US-Bischöfe verlieren einen wichtigen Ansprechpartner

Umstellung für die Kirche

Auch die katholische Kirche in den USA muss sich im kommenden Jahr auf ein neues Staatsoberhaupt einstellen. Das könnte Probleme mit sich bringen. Denn trotz Differenzen nahm Katholik Joe Biden die Anliegen der Bischöfe stets ernst.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Joe Biden / © Susan Walsh (dpa)
Joe Biden / © Susan Walsh ( dpa )

Wenn Joe Biden das Weiße Haus im Januar 2025 verlässt, tritt der zweite katholische US-Präsident der Geschichte ab. Die Wehmut der Delegierten beim aktuellen Parteitag der Demokraten in Chicago könnte mit ein wenig Verzögerung auch die US-Bischofskonferenz überkommen.

Die Bischöfe hatten zwar ein gespanntes Verhältnis zu Biden, aber fanden mit dem Katholiken im Oval Office immerhin stets einen Ansprechpartner für ihre Anliegen. Der Präsident, der einen Rosenkranz in der Tasche trägt und regelmäßig die Messe besucht, hat im Unterschied zu seinen möglichen Nachfolgern katholischen Stallgeruch.

Trump verteilt handsignierte Bibeln

Kamala Harris' Spiritualität unterliegt indes verschiedenen Einflüssen. Sie wuchs als Tochter einer hinduistischen Mutter auf, heiratete einen Juden, erhielt ihre Prägung in einer schwarzen Pfingstgemeinde von Oakland und ist heute Mitglied der "Third Baptist Church"» von San Francisco. Anders als Biden hat die neue demokratische Präsidentschaftskandidatin keinerlei Vorbehalte, offensiv für eine liberale Lösung der Abtreibungsfrage einzutreten.

Der republikanische Konkurrent Donald Trump verkauft derweil handsignierte Bibeln, gilt aber als wenig religiös. Dass er in seiner Amtszeit als Präsident etliche konservative Richter ans Oberste Gericht berief, bracht ihm allerdings viel Lob aus christlich-rechten Kreisen ein. Auch die katholischen Bischöfe würdigten dies.

"Über Themen persönlich sprechen"

Denn dem Supreme Court kommt bei vielen gesellschaftlich umstrittenen Themen wie Abtreibung, Religionsfreiheit und Schutz sexueller Minderheiten eine entscheidende Rolle zu. Dass Trump radikal gegen illegale Migration vorgehen und in Sachen Klimapolitik auf die Bremse treten will, entspricht hingegen nicht der Linie der katholischen Kirche.

Ordensfrau Carol Keehan, die lange die einflussreiche Catholic Health Association leitete, sagte dem "National Catholic Reporter" kürzlich, Biden sei immer ansprechbar gewesen. "Ich wusste stets, dass ich mit ihm über Themen persönlich sprechen konnte." Der Präsident fühle sich der katholischen Soziallehre verpflichtet. "Er weiß, dass es mit dem Kirchenbesuch und Gebeten nicht getan ist."

Einflussreiche Ordensfrau lobt Biden

Dass viele Bischöfe härter mit Biden ins Gericht gehen als mit seinem moralisch flexiblen Vorgänger Trump, reflektiert die Polarisierung innerhalb der US-Kirche selbst. Die konservative Mehrheit der Bischöfe ließ sich in den zurückliegenden Jahren immer tiefer in den US-Kulturkampf hineinziehen. Dabei setzten sie Prioritäten, die nicht immer denen von Papst Franziskus entsprachen.

Vor allem die zwiespältige Haltung Bidens zu Abtreibungen brachte ihm harsche Kritik ein. Dass er zwischen seiner persönlichen Einstellung als Katholik und seiner Rolle als Präsident eines säkularen Staates unterschied, wollten etliche Kritiker nicht akzeptieren. Manche sprachen ihm gar die intellektuellen Fähigkeiten ab, die nötig seien, um den katholischen Glauben zu verstehen.

Streit mit den Bischöfen schaukelte sich hoch

Der Konflikt mit den konservativen Hirten schaukelte sich hoch. Der Erzbischof von San Francisco, Salvatore J. Cordileone, ging so weit, Biden die Kommunion zu verweigern. Papst Franziskus entschärfte den Streit schließlich, als er den Präsidenten 2021 im Vatikan empfing. Biden sagte Reportern im Nachgang, Franziskus habe ihn einen "guten Katholiken" genannt und ermutigt, weiter zur Kommunion zu gehen.

Experten sehen in den Spannungen zwischen Biden und der konservativen Mehrheit der US-Bischöfe eine Art Stellvertreterkonflikt um den reformorientierten Kurs des Papstes. Dieser hat neben dem Erzbischof von Chicago, Kardinal Blase Cupich, eine Reihe anderer Hirten zu Kardinälen gemacht, die seine Vision von der Kirche teilen: Erzbischof Wilton Gregory aus Washington, Robert McElroy aus San Diego und Joseph Tobin aus Newark. Diese wachsende Gruppe von "Fraziskus-Treuen" wird Biden sicherlich vermissen, wenn er aus dem Amt scheidet.

US-Bischöfe wählen Militärbischof Broglio zum neuen Vorsitzenden

Timothy P. Broglio (70), seit 2008 Militärbischof der USA, ist neuer Vorsitzender der katholischen US-Bischofskonferenz.

Der aus Cleveland im Bundesstaat Ohio stammende Erzbischof setzte sich am Dienstag (Ortszeit) in Baltimore bei der Herbsttagung der Bischöfe gegen neun Mitbewerber durch. Er wurde im dritten Wahlgang mit 138 der 237 abgegebenen Stimmen gewählt.

Midterm Elections in den USA / © anthony heflin (shutterstock)
Midterm Elections in den USA / © anthony heflin ( shutterstock )
Quelle:
KNA