Kurz vor Gesprächen von US-Vizepräsident James David Vance im Vatikan hat der Heilige Stuhl die eigenen außenpolitischen Positionen ausführlich erklärt. In einem am Karfreitag veröffentlichten umfänglichen Interview sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin der Zeitung "La Repubblica" zum Krieg in der Ukraine: "Dieser Krieg darf nicht fortgesetzt werden! Es ist eine Tragödie mit vernichtenden Konsequenzen sowohl national wie international. Er hat schon zu lange gedauert. Er muss möglichst bald beendet werden!"
Zugleich betonte der Chefdiplomat des Papstes, es wäre "unmenschlich, den Ukrainern das Recht auf Selbstverteidigung abzusprechen". Zu möglichen Gebietsabtretungen an Russland in Friedensverhandlungen erklärte Parolin, der Vatikan unterstütze die territoriale Integrität der Ukraine. Doch letztlich müssten die Ukrainer selbst entscheiden, worüber sie verhandeln. Ein gerechter und dauerhafter Frieden könne nach Auffassung des Vatikans nur auf dem Fundament von Gerechtigkeit und internationalem Recht entstehen.

Kürzungen humanitärer Hilfe
Zur neuen außenpolitischen Denkweise der USA unter Trump sagte der Kardinal, die Politik der aktuellen US-Regierung unterscheide sich deutlich von der früheren. Der Heilige Stuhl setze weiter auf einen multilateralen Ansatz und auf das Völkerrecht. Besonders verletzlich seien Menschen, die unter Kürzungen humanitärer Hilfe leiden.

Europa, so Parolin, solle eine tragende Rolle im Einsatz für Frieden übernehmen. Die aktuelle Debatte über eine umfangreiche Aufrüstung Europas sehe er allerdings kritisch: Sie sei ein "Vorzeichen für Abschottung und neue Konflikte".
Kritik an der Lage in Gaza
Die derzeitige Lage im Gazastreifen nannte Parolin "moralisch inakzeptabel". Zwar gebe es ein Recht auf Verteidigung; doch dürfe dies niemals zu "totaler oder teilweiser Auslöschung" eines anderen Volkes führen.
Weder die von der Hamas brutal Ermordeten noch die Bewohner des Gazastreifens hätten den Krieg gewählt, betonte Parolin. Sie zahlten aber den Preis dafür. Ob das Vorgehen der israelischen Streitkräfte als Völkermord anzusehen sei, müssten die dazu befugten internationalen Institutionen beurteilen, so die vatikanische Nummer zwei unter Verweis auf eine entsprechende Aussage von Papst Franziskus.