Medjugorje ist ein Wallfahrtsort voller Kontraste

Marienfiguren und Marienerscheinungen

Ende Juni jähren sich die ersten berichteten Erscheinungen der Muttergottes in Medjugorje. Im Juli strömen dann junge Menschen in das Dorf. Dem Wallfahrtsort in Bosnien und Herzegowina steht ein internationales Gebetsfestival bevor.

Autor/in:
Paula Konersmann
Marienfiguren mit der Aufschrift Medjugorje in einem Devotionaliengeschäft am 22. April 2023 in Medjugorje / © Paula Konersmann (KNA)
Marienfiguren mit der Aufschrift Medjugorje in einem Devotionaliengeschäft am 22. April 2023 in Medjugorje / © Paula Konersmann ( KNA )

Fußballtrikots flattern auf Plastikbügeln im Wind. Dass der Spieler, dessen Name es trägt – Luka Modric – aus dem Nachbarland Kroatien stammt, ist vielleicht ein Zeichen der Völkerverständigung.

Vielleicht auch nur ein Marketing-Gag. Denn von Marketing versteht man etwas in Medjugorje, diesem Dorf im äußersten Westen von Bosnien-Herzegowina.

Marienbildnisse, Luxus-Hotels und Bürgerkriegshäuser

Der Ort ist geprägt von Kontrasten: 2.300 Einwohner gegenüber drei Millionen Pilgern im Jahr; Luxus-Hotels nahe jenen Häusern, die noch Einschusslöcher aus dem Bürgerkrieg aufweisen.

Bunte Buttons mit Marienbildern in einem Devotionalienladen am 22. April 2023 im bosnischen Medjugorje / © Paula Konersmann (KNA)
Bunte Buttons mit Marienbildern in einem Devotionalienladen am 22. April 2023 im bosnischen Medjugorje / © Paula Konersmann ( KNA )

Und eben Fußballtrikots inmitten von Rosenkränzen, Weihwasser-Fläschchen und Marienfiguren. Marienfiguren, vor allem sie sind hier zu haben, in allen Farben, Größen und Preisklassen.

Viele haben eher den Charakter eines Urlaubssouvenirs – preisgünstige, offenkundig nicht immer gut verarbeitete Plastikpüppchen.

Berichte von Marienerscheinungen seit Juni 1981

Doch das Angebot reicht bis zu hüfthohen Marmorstatuen und edlen Priestergewändern, die in Glasvitrinen verwahrt werden.

Ob innig berührter Pilger, aufgeschlossener Geistlicher oder erheiterter Tourist, hier kommen viele Menschen – oder: Zielgruppen – auf ihre Kosten.

Medjugorje zählt zu den größten katholischen Wallfahrtsorten. Bekannt wurde das Dorf durch Berichte von Marienerscheinungen seit Juni 1981 von damals sechs Jugendlichen, die bei einigen bis heute andauern sollen.

42.000 überlieferte Marienerscheinungen in 42 Jahren

Die über 42.000 Marienerscheinungen, von denen hier in den vergangenen 42 Jahren berichtet wurde, stellen einen Spitzenwert dar.

 (privat)

Die Kirche hat die Erscheinungen bislang nicht offiziell anerkannt, jedoch mehrmals untersucht.

Papst Franziskus äußerte sich zur Frage nach deren Echtheit bislang nicht selbst, entsandte jedoch seit 2017 einen Bischof als vor Ort lebenden Beauftragten und Visitator und erlaubte 2019 erstmals auch von Bischöfen geleitete Pilgerfahrten nach Medjugorje.

Höhepunkt nach Abklingen der Corona-Pandemie

Vor zwei Jahren erlebte der Ort nach der Corona-Pandemie einen Höhepunkt, als zum 40. Jahrestag der Erscheinungen wieder viele Pilger und Priester zusammenkommen durften.

Doch auch an einem durchschnittlichen Frühlingstag herrscht hier reges Treiben.

Menschen stehen am Vormittag ebenso wie am frühen Abend an, um feuchte Stellen an der bronzenen Christus-Figur abzuputzen, die im Garten hinter der Kirche Sankt Jakobus steht.

Kritik an ertragreichem Wunderglauben

Viele nutzen dafür kein 08/15-Taschentuch: Auch "Tränentücher" werden in den Souvenirshops angeboten, die sich auf der Straße vor der Kirche aneinanderreihen.

Was religiös weniger musikalische Beobachter putzig finden mögen, sorgt durchaus für Kritik. Der Schöpfer der Jesus-Skulptur beispielsweise, der slowenische Künstler Andrej Ajdic, spricht sogar von einer Mafia.

Diejenigen, die das Wasser an der Statue für ein Wunder hielten, würden ausgenutzt, um "ein Riesengeld" zu verdienen, sagte er einmal im Deutschlandfunk.

Deplatziertes Nebeneinander wirkt hier seltsam stimmig

Von der überlebensgroßen Figur führt ein idyllischer Weg zur Kirche, die selbst eher schlicht ist. Gottesdienste werden auf der Bühne im Freien zelebriert, und viele Messen sind vollbesetzt:

Frauen an der Marienstatue im bosnischen Medjugorje am 22. April 2023 / © Paula Konersmann (KNA)
Frauen an der Marienstatue im bosnischen Medjugorje am 22. April 2023 / © Paula Konersmann ( KNA )

Ordensleute im Ornat, ins Gebet vertiefte Besucher aus aller Welt, Familien. Während der Fürbitten kicken ein paar Jungs auf der benachbarten Wiese, Spaziergänger mit Getränk in der Hand bleiben stehen, halten einen Moment inne.

Dieses Nebeneinander, das anderswo deplatziert wäre, wirkt hier seltsam stimmig. Neben der Kirche findet sich eine Reihe von Kabinen; ein Ampelsystem zeigt an, ob sie besetzt oder frei sind.

Internationales Jugendgebetstreffen mit jährlich Tausenden Gästen

Ein kleines Schild weist darauf hin, welche Sprache gesprochen wird: Über den meisten dieser Beichtstühle steht "hrvatski", Kroatisch.

Hier bilden sich keine Schlangen, aber immer wieder warten Einzelne geduldig auf Einlass.

Wer etwa Ende Juli zum "Mladifest" kommt, einem internationalen Jugendgebetstreffen mit jährlich Tausenden Gästen, der kann zusätzlich auf den "Erscheinungshügel" Podbro wandern.

Schönheit und Symbolkraft der Alten Brücke

Und wem all das zu wenig handfest erscheint, dem sei ein Ausflug ins nahegelegene Mostar empfohlen:

Schönheit und Symbolkraft der Alten Brücke, die 1993 gesprengt und wurde und seit 2004 wieder Ost und West miteinander verbindet, dürften kaum strittig sein.

Phänomen Medjugorje

Seit 1981 soll sechs Personen in dem kleinen Ort Medjugorje in der Herzegowina viele tausend Mal die Muttergottes erschienen sein. Innerkirchlich ist das Phänomen nicht unumstritten; doch die Zahl der Pilger geht in die Millionen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert einige Eckdaten:

Marienstatue in Medjugorje / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Marienstatue in Medjugorje / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA