Vatikan erlässt neue Statuten für Caritas Internationalis

Für ein katholischeres Profil

Caritas Internationalis, die Dachorganisation von 165 nationalen Caritasverbänden, untersteht künftig in größerem Umfang der Aufsicht des Vatikan. Das legt ein neuer Vatikan-Erlass fest. Der für die katholischen Hilfswerke zuständige Päpstliche Rat Cor Unum und das vatikanische Staatssekretariat erhalten demnach weitreichende Kompetenzen in allen Caritas-Angelegenheiten.

Autor/in:
Thomas Jansen
 (DR)

Wunsch nach einem stärkeren katholischen Profil

Um neue Strukturen geht es in dem von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone unterzeichneten Schreiben nur vordergründig.

Letztlich steht hinter den Paragrafen des sechsseitigen Schreibens unverkennbar der Wunsch nach einem stärkeren katholischen Profil von Caritas Internationalis. Die "unterscheidende Identität" solle zur vollen Geltung gebracht werden, heißt es in einer Vatikan-Erklärung.



Kurzum: Christliche Motivation und kirchliche Bindung müssen deutlicher werden. So hat es Benedikt XVI. seit Beginn seines Pontifikates immer wieder von katholischen Hilfswerken gefordert.



Der Erlass ist keine Revolution: Schon 2004 war Caritas Internationalis kirchenrechtlich dem Päpstlichen Rat Cor Unum zugeordnet worden. Unter anderem bedurften fortan der Präsident und der Generalsekretär des Dachverbandes der päpstlichen Billigung. Das genaue Verhältnis zu Cor Unum blieb damals freilich vage: Der Päpstliche Rat solle die Aktivitäten von Caritas Internationalis "begleiten" und "unterstützen", hieß es in dem Papstschreiben "Beim letzten Abendmahl" vielsagend.



Vereinbarungen mit NGOs bedürfen der Genehmigung

Solche Unklarheiten wurden nun bereinigt: Unter anderem muss künftig jedes Dokument, das Fragen der Glaubenslehre oder Moral betrifft, Cor Unum zur Billigung vorgelegt werden. Auch alle Vereinbarungen mit Nichtregierungsorganisationen oder staatlichen Stellen bedürfen nun der Genehmigung durch den Vatikan. Cor Unum entsendet künftig eigene Vertreter mit Rederecht zu allen Versammlungen der Organe von Caritas Internationalis bis hin zur regionalen Ebene.



Das Verhältnis zwischen der Kirchenleitung und dem Dachverband, der seinen Sitz im römischen Stadtteil Trastevere hat, galt seit längerem als schwierig. Dass nicht alle in der Führung von Caritas Internationalis die Vorstellungen der Kirchenleitung vollständig teilten, offenbarte nicht zuletzt eine Personalie im Mai 2011.  Damals verweigerte der Vatikan Generalsekretärin Lesley-Anne Knight das Nihil obstat (Unbedenklichkeitserklärung Anm. d. Red.) für eine Wiederwahl; eine offizielle Begründung gab es nicht. Medien kolportierten, das mangelnde Eintreten der Britin für ein katholisches Profil sei der Grund für die Ablehnung.

Der Präsident von Cor Unum, Kardinal Robert Sarah, deutete dies zumindest an.



Deutschland: Präsident Neher äußert sich abwartend

Auch wirtschaftlich war es um Caritas Internationalis nicht zum Besten bestellt. Zwar ist der eigene Haushalt mit zuletzt rund vier Millionen Euro (2011) ohnehin nicht sehr groß - die Organisation ist in erster Linie für die Koordinierung von Hilfsaktionen und Entwicklungsprogrammen auf weltkirchlicher Ebene zuständig. In den beiden vergangenen Jahren wies der Haushalt jedoch jeweils ein Defizit auf. Der Rat Cor Unum hat nun die Aufgabe, "eine gewissenhafte und transparente Verwaltung" der Finanzen zu gewährleisten.



Der Präsident der Dachorganisation, Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, begrüßte die Neuordnung. Es handele sich um einen Schritt zur Modernisierung der humanitären Arbeit; er schaffe den Rahmen, um die Tätigkeit "als Teil der Mission der Kirche" auszuüben, so der Kardinal. Zu möglichen Auswirkungen auf das deutsche Hilfswerk Caritas international äußerte sich dessen Präsident Peter Neher abwartend. Was die neuen Statuten für die Praxis bedeuteten, werde sich vermutlich erst nach dem Treffen des Exekutivkomitees von Caritas Internationalis Mitte Mai sagen lassen.



Der "Osservatore Romano" betonte, einen unmittelbaren Einfluss auf die Arbeit der nationalen und diözesanen Verbände hätten die neuen Statuten nicht. Es folgt ein freundlicher Fingerzeig für die Diözesen und Bischofskonferenzen: Das Dokument könne eine "wertvolle Hilfe" für eine Überarbeitung der jeweiligen Statuten auf nationaler und diözesaner Ebene sein.