Unterstützung für die Ukraine aus Afrika

"Richtig aufgestellt, können wir auch Hilfe leisten"

Im brennenden Charkiw trifft lebensrettende Medizin ein, während in einem Waisenhaus unter dem Heulen von Bombensirenen Wasser und Kleidung verteilt wird. Diese dringend benötigte Hilfe für die Ukraine kommt aus - Afrika.

Autor/in:
Markus Schönherr
Hilfsgüter für die Ukraine / © Halfpoint (shutterstock)
Hilfsgüter für die Ukraine / © Halfpoint ( shutterstock )

"Die geografische Lage der Ukraine zählte für uns nicht. Bei der Entscheidung ging es einzig darum, dass Menschen in Schwierigkeiten sind", sagt Imtiaz Sooliman, Gründer der Organisation Gift of the Givers. Seit mehreren Wochen haben die humanitären Helfer aus Südafrika ein neues Einsatzgebiet: die Ukraine.

Die Grundversorgung steht

Der Organisation ist es gelungen, ukrainische Binnenvertriebene und ein Waisenhaus mit Decken, Matratzen und Lebensmitteln zu versorgen. Alte und kranke Bewohner Kiews belieferten die Helfer in ihren Wohnungen mit Rationen und Tierheime mit Futter. In die ostukrainische Stadt Charkiw schicken sie Notfallmedizin, Ausrüstung für die Intensivpflege von Säuglingen und Insulin.

Glück im Unglück

Dabei hatte die Organisation Glück im Unglück: Ausgerechnet kurz vor Ausbruch des Krieges hatte die gebürtige Ukrainerin und Wahl-Südafrikanerin Nataliya Venter ihre Familie in der alten Heimat besucht. Als die Bomben fielen, beschloss sie zu bleiben und Zivilisten zu helfen. Sie zog ein Netzwerk aus Freiwilligen auf. Dieses arbeitet mittlerweile in Städten in der gesamten Ukraine. Sie kaufen die Güter von ukrainischen Handwerkern und Bauern, zuletzt etwa 20 Tonnen Kartoffeln. Finanziert wird die Hilfe ausschließlich aus Afrika.

1992 startete Gift of the Givers als Ein-Mann-Betrieb in Imtiaz Soolimans Schlafzimmer. Heute hat der Arzt mehr 70 Mitarbeitende und koordiniert Standorte in Südafrika, Somalia, Malawi, Syrien, Palästina, Simbabwe und Jemen. In 44 Ländern rund um die Welt half Soolimans Team bislang aus, ob Bürgerkriege ihre Hilfe beanspruchten oder Naturkatastrophen sie riefen.

Hilfe im Kriegsgebiet

Ukrainischen Flüchtlingen in Polen oder Ungarn zu helfen, kam für Sooliman nicht infrage. "Es sind immer die Leute im Land selbst, die vor dem größten Problem stehen. Sie wissen nicht, ob sie sterben oder Unterstützung erhalten werden", sagt der 60-Jährige. "Daher gehen wir immer ins Kriegsgebiet." Das bewiesen die Helfer schon bei Einsätzen in Somalia, Bosnien und Libyen. In Syrien übernahmen Ärzte und Krisenhelfer aus Südafrika ein Krankenhaus, nachdem das lokale Gesundheitswesen zusammengebrochen war.

Afrika als "Problemkontinent"

Sooliman hofft, dass der Ukraine-Einsatz dazu beiträgt, Afrikas Image als "Problemkontinent" zu tilgen: "In Europa denkt man, wir seien rückständig und dass Afrika immer nur um Hilfe bitte." Dabei beweise er seit Jahren: "Wenn sich Afrika richtig aufstellt, kann es auch Hilfe leisten." Das Budget von Gift of the Givers stamme, bis auf seltene Spenden in Euro oder Pfund, ausschließlich aus Südafrika. Nicht zuletzt, meint Sooliman, sende das eine "Botschaft sowohl an Europa als auch an Afrika - zu sagen, wir sind stolz und können etwas bewegen".

Einsatz in Ukraine bereitet Kopfzerbrechen

Allerdings bereitet der Hilfseinsatz für die Ukraine dem Mediziner Kopfzerbrechen. Nicht weil einige Städte fast gänzlich abgeschnitten sind, die Bomben rund um die Freiwilligen fallen und ausgefallene Strom- und Bankensysteme den Einsatz erschweren. Sondern weil zu wenig Unterstützung ankomme. "Bei einer Katastrophe solchen Ausmaßes sehen wir normalerweise tonnenweise Wagenladungen von abgepackten Hilfsgütern, Paletten von Reis- und Mehltüten bis zu Wasserkanistern." Derzeit seien die Lager der Hilfsagenturen aber vorwiegend ein Sammelsurium gespendeter Konservendosen und Kleidung, die Hilfe unkoordiniert. Zudem fehle es an Benzin.

"Unsere Partner vor Ort erzählen uns, dass die Hilfe abnimmt und sie den Einsatz vielleicht nicht mehr lange aufrechterhalten können", berichtet Sooliman. Das stoße bei dem langgedienten Krisenhelfer auf Unverständnis. Er selbst erhalte aus der Ukraine täglich mehr Unterstützungsgesuche. Das lässt ihn an Europas Antwort auf die humanitäre Katastrophe zweifeln. "Weshalb sollten die Betroffenen in Afrika nach Hilfe fragen, wenn gleich nebenan Europa mit seinen Euros sitzt?"

Spenden für Opfer des Krieges in der Ukraine

Viele Menschen möchten den Opfern des Krieges in der Ukraine möglichst konkret helfen. Fachleute halten Geldspenden beinahe immer für den besseren Weg als Sachspenden. DOMRADIO.DE hat eine Liste mit Spendenmöglichkeiten erstellt.

Wer einen Geldbetrag spenden möchte, sollte diesen am besten einer oder maximal zwei Organisationen zukommen lassen. Das mindert den Werbe- und Verwaltungsaufwand der Organisationen.

DOMRADIO.DE empfiehlt Spenden an folgende Hilfsorganisationen:

 

Caritas International

Hilfsbereitschaft für die Ukraine / © Halfpoint (shutterstock)
Hilfsbereitschaft für die Ukraine / © Halfpoint ( shutterstock )
Quelle:
KNA