Der Vatikan hat auf die vielfache Kritik gegenüber seinem neuen Segens-Dokument reagiert. Am Donnerstag veröffentlichte die zuständige Glaubensbehörde eine Erklärung zu "Fiducia supplicans" (Das flehende Vertrauen). Kurz vor Weihnachten erlaubte damit die katholische Kirche erstmals die Segnung von homosexuellen und unverheirateten Paaren.
Verschiedene Wege
In der Pressemitteilung stellt der oberste vatikanische Glaubenshüter Kardinal Victor Fernandez unmissverständlich klar, dass es zwar je nach kirchlichem Kontext und örtlicher Kultur verschiedene Wege und frühere oder spätere Zeitpunkte der Anwendung geben könne. Eine "totale oder endgültige Verweigerung dieses Weges" sei jedoch nicht erlaubt.
Pastoraler Auftrag
Das gelte auch für die "nicht wenigen Länder", in denen Homosexualität in unterschiedlichem Maße verurteilt, verboten und kriminalisiert werde. Dort erforderten jedoch die kulturellen und rechtlichen Schwierigkeiten Zeit und pastorale Strategien, die über das Kurzfristige hinausgingen.
"In diesen Fällen stellt sich über die Frage der Segnungen hinaus ein großer und weitreichender pastoraler Auftrag, der die Ausbildung, die Verteidigung der Menschenwürde, das Lehren der Soziallehre der Kirche und verschiedene Strategien umfasst, die ihrerseits keine Eile zulassen", so Fernandez in seiner Mitteilung.
Kein Rahmen für Ablehnung
Erneut betonte der Kardinal, dass sich "Fiducia supplicans" in "klassischer Weise" zu Ehe und Sexualität ausdrücke. Die Erklärung bleibe fest bei der überlieferten Lehre der Kirche über die Ehe und lasse keine Art von liturgischem Ritus oder diesem ähnliche Segnungen zu, die Verwirrung stiften könnten. Mehrere "starke Formulierungen" belegten, dass die Erklärung keinen Rahmen biete, "um ihr gegenüber lehrmäßig in Distanz zu gehen oder sie als häretisch, der kirchlichen Tradition zuwiderlaufend oder blasphemisch zu betrachten".
Verständnis von Segnungen erweitern
Das Neue der Erklärung sei nicht die Möglichkeit der Segnung von Paaren in "irregulären Beziehungen". Sondern viel mehr gehe es darum, das klassische Verständnis von Segnungen zu erweitern und zu bereichern. Darum werde in dem Dokument vorgeschlagen, vermehrt solche Segnungen im Sinne pastoraler Fürsorge vorzunehmen, die nicht dieselben Bedingungen erforderten wie Segnungen in einem liturgischen oder rituellen Kontext.
Weiter geht Fernandez auch auf Fragen der praktischen Umsetzung dieser Segnungen ein. Diese dürften nur wenige (10 bis 15) Sekunden dauern und keine rituelle Form annehmen. Erteilt werden dürften sie niemals im direkten Zusammenhang etwa mit einer standesamtlichen Feier und in Kleidung, mit Gesten und Worten, die Ausdruck für eine Ehe seien. Auch sollten sie nicht an einem wichtigen Platz im Kirchengebäude oder vor dem Altar stattfinden, da dies Verwirrung stiften würde.
Priester darf keine Bedingungen stellen
"Wenn zwei Personen gemeinsam herantreten, um einen Segen zu erbitten, bittet man einfach den Herrn um Frieden, Gesundheit und andere Güter für diese beiden Personen, die ihn erbitten", erklärt der Glaubenshüter. "Gleichzeitig bittet man darum, dass sie das Evangelium Christi in voller Treue leben mögen und dass der Heilige Geist diese beiden Personen von allem befreien möge, was nicht seinem göttlichen Willen entspricht und alles, was der Reinigung bedarf."
Bei den Segnungen gehe es lediglich um die Antwort eines Hirten auf die Bitte zweier Menschen um Gottes Hilfe, so Fernandez. Bedingungen dürfe ein Priester aus diesem Grund nicht stellen, ebenso solle er nichts über das Intimleben dieser Menschen erfahren.
Ohne Angst, missverstanden zu werden
Der Zweck dieser Segnungen müsse den Menschen in den Ortsgemeinden erklärt werden. "Wir werden uns alle daran gewöhnen müssen, die Tatsache zu akzeptieren, dass ein Priester, der diese Art von einfachen Segnungen erteilt, kein Häretiker ist, nichts ratifiziert und die katholische Lehre nicht leugnet", so Fernandez.
"Wenn dies durch eine gute Katechese deutlich gemacht wird, können wir uns von der Angst befreien, dass unsere Segnungen etwas Unzulängliches ausdrücken könnten. Wir können freiere und vielleicht fruchtbarere Diener in größerer Nähe sein mit einem Dienst, gezeichnet durch väterliche Gesten seelsorgerlicher Nähe und ohne Angst, missverstanden zu werden."