Uneinigkeit über Frage nach Kontekt in aktueller Debatte

Papst-Geburtshaus beschmiert

Der Satz war so obszön, dass ihn weder Polizeisprecher noch die Mitarbeiter des Papst-Geburtshauses wiedergeben wollten: Drei Tage vor dem 83. Geburtstag von Benedikt XVI. hat ein Unbekannter das Papst-Geburtshaus in Marktl am Inn mit einer Aufschrift verunstaltet. Ob die Tat mit der Missbrauchs-Debatte zusammenhängt, ist nicht sicher.

Autor/in:
Petr Jerabek
 (DR)

Der Täter schrieb in der Nacht zum Dienstag mit blauer Farbe einen "Text mit beleidigendem Inhalt" an die Hausfassade, wie die Polizei mitteilte. Die etwa 30 Zentimeter großen Buchstaben wurden offenbar mit einer Lacksprühdose angebracht. Der Vorfall erinnert an den Farbbeutelanschlag auf das Geburtshaus 2006 und die Verunstaltung einer Papst-Büste in Traunstein 2007.

Die "Stiftung Geburtshaus Papst Benedikt XVI." ließ die "unerhörten Schmierereien" umgehend beseitigen: Ein Maler wurde beauftragt, den Schriftzug zu überstreichen.

Zusammenhang zur aktuellen Debatte?
Über die Frage, ob die Tat im Kontext der aktuellen Debatte über Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester zu sehen ist, herrschen geteilte Ansichten. Ein Polizeisprecher sagte auf Nachfrage, dass man angesichts der jüngsten Anschuldigungen gegen Priester schon einen Zusammenhang mit der Missbrauchsdebatte sehen könne. Der Theologische Leiter des Geburtshauses, Ludwig Raischl, widersprach dieser Einschätzung. Der Täter habe einen "Satz mit Schimpfwörtern" hingeschmiert, die aber keinen Zusammenhang zur aktuellen Debatte hätten.

Die "Stiftung Geburtshaus Papst Benedikt XVI." zeigte sich "entsetzt" über die "unerhörten Schmierereien" und kündigte eine Strafanzeige an. Angesichts des Vorfalls solle nun die Aufmerksamkeit rund um das Gebäudeensemble erhöht und Sorge getragen werden, dass so etwas nicht erneut geschehe, teilte der zweite Vorsitzende der Stiftung, Josef Sonnleitner, mit. "Dazu wird die Bevölkerung von Marktl als auch die öffentliche Hand um Unterstützung gebeten."

Bereits einmal verunstaltet
Das Haus, in dem Joseph Ratzinger am 16. April 1927 zur Welt kam, wurde 2006 von der eigens eingerichteten kirchlichen Stiftung gekauft. Ein Jahr später wurde in dem Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert eine Dauerausstellung zum Leben und Wirken des katholischen Kirchenoberhaupts eröffnet. Darüber hinaus werden jährlich wechselnde Sonderausstellungen gezeigt.

Am 10. September 2006, einen Tag vor dem Besuch des Papstes in seinem Geburtsort, war das Gebäude bereits einmal verunstaltet worden: Unbekannte verübten einen Farbbeutelanschlag. Das Landeskriminalamt setzte eine Belohnung von 2000 Euro aus, trotzdem wurde der Fall laut Polizei bis heute nicht aufgeklärt. Einige Monate später wurde die Papst-Benedikt-Büste in Traunstein beschmiert. Unbekannte Täter sprühten auf das erst wenige Tage zuvor feierlich enthüllte Denkmal mit roter Farbe den Schriftzug "Gott ist an allem Schuld".

Der Theologische Leiter des Papst-Geburtshauses hat auch bei der zweiten Verunstaltung des Gebäudes "keine große Hoffnung", dass der Täter gefasst wird. "Was diesen Menschen dazu bewogen hat, wissen wir nicht", sagte Raischl. Ihn ärgere die "Schmiererei" zwar. Doch stünden diesem einen Täter rund 100 000 Menschen gegenüber, die das Geburtshaus seit der Eröffnung vor drei Jahren besichtigt hätten. Daher wolle er sich mit dem Vorfall "nicht länger beschäftigen".