DOMRADIO.DE: Sie machen das jetzt schon seit 55 Jahren. Wie wird man denn eigentlich zum Osterhasen?
Dieter Melzer (als Osterhase in Hirschfeld in Brandenburg unterwegs): Die Tradition in Hirschfeld besteht seit 72 Jahren. Das bedeutet, dass 1951 der erste Osterhase mit dem Fahrrad durch unser Dorf gefahren ist. Nach dem ersten Osterhasen folgten dann noch andere, die in der Spur gegangen sind. Natürlich dann schon motorisiert.
Ich habe die Tradition 1968 übernommen. Ich hatte da gerade meine Fahrerlaubnis gemacht und mir eine gebrauchte Jawa für 350 Mark gekauft. Und da hat mir meine Oma gesagt: "Du könntest doch eigentlich mal den Osterhasen spielen." Ich kannte diese Traditionen ja auch als Kind, ich habe den Osterhasen als Kind miterlebt. Und wahrscheinlich ist dort die Begeisterung so groß gewesen, dass ich dann in die Fußstapfen des Osterhasen getreten bin. Denn meine Oma, die hatte eine Freundin und das war die Frau von dem ersten Osterhasen, der 1951 durch unser Dorf gefahren ist.
DOMRADIO.DE: Wie reagieren denn die Kinder und die Menschen im Seniorenheim, wenn Sie mit allem drum und dran kommen?
Melzer: Die Reaktion ist herzergreifend, bei den Kindern genauso wie bei den Senioren. Ich war vor kurzem in einem Seniorenheim, da haben vier Frauen geweint vor Freude, dass ich dort erschienen bin. Und dann sagen die: "Osterhase, wo kommst du her? Und wer hat dich denn bestellt? Das ist ja so eine schöne Sache." Und die andere sagt: "Ich bin jetzt 86 Jahre alt und habe in meinem ganzen Leben das erste Mal den richtigen Osterhasen gesehen."
DOMRADIO.DE: Sie bereiten den Menschen also große Freude. Auch ein Programmpunkt ist immer die Kinder-Krebsstationen in Cottbus und Dresden. Warum liegt Ihnen der Besuch da besonders am Herzen?
Melzer: Das habe ich vor sieben Jahren eingeführt, weil das eine besondere Herzenssache des Osterhasen ist, diese Krankenhäuser zu besuchen, wo die Kinder und Jugendlichen sind und auch teilweise dann über Ostern nicht nach Hause dürfen. Und dort freuen sich auch die Beschäftigten und hauptsächlich die Eltern. Es ist eine Dankbarkeit, die sie dem Osterhasen gegenüberbringen, die ist überwältigend, das ist Wahnsinn. Man wird dort so geehrt, wenn man dort erscheint, auf dieser Station oder überhaupt in den Krankenhäusern.
DOMRADIO.DE: Sie sind ja nicht nur der dienstälteste Osterhase Deutschlands, sondern Sie wurden ja sogar von der evangelischen Kirche in ihrem Ort eingesegnet. Und Sie haben auch geweihtes Osterwasser dabei. Was hat es damit auf sich?
Melzer: Das geweihte Osterwasser gibt es ja bei uns auch als Tradition. Das wird dann immer zwischen Karsamstag und Ostersonntag in der Nacht geholt. Ich kenne das von meiner Oma. Sie ist immer alleine gegangen, es durfte keiner mitgehen und wenn einer mitgegangen wäre und hätte dann gesprochen dabei, dann hat sie immer gesagt, das wäre nicht brauchbar, dann wäre das "Blubberwasser" und hätte seine heilende Wirkung nicht. Und die Quelle, aus dem das Wasser geschöpft wird muss im Osten entspringen und die Fließrichtung nach Westen haben. Und so eine Quelle haben wir hier im Ort.
DOMRADIO.DE: Das ist natürlich sehr praktisch. Was macht denn für Sie die Freude des Osterfestes aus?
Melzer: Die Freude, allen Osterhasen, ganz egal ob groß oder klein, eine Freude zu bereiten, Sonnenschein in ihre Herzen zu bringen. Man kann das eigentlich nicht beschreiben, diese Dankbarkeit gegenüber den Osterhasen ist unbeschreiblich.
DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt 74 Jahre alt. Denkt der Osterhase dann auch schonmal an seinen Ruhestand?
Melzer: Meine Tochter fährt nächstes Jahr zum 35. Mal mit. Sie habe ich mit elf Jahren schon als Osterhasenfrau auf meinem Motorrad mitgenommen. Und seitdem macht sie das mit. Die ist natürlich nun auch angesteckt worden durch das Osterhasen spielen und sie wird das wahrscheinlich mit meinen Enkelkindern fortführen, denn der große Enkel hat seine Motorradprüfung gemacht und ist nun in der Lage meinen Berliner Roller zu fahren.
Das Interview führte Elena Hong.