Jack Panyards lebte für die Hochschulzeitung "Liberty Champion". Obwohl noch Student und erst 21, verbrachte er seine Zeit vor allem in der Redaktion. "Der Champion war meine Welt", sagte er jüngst dem "Guardian". "Ich lebte praktisch in diesem Büro." Dabei war der angehende Journalist so etwas wie ein Fremdkörper im streng evangelikalen Biotop der Liberty University, einer Kaderschmiede der Strenggläubigen im ländlichen Virginia.
Etwa 100.000 Studenten sind an der 1971 von dem fundamentalistischen Baptistenprediger Jerry Falwell gegründeten Uni eingeschrieben, etwa 15.000 als Präsenz-, der überwiegende Teil als Online-Studenten. Geleitet wird die Uni vom Sohn des Gründers, Jerry Falwell Junior. Aus dessen Sicht hatte Jack Panyards vor allem einen Fehler: Er war, gemessen an Falwells Kriterien, politisch nicht zuverlässig.
"The Trump Prophecy"
Das bekam der einstige Chefredakteur des Studentenblatts zu spüren, als er eine Kritik über den Film "The Trump Prophecy" schrieb. Dabei handelt es sich um die Geschichte eines Feuerwehrmanns, der 2011 eine Botschaft von Gott erhalten haben will. Darin habe ihm dieser die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten prophezeit. In seinem Artikel verwies Panyard auch auf Zweifel an dieser Deutung. Einen weiteren, Trump-kritischen Beitrag später eröffnete ihm die stramm-konservative Universität, er würde fortan nicht mehr benötigt.
"Falwell gibt sich nicht mit Leuten ab, die mit ihm nicht auf einer Linie liegen", sagt Panyard über den Hochschuldirektor. "Ich bin ein Opfer dieser Kultur."
"Toxisches Christentum"
Die Geschichte des 21-Jährigen ist symptomatisch für die Symbiose der erzkonservativen Evangelikalen-Uni und Trump. Die in den Shenandoah-Bergen von Virginia gelegene Liberty University hat sich darauf spezialisiert, erzkonservative Evangelikale zu rekrutieren, die nicht nur ihre Religion leben, sondern auch Politik machen wollen. Kritiker werfen der Universität vor, ein "toxisches Christentum" zu verbreiten.
Falwell Junior ist mit seiner Uni so etwas wie der ideologische Steigbügelhalter für Trump geworden. Vor wenigen Wochen erst schickte Falwell 300 seiner Studenten nach Washington, um für den umstrittenen Supreme-Court-Richter Brett Kavanaugh zu demonstrieren. Es müsse für Konservative und Christen Schluss damit sein, nur "nette Jungs" zu wählen.
Ziel der Schule
Falwell selbst zählt zu den eifrigsten Verteidigern Trumps; Politik sieht er als christliche Mission, dazu zählen die Propagierung traditioneller Familienwerte ebenso wie ein starker Patriotismus. Die Universität versteht sich somit als Speerspitze der evangelikalen Sache. Und in Trump sieht sie den Vollstrecker ihrer konservativen Agenda. Lange galt es als Ziel der Schule, "christliche Champions" auszubilden – nun, so scheint es, liegt der Fokus mindestens ebenso sehr auf der Ausbildung von Champions für Trump.
Dahinter steckt nach Ansicht von Analysten wie dem Kirchenhistoriker Bill Leonard von der Wake Forest University in North Carolina auch die Angst vor dem Verlust von Privilegien. Unter den erzkonservativen Protestanten herrsche Angst vor dem Niedergang des Christentums in den USA, so Leonard. Laut Umfragen ist diese Sorge nicht unberechtigt. Stellten weiße Evangelikale in den 1990er Jahren noch
"Ihm gehört die Zeitung"
27 Prozent der US-Bevölkerung, sind es heute noch etwa 13 bis 17 Prozent. Vor allem die jüngere Generation sieht sich zunehmend als "nicht religiös". Die Liberty University wolle auch vor diesem Hintergrund konservative Christen befähigen, für öffentliche Ämter zu kandidieren – "vom Hundefänger bis zum Präsidenten", so Leonard.
Jack Panyard hadert nicht mehr mit seiner Absetzung als Chefredakteur durch Falwell. "Ihm gehört die Zeitung", sagt der Student, der in seinem letzten Studienjahr angekommen ist. Wirklich inakzeptabel ist für ihn etwas anderes: "Wir sind eine christliche Universität, wir sind aufgerufen, die Wahrheit zu verfolgen. Wenn die Universität das behindert, dann ist das ein Problem."