Vatikan erkennt Marienverehrung in Medjugorje an

Mit Abstrichen

Seit mehr als 40 Jahren ringt der Vatikan um eine Stellungnahme zu den mutmaßlichen Marienerscheinungen in Medjugorje. Nun gibt es die offizielle Zustimmung. Garniert ist sie aber mit einigen Einschränkungen.

Marienstatue in Medjugorje / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Marienstatue in Medjugorje / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

"Es ist an der Zeit, eine lange und komplexe Geschichte rund um die geistlichen Phänomene von Medjugorje abzuschließen." Mit diesen Worten beginnt die offizielle Stellungnahme (Nota) des vatikanischen Glaubensdikasteriums zu den mutmaßlichen Marienerscheinungen in Medjugorje, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Sie trägt den Titel "Königin des Friedens".

Kreuzberg in Medjugorje / © Clement Mahoudeau (KNA)
Kreuzberg in Medjugorje / © Clement Mahoudeau ( KNA )

In der Nota wird die Marienverehrung in dem Ort in Bosnien-Herzegowina als authentisch anerkannt. Zugleich werden die Berichte der mutmaßlichen Seher aus den vergangenen 42 Jahren differenziert bewertet und in Teilen kritisiert. Auch deren Lebenswandel wird ausdrücklich von der Beurteilung ausgenommen. Nach Medienberichten sollen einige von ihnen von den Pilgerfahrten nach Medjugorje wirtschaftlich profitiert haben.

Dazu heißt es in dem Dokument: "Bestimmte Botschaften weisen - nach der Meinung einiger - Widersprüche auf oder stehen in Zusammenhang mit Wünschen bzw. Interessen der mutmaßlichen Seher oder anderer Menschen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies bei einigen wenigen Botschaften der Fall sein mag."

Positive Effekte ausschlaggebend

Für die Beurteilung der Ereignisse rund um Medjugorje hat die Behörde vor allem das Vorhandensein positiver seelsorgerischer Effekte und eine differenzierende Analyse der mutmaßlichen Marienbotschaften zugrundegelegt. Zu den positiven Effekten (theologisch gesprochen: den "Früchten") zählt die Behörde die "große und wachsende Zahl von Anhängern in der ganzen Welt und die zahlreichen Menschen unterschiedlichster Herkunft, die dorthin pilgern".

Bunte Buttons mit Marienbildern in einem Devotionalienladen am 22. April 2023 im bosnischen Medjugorje / © Paula Konersmann (KNA)
Bunte Buttons mit Marienbildern in einem Devotionalienladen am 22. April 2023 im bosnischen Medjugorje / © Paula Konersmann ( KNA )

Und weiter: "Die positiven Früchte zeigen sich vor allem in der Förderung einer gesunden Glaubenspraxis." Dies betreffe im Zusammenhang mit Medjugorje sowohl diejenigen, "die dem Glauben fernstanden, als auch diejenigen, die den Glauben bis dahin nur oberflächlich praktiziert hatten. Die Besonderheit des Ortes besteht in einer großen Anzahl solcher Früchte: die vielen Bekehrungen, die häufige Rückkehr zu den Sakramenten (Eucharistie und Beichte), die zahlreichen Berufungen zum Priester- und Ordensleben wie auch zur Ehe, die Vertiefung des Glaubenslebens, ein intensiveres Gebetsleben, zahlreiche Versöhnungen zwischen Eheleuten und Erneuerung des Ehe- und Familienlebens".

Lange innerkirchliche Debatten

Die Nota "Königin des Friedens" wurde am 28. August von Papst Franziskus genehmigt. Sie soll jahrzehntelange innerkirchliche Debatten und Untersuchungen beenden. Unter anderem hatte es in Bosnien-Herzegowina Streit zwischen örtlichen Bischöfen und den Franziskanern gegeben, die in der Pilgerseelsorge vor Ort eine zentrale Rolle spielen.

Kardinal Victor Manuel Fernandez / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Victor Manuel Fernandez / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Ferner war die Rolle der mutmaßlichen Seher umstritten, die zum Teil über sehr detaillierte Botschaften der Muttergottes berichteten und diese zur Einmischung in politische und kirchenpolitische Debatten zu nutzen versuchten. 

Fernandez: Botschaften von Medjugorje sind keine Offenbarungen 

Die mutmaßlichen Mitteilungen der Jungfrau Maria an die Seher von Medjugorje haben nach dem Urteil von Glaubenspräfekt Kardinal Victor Fernandez jedoch nur begrenzten Wert. Es sei wichtig, immer von "mutmaßlichen Botschaften" zu sprechen, erklärte er am Donnerstag vor Journalisten im Vatikan. Da ihr übernatürlicher Ursprung nicht feststehe, seien sie nicht als "Privatoffenbarungen", sondern lediglich als "erbauliche Texte" einzustufen. Einige der Texte seien "konfus" und "problematisch", doch stünden die meisten in Übereinstimmung mit dem Evangelium und der Lehre der Kirche.

Fernandez äußerte sich bei der Vorstellung des Dokuments "Königin des Friedens", in dem der Vatikan die Marienverehrungen von Medjugorje verbindlich zu regeln versucht. In den Schlussfolgerungen des Dokuments heißt es, die positive Bewertung der Marienverehrung in dem Ort in Bosnien-Herzegowina bedeute nicht, "die mutmaßlichen übernatürlichen Ereignisse als authentisch zu erklären, sondern nur darauf hinzuweisen, dass inmitten dieses geistlichen Phänomens von Medjugorje der Heilige Geist fruchtbar zum Wohle der Gläubigen wirkt".

Der Bischof von Mostar-Duvno wird in dem Dokument angewiesen, ein sogenanntes "Nihil obstat" per Dekret zu veröffentlichen und damit die kirchenamtliche Genehmigung für die Marienverehrung in Medjugorje zu erteilen. Zugleich wird der Apostolische Visitator vor Ort beauftragt, darauf zu achten, dass in jeder Veröffentlichung, in der die mutmaßlichen Marien-Botschaften gesammelt werden, die Note "Königin des Friedens" als Einleitung enthalten ist. Ferner solle er die künftigen Botschaften - oder die vergangenen Botschaften, die noch nicht veröffentlicht wurden - "einer Prüfung unterziehen und ihre eventuelle Veröffentlichung unter Berücksichtigung der obigen Klarstellungen genehmigen".

Warnung vor Manipulationen

Die jeweiligen Ortsbischöfe in der Weltkirche haben weiterhin die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, ob sie Wallfahrten nach Medjugorje fördern oder nicht. Dazu heißt es in dem Text, es werde "nicht geleugnet, dass es Gruppen oder Personen geben kann, die dieses geistliche Phänomen in unangemessener Weise nutzen und in falscher Weise handeln. Die Diözesanbischöfe, jeder in seiner Diözese, haben die Freiheit und die Autorität, jene besonnenen Entscheidungen zu treffen, die sie für das Wohl des Volkes Gottes für notwendig erachten."

Marienstatue in Medjugorje / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Marienstatue in Medjugorje / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Ferner sollten alle, die nach Medjugorje pilgern, darauf hingewiesen werden, dass "Pilgerfahrten nicht wegen der Begegnung mit den mutmaßlichen Sehern stattfinden, sondern um Maria, der Königin des Friedens, zu begegnen und, getreu der Liebe Marias zu ihrem Sohn, Christus, zu begegnen".

 

Eine kleine Geschichte der Marienerscheinungen

Marienerscheinungen zählen seit dem 18. Jahrhundert zu den "Privatoffenbarungen". Laut Katechismus steht es jedem Katholiken frei, an Privatoffenbarungen zu glauben oder nicht - auch wenn die Kirche sie als gesichert ansieht. Experten sehen die Erscheinungen in Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Krisen: Hungersnöten, Seuchen, Missernten. 

Bildnis der Jungfrau von Guadalupe / © Fabian Montano Hernandez (shutterstock)
Bildnis der Jungfrau von Guadalupe / © Fabian Montano Hernandez ( shutterstock )
Quelle:
KNA