USA bieten Subventionskürzungen an - Kritik von Misereor

Krisengipfel in Genf

Die Handelsgespräche in Genf gelten als letzte Chance, die 2001 in Doha begonnenen WTO-Verhandlungen zu retten. Die reichen Staaten verlangen einen besseren Zugang zu den Märkten des Südens für ihre Industriegüter. Die großen Entwicklungsländer fordern bessere Absatzchancen für ihre Agrarprodukte auf den Märkten des reichen Nordens. Die USA haben heute erstmals Subventionskürzungen für ihre Farmer angeboten.

 (DR)

Beim Krisentreffen zur Welthandelrunde haben die USA eine Kürzung ihrer Subventionen für Farmer angeboten. In Zukunft könnten die jährlichen Zahlungen auf 15 Milliarden US-Dollar begrenzt werden, sagte die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab am Dienstag in Genf. In den vergangenen zehn Jahren hätten die Beihilfen durchschnittlich rund 17 Milliarden US-Dollar betragen.

«Das ist ein großer Schritt», sagte Schwab. Mit diesem Angebot wollten die USA den Gesprächen zur Rettung der Welthandelsrunde neuen Schub geben. Im Gegenzug erwarte Washington Zugeständnisse von anderen Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO). Insbesondere müssten große Entwicklungsländer wie Brasilien und Indien ihre Einfuhrzölle für Industriegüter aus den USA drastisch senken.

Laut Schwab dürfen die Amerikaner ihren Farmern bisher laut internationalen Handelsregeln pro Jahr rund 48 Milliarden US-Dollar zahlen. Diese Obergrenze sei aber noch nie erreicht worden. Der US-Kongress hatte vor kurzem ein neues Milliardenprogramm für US-Farmer verabschiedet. Große Entwicklungsländer wie Brasilien und Indien verlangen bei dem Treffen in Genf von den USA starke Kürzungen ihrer staatlichen Ausgaben für Farmer. Gleichzeitig pochen die Entwicklungsländer auf einer Reduzierung der hohen EU-Agrarzölle.

Unterdessen bezeichneten Bauernverbände aus Europa und Nordamerika die WTO-Verhandlungen als gefährlich. Die angestrebten Kürzungen der Agrarsubventionen und Importzölle auf landwirtschaftliche Güter bedrohten die Existenz vieler bäuerlicher Betriebe, betonte der europäische Bauernverband COPA. Ein WTO-Abkommen würde für die Landwirte in der EU zu einem Verlust von 30 Milliarden Euro jährlich führen.

Liberalisierung bekämpft den Hunger nicht
Das katholische Hilfswerk Misereor ist aus einem anderen Grund unzufrieden mit den Verhandlungen. Die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO drohe die Doha-Verhandlungsrunde verfrüht abzuschließen, erklärte das Hilfswerk am Dienstag in Aachen. Der künstliche Zeitdruck kurz vor den Wahlen in den USA gehe auf Kosten der Entwicklungsländer.

Misereor äußert die Befürchtung, dass ungerechte Welthandelsstrukturen zugunsten der Industrieländer verfestigt werden. Künstlich verbilligte Produkte wie Baumwolle aus den USA oder Milch aus der EU würden auch künftig die Produktion in den Entwicklungsländern schädigen. Umgekehrt müssten diese für eine Senkung von Subventionen einen hohen Preis zahlen, indem sie den Industrieländern im Gegenzug mehr Marktzugang gewährleisteten.

Die Nahrungsmittelkrise der vergangenen Monate hat nach Einschätzung von Misereor gezeigt, dass ein freier Markt nicht die Lösung zur Bekämpfung von Hunger und Armut sei. Schon heute müssten viele Entwicklungsländer trotz hervorragender landwirtschaftlicher Bedingungen Nahrungsmittel importieren. Daher seien nun die Schutzmöglichkeiten für Entwicklungsländer, deren Märkte plötzlich mit ausländischen Agrargütern überschwemmt werden, von großer Bedeutung.

"Wie kann man diese Subventionen rechtfertigen?"
Ägyptens Handelsminister Rachid Mohamed Rachid betonte, dass die stark gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise die ökonomische Lage vieler armer Länder noch verschärften. Es sei Zeit die Agrarsubventionen zu kappen, weil die Bauern des Nordens wegen der hohen Lebensmittelpreise gut verdienten. "Die entwickelten Länder sind heute für die größten Verzerrungen im globalen Handelssystem verantwortlich", so der Minister.

Er verurteilte besonders die hohen Subventionen für Biosprit. "Wie kann man Subventionen für diesen Sektor in einer Welt rechtfertigen, in der Millionen Menschen hungern oder unterernährt sind?" fragte der Vertreter Ägyptens.

Offizielles Ziel der 2001 gestarteten Welthandelsrunde ist die bessere Einbindung der Entwicklungsländer in die Globalisierung. WTO-Vertreter wiesen darauf hin, dass eine Einigung bei dem Genfer Treffen wegen des anstehenden Wechsels der US-Regierung nötig sei. Ab
2009 könnte eine neue Regierung in Washington das Interesse an den Welthandels-Gesprächen verlieren.