89. Geburtstag, angekündigt. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) würdigte die Lebensleistung Wagners.

Wagners Tochter Katharina, die ebenfalls die Gäste am Roten Teppich empfing, gilt gemeinsam mit ihrer Halbschwester Eva als seine mögliche Nachfolgerin.

Dass Eva Wagner-Pasquier, zu der Vater und Schwester 30 Jahre lang keinen Kontakt hatten, nicht an der Eröffnung teilnahm, begründete Katharina mit "Terminproblemen". Dafür war Nike Wagner, Tochter von Wieland Wagner, unter den Gästen. Auch sie macht sich Hoffnungen auf eine Nachfolge in der Festspielleitung, gilt aber als nicht sehr chancenreich.

Eine halbe Million Bestellungen
Bis 28. August stehen neben dem "Parsifal" die Wiederaufnahme von "Tristan und Isolde", der "Meistersinger von Nürnberg" und des "Rings des Nibelungen" auf dem Programm. Für die knapp 54 000 Karten der 28 öffentlichen Aufführungen gingen fast eine halbe Million Bestellungen ein. Erfüllt werden konnten somit nur gut elf Prozent der Kartenwünsche.

Seit der Uraufführung des "Parsifal" 1882 ist die Herheim-Inszenierung die neunte Fassung des Werkes bei den Bayreuther Festspielen. Zuletzt war das Stück dort in einer umstrittenen Regie von Christoph Schlingensief zu sehen.