Vatikan gibt grünes Licht für Marienseherin

Visionen von Pierina Gilli sind "unbedenklich"

Nach kürzlich erlassenen Normen zu übernatürlichen Phänomenen ist der Vatikan weiter gut beschäftigt. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage fällte die Glaubensbehörde ein Urteil über angebliche Marienerscheinungen.

Mariendarstellung / © Praweena style (shutterstock)

Erstmals seit Erlass neuer Normen zu übernatürlichen Phänomenen hat der Vatikan die Visionen einer Marienseherin als unbedenklich eingestuft.

Der Fall dreht sich um die mittlerweile gestorbene Italienerin Pierina Gilli (1911-1991). Mehrfach soll ihr die Muttergottes erschienen sein und Nachrichten übermittelt haben. In den von ihr anschließend verbreiteten Botschaften seien keine Elemente gefunden worden, die der Lehre der katholischen Kirche über Glauben und Moral direkt widersprächen, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Brief aus der vatikanischen Glaubensbehörde.

Kardinal Victor Manuel Fernandez / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Victor Manuel Fernandez / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

In dem Schreiben des Präfekten Kardinal Victor Manuel Fernandez heißt es weiter: "Auch negative moralische Aspekte oder andere kritische Aspekte sind in den Fakten in Zusammenhang mit dieser spirituellen Erfahrung nicht zu finden. Vielmehr lassen sich mehrere positive Aspekte finden, die in den Botschaften insgesamt hervorstechen, und andere, die eine Klarstellung verdienen, um Missverständnisse zu vermeiden." Entsprechende Textstellen listet Fernandez anschließend auf.

Brief von Papst Franziskus genehmigt

Der Brief des Glaubensdikasteriums ist datiert auf den 5. Juli 2024 und wurde an diesem Tag auch von Papst Franziskus genehmigt. Adressat ist der Bischof von Brescia, Pierantonio Tremolada. In seinem norditalienischen Bistum ereigneten sich die mutmaßlich
übernatürlichen Phänomene. Über mehr als 20 Jahre soll Gilli die Gottesmutter immer wieder gesehen haben - in der Kathedrale von Montichiari und dem kleinen Ort Fontanelle in der Nähe. Bei einer dieser Erscheinung soll die Muttergottes sie gebeten haben, mit dem Titel "Rosa Mystica" angerufen zu werden.

Die Heilige Maria / © Tomasz Koryl (shutterstock)

Trotz vieler gläubiger Besucher an der Erscheinungsstätte erkannte die katholische Kirche diese Visionen lange nicht an. Erst 2001
wurden öffentliche Gottesdienste in Fontanelle genehmigt, 2019 erfolgte die Errichtung eines Diözesanheiligtums - jedoch noch ohne Anerkennung der Erscheinungen.

"Lehrhaft-pastorale Bewertung"

In seinem Brief verweist der Präfekt der Glaubensbehörde auf den Hauptzweck der kürzlich erlassenen Vatikan-Normen, die eine
"lehrhaft-pastorale Bewertung" dessen vornähmen, was von den übernatürlichen Phänomenen ausgehe. Die Entscheidung, wie jetzt weiter zu verfahren sei, liege beim Ortsbischof.

Damit handelte der Vatikan in Brescia deutlich anders als bei den sogenannten Marienerscheinungen von Trevignano bei Rom. Ende Juni bestätigte er dort das negative Urteil des örtlichen Bischofes, der angebliche Marienerscheinungen einer noch lebenden Seherin als "nicht übernatürlich" eingestuft und ein entsprechendes Kultverbot erlassen hatte.

Eine kleine Geschichte der Marienerscheinungen

Marienerscheinungen zählen seit dem 18. Jahrhundert zu den "Privatoffenbarungen". Laut Katechismus steht es jedem Katholiken frei, an Privatoffenbarungen zu glauben oder nicht - auch wenn die Kirche sie als gesichert ansieht. Experten sehen die Erscheinungen in Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Krisen: Hungersnöten, Seuchen, Missernten. 

Bildnis der Jungfrau von Guadalupe / © Fabian Montano Hernandez (shutterstock)
Bildnis der Jungfrau von Guadalupe / © Fabian Montano Hernandez ( shutterstock )
Quelle:
KNA