Vatikan möchte Erfahrungen der Orientalischen Kirchen nutzen

Blick Richtung Osten

Die katholische Weltkirche ringt um den richtigen Weg im 21. Jahrhundert. In ihrem globalen Beratungsprozess, der Weltsynode, will sie auch von den Orientalischen Kirchen lernen, die hier eine lange Tradition haben.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Mar Awa III. (l.), Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens, und Papst Franziskus am 19. November 2022 im Vatikan. / © Vatican News/Romano Siciliani (KNA)
Mar Awa III. (l.), Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens, und Papst Franziskus am 19. November 2022 im Vatikan. / © Vatican News/Romano Siciliani ( KNA )

Der Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe hat den Antrittsbesuch des neuen Assyrischen Kirchenoberhaupts Mar Awa III. beim Papst am vergangenen Wochenende in den Hintergrund gedrängt.

Deutsche Bischöfe beim Ad-limina-Besuch im Petersdom / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Bischöfe beim Ad-limina-Besuch im Petersdom / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Dabei deutete Franziskus dabei nicht nur eine mutige Bewegung im Dauerstreit um einen gemeinsamen Ostertermin der Kirchen in Ost und West für 2025 an. Er unterstrich auch, der von der katholischen Kirche unternommene Weg der Synodalität, also der derzeitige innerkatholische Beratungsprozess, brauche den Dialog mit anderen Konfessionen (Ökumene).

Kongress orientalischer Kirchen

Dies war auch seine Botschaft an einen Kongress, zu dem sich seit Mittwochabend Vertreter fast aller Orientalischen Kirchen in Rom mit Vatikan-Repräsentanten über Fragen der Synodalität austauschen. Leitwort der von der in Wien ansässigen Stiftung Pro Oriente organisierten Konferenz: "Auf den Osten hören".

Die viertägigen Gespräche mit 80 Kirchenvertretern - Bischöfen, Theologen, auch Laien, zu zwei Dritteln Vertreter Orientalischer Kirchen - sind eingebettet in die internationale Phase des synodalen Prozesses der katholischen Kirche. Kardinal Kurt Koch, Präsident der vatikanischen Ökumene-Behörde, betonte, die Kirche wolle auf die synodalen Erfahrungen der syrischen Tradition hören und sich bereichern lassen. Gerade die Assyrische Kirche könnte für die Ökumene eine einzigartige Rolle spielen: Die Trennung von den Assyrern sei die längste Trennung in der Kirchengeschichte und könnte als erste gelöst werden, zitierte er den Papst. Die Assyrische Kirche war bereits nach dem Konzil von Ephesus (431) eigene Wege gegangen - vor den Kopten oder Armeniern.

Kardinal Mario Grech / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Mario Grech / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Auch der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Mario Grech, unterstrich vor der Konferenz in der Papst-Universität Angelicum die Wechselbeziehung von Synodalität und Ökumene: "Ohne eine Einheit unter den Christen kann es keine vollständige Synodalität geben." In beiden Prozessen könne man Fortschritte nicht ohne die anderen erreichen.

Synodalität in der Kirche des Ostens

Als Hauptredner hatte die auf den christlichen Ost-West-Dialog spezialisierte Pro-Oriente-Stiftung den neuen Assyrischen Katholikos-Patriarchen Mar Awa III. geladen. Während die Ostkirchen das Konzept der Synodalität längst praktizierten, habe die katholische Kirche erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil den "synodalen Charakter der Kirche wiederentdeckt". 1963 seien dort "sichtbare Verschiebungen im jahrtausendealten Rollenverständnis der katholischen Kirche gegenüber dem Papst" deutlich geworden. Dazu habe sicher auch die Anwesenheit vieler nicht-katholischer Beobachter beigetragen.

Blick in die Konzilsaula während des Zweiten Vatikanischen Konzils / © Ernst Herb (KNA)
Blick in die Konzilsaula während des Zweiten Vatikanischen Konzils / © Ernst Herb ( KNA )

Der Patriarch sprach über die Theologie der Synodalität in der Kirche des Ostens. Seinen Primat kann er nur in Gemeinschaft mit dem Heiligen Synod, der Versammlung der Bischöfe, ausüben. Er kann also deutlich weniger Entscheidungen allein treffen als der römische Papst.

Neuausrichtung des Papsttums

Aufmerksam ging der Patriarch auf die Entwicklungen in der katholischen Kirche ein: Nach der Öffnung des Konzils habe Johannes Paul II. 1995 in der Enzyklika "Ut unum sint" die nicht-katholischen Partner dazu eingeladen, gemeinsam mit Rom über die Rolle des Primats nachzudenken und eine auch für andere Kirchen akzeptable Form des Papstamts zu suchen. Papst Franziskus plädiere nun für eine "Neuausrichtung des Papsttums". Mar Awa III. äußerte die Hoffnung, dass in diesem Prozess "ein besseres Verständnis - oder vielleicht eine Neu-Definition? - des päpstlichen Universal-Primats" möglich werde.

Dies dürfte zweifellos "eine lange Reise" mit viel theologischer Reflexion werden. "Aber ich glaube, dass die östlichen nicht-katholischen Kirchen bei dieser Neu-Definition eine unverzichtbare Rolle spielen müssen" - um das westliche Kirchenverständnis synodal für die Kirche des dritten Jahrtausends umzugestalten.

Altorientalische Kirchen

Als altorientalische oder orientalisch-orthodoxe Kirchen wird eine Gruppe von Kirchen bezeichnet, die sich nach dem Konzil von Chalzedon (451) von der (römisch-byzantinischen) Reichskirche getrennt hatten.

Die Koptisch-Orthodoxe Kirche (Patriarchat von Alexandrien) wurde der Überlieferung nach vom Evangelisten Markus gegründet und ist hauptsächlich in Ägypten verbreitet. An der Spitze steht seit 2012 Papst-Patriarch Tawadros II. mit Sitz in Kairo. Der für Deutschland zuständige Bischof Damian hat seinen Sitz in Höxter-Brenkhausen.

Kerzen in einer orthodoxen Kirche / © Elena Dijour (shutterstock)
Kerzen in einer orthodoxen Kirche / © Elena Dijour ( shutterstock )

 

Quelle:
KNA