Wie wir die Neujahrsvorsätze nachhaltig umsetzen können

"Unserem Leben eine Gestalt geben"

Viele Menschen fassen gute Vorsätze für das neue Jahr. Doch allzu oft verlieren die sich wieder. Bruder Paulus kennt ein paar Tipps, die helfen, das Vorgenommene in die Tat umzusetzen, auch mit Blick in die Bibelgeschichte.

Symbolbild: Gute Vorsätze / © gopixa (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Die Bibel ist ein Buch voller Ratschläge und Vorsätze. Welche Vorsätze finden wir denn zum Beispiel in der Bibel? 

Bruder Paulus Terwitte (Kapuzinerpater und katholischer Medienbeobachter): Also die schönsten Vorsätze sind eigentlich die, die Gott sich gemacht hat. Das ist vielleicht überraschend, aber als Gott die Welt geschaffen hat, hat er den Vorsatz gehabt, dass er die Welt gut schaffen will und dass der Mensch darin gut sein soll. "Macht euch die Erde untertan" – Mit diesem Vorsatz ist Gott eigentlich an die Schöpfung herangegangen. Dann kam die Pleite, so erzählt die Bibel, und die Vertreibung aus dem Paradies.

Und da musste Gott, so ist die biblische Geschichte voll davon, immer neu den Vorsatz fassen: "Ich will nicht mehr strafen, das will ich nicht mehr machen. Ich will dich segnen, du sollst nach vorne gehen." Das erste ist, dass Gott sich einfach den Vorsatz macht, diese Welt zu retten. Und das finde ich erst mal eine sehr befreiende Botschaft, die wir in der ganzen Bibel finden. 

DOMRADIO.DE: Was haben die Menschen sich damals vorgenommen? Gibt es da so etwas wie einen Klassiker? 

Bruder Paulus: Ja, natürlich. Die Menschen haben sich vorgenommen genau in diesem Segen Gottes zu bleiben. Sie wollen unterwegs sein, im Segen Gottes. Abraham hat sich wirklich vorgenommen, diesen Segen, den er bekommen hat, auch auszuüben. Er zieht fort und nimmt sich vor, ein treuer Diener Gottes zu sein, was dem Abraham auch gelingt, aber leider nicht den Nachfolgenden.

Die Erfahrung, die dann die Bibel erzählt, ist, dass es immer wieder neue Propheten, Könige gibt, die sich vornehmen, die Salbung heilig zu halten. Also, dass sie berufen sind, aber auch immer wieder Schiffbruch erleiden. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn heute aus? Taugen die Vorsätze aus der Bibel auch noch für uns jetzt? 

Bruder Paulus: Ich glaube, es taugt vor allen Dingen, dass wir lernen, dass es etwas wie Scheitern gibt und das Scheitern nicht das Ende aller Vorsätze ist, sondern dass wir im Bezug zu Gott einfach die Kraft haben, neu von uns zu denken und etwas Neues einzuüben. Und da ist, glaube ich, die größte Verheißung der Bibel, dass Gott jetzt bei dir ist und nicht erst dann, wenn du diesen Vorsatz erfüllt hast, so dass wir als Christen eigentlich nicht so weit springen und sagen "Ich will das ganze Jahr nicht mehr dies und das ganze Jahr nicht mehr das", sondern wir sind bescheiden und sagen "Ich nehme mir das jetzt mal für eine Woche vor und bin einfach klug dabei".

Es heißt in der Bibel: Das Vorhaben im Herzen eines Menschen ist wie tiefes Wasser, aber ein kluger Mensch kann dieses Wasser schöpfen. Und wenn wir dann aus diesem tiefen Brunnen unserer Sehnsucht schöpfen, neue Menschen zu werden, dann brauchen wir gar nicht weit zu springen, sondern zu sagen: Ich versuch's mal. Nur diese Woche. Gott, du bist ewig. Meine Vorsätze brauchen nicht ewig zu sein. 

DOMRADIO.DE: Wenn Menschen sagen "Ich will mehr Sport machen 2022" oder "Ich will gesünder essen", dann ist das schnell wieder gewesen. Da holt einen der Alltag schnell ein. Das heißt, es geht gar nicht darum, Vorsätze besser einzuhalten, oder?

Bruder Paulus: Es geht darum, dass wir unserem Leben eine Gestalt geben. Und da hilft es nicht zu sagen "Ich will abnehmen", sondern zu sagen "Ich werde die nächste Woche jeden Morgen keinen Zucker in den Kaffee tun" oder "ich kaufe mir nur noch fettarme Milch" oder "ich esse abends keine Chips" – sehr kleine, sehr konkrete Vorsätze.

Mein Vorsatz für 2022 ist es, jeden Tag 10.000 Schritte zu gehen. Und wenn ich abends erst 8.000 habe, noch mal raus aus dem Haus, noch mal 2.000 Schritte tun. Je konkreter es ist, umso mehr werden wir unsere Vorsätze auch erfüllen. 

DOMRADIO.DE: Sollten wir uns in der Corona-Zeit überhaupt etwas vornehmen? Denn wir verzichten ja auch schon auf so viel. Müssen wir uns da noch mehr beschränken? Bei vielen Menschen haben tatsächlich gute Vorsätze auch etwas mit Einschränkungen zu tun. 

Bruder Paulus: Ja, ich finde, es sollte mal ein schöner Vorsatz sein, dass wir nicht rummeckern an den anderen und an den Politikern und sonst wie, sondern sagen: Jeder versucht in seiner Verantwortung Entscheidungen zu treffen.

Ich kann mir vornehmen, dass ich in meinem Umfeld in den nächsten zwei Wochen keine Meckertante bin, sondern dass ich das, was möglich ist tue. Zum Beispiel DOMRADIO.DE hören, zum Beispiel morgens ein Vaterunser beten, zum Beispiel 10.000 Schritte gehen, zum Beispiel morgens keinen Zucker in den Kaffee tun. 

Das Interview führte Dagmar Peters. 


Bruder Paulus Terwitte im Portrait / © Norbert Demuth (KNA)
Bruder Paulus Terwitte im Portrait / © Norbert Demuth ( KNA )
Quelle:
DR
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