Vor einigen Tagen hat der republikanische Gouverneur von South Carolina, Henry McMaster, ein Gesetz unterschrieben, das Abtreibungen ab der sechsten Woche verbietet. Bis dahin waren Schwangerschaftsabbrüche in dem Südstaat bis zur 22. Woche erlaubt. Damit folgt South Carolina dem Beispiel Floridas, wo der republikanische Gouverneur und Präsidentschaftskandidat Ron DeSantis ein vergleichbar striktes Gesetz unterzeichnet hat.
Die ebenfalls republikanisch regierten Bundesstaaten Nebraska und North Carolina beschritten einen anderen Weg. Mitte Mai stimmte das Parlament Nebraskas für ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen nach der zwölften Woche. Die zunächst diskutierte Idee eines völligen Verbots wurde nicht weiter verfolgt. In North Carolina verabschiedeten die Gesetzgeber nur wenige Tage zuvor ebenfalls eine Zwölf-Wochen-Frist.
Spannungsverhältnisse bei den Republikanern
Die unterschiedlichen Gesetze stehen für das Spannungsverhältnis innerhalb der republikanischen Partei, die nach einem Weg sucht, der von Abtreibungsgegnern an der Basis mitgegangen werden kann, ohne dabei zu viele Frauen bei den nächsten Wahlen zum Weißen Haus und Kongress abzuschrecken.
Das Ringen in der Grand Old Party ist eine Konsequenz aus dem Urteil des Obersten Gerichts vom Juni 2022, mit dem das liberale Grundsatzurteil "Roe v. Wade" von 1973 gekippt wurde. Seither liegt die Zuständigkeit für die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen wieder bei den einzelnen Bundesstaaten. Dies hat den US-Konservativen genau das beschert, wofür sie fast 50 Jahre gekämpft hatten. Mehrere republikanisch geführte Staaten beeilten sich, restriktive Anti-Abtreibungsgesetze zu verabschieden – teils ohne Ausnahmen bei Vergewaltigung oder Inzest.
Kurzes Triumphgefühl
Das Triumphgefühl währte nur kurz, denn sowohl bei den Zwischenwahlen als auch in Referenden erteilten die Wähler strengen Abtreibungsverboten eine Absage. Die Verunsicherung zeigt sich im Vorwahlkampf der Republikaner. So macht sich die Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley für einen "nationalen Konsens" in der Abtreibungsfrage auf Bundesebene stark. Einen, den die Mehrheit der Wähler im eigenen Lager akzeptieren könnte – und der realistische Chancen in beiden Häusern des Kongresses habe.
Ex-Präsident Donald Trump, der erneut ins Rennen um das Weiße Haus geht, hat sich noch nicht klar positioniert. Er hält aber das Sechs-Wochen-Gesetz seines parteiinternen Konkurrenten DeSantis für schädlich. Selbst Pro-Life-Aktivisten träten für eine längere Frist ein, so Trump. DeSantis werde mit dieser Politik "wie verrückt" Wählerinnen verlieren.
Hälfte der Wähler befürworten Abtreibung bis zur 15. Woche
Umfragen belegen, wie verwundbar die Republikaner sind, wenn sie in Sachen Abtreibung einen kompromisslosen Kurs fahren. Laut Fox News befürworten 54 Prozent der Wähler einen straffreien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 15. Woche. Vor diesem Hintergrund überdenken auch Pro-Life-Organisationen wie die Gruppe "Susan B. Anthony" (SBA) die Konsequenzen. "Wir sollten so weit wie möglich gehen, und trotzdem einen tragfähigen Konsens finden",so SBA-Vize Stephen Billy. Genau das sei in Nebraska und North Carolina geschehen.
Eine solche Lösung strebt auch der einflussreiche republikanische Senator aus South Carolina, Lindsey Graham, auf Bundesebene an. Er sorgte schon im vergangenen Jahr für Schlagzeilen, als er einen Gesetzentwurf in den Senat einbrachte, der Schwangerschaftsabbrüche ab der 15. Woche verbieten soll, um "im Einklang mit dem Rest der Welt" sein. Er sieht auch Ausnahmen bei Vergewaltigung, Inzest und Gefahr für das Leben der Mutter vor.
Streit um den richtigen Kurs
Der Streit um den richtigen Kurs in der Abtreibungsfrage könnte in South Carolina Anfang nächsten Jahres ins Zentrum der Debatte bei den ersten Vorwahlen im Süden der USA werden. Bis dahin dürfte entschieden sein, ob die kontroverse Sechs-Wochen-Frist des Südstaats vor dem Obersten Gericht in der Hauptstadt Columbia Bestand hat.