Vatikanbeobachter Bremer über Zölibatsdebatte

Wiederkehrende Muster

Der designierte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat Gesprächsbereitschaft über die Frage des Pflichtzölibats für Priester in der katholischen Kirche angedeutet.

 (DR)

Doch das ist nichts Neues, urteilt Vatikanbeobachter Jörg Bremer (FAZ).

domradio.de: Ist der Zölibat wirklich ein Punkt, der im Vatikan bald auf den Prüfstand gestellt wird?

Bremer: Das Thema ist ja nun wirklich nicht neu. Und hier hat man in den letzten Jahrzehnten ständig über dieses Thema gesprochen. Die jüngere Debatte fing 1970 an, als selbst der frühere Papst Ratzinger, dann Benedikt XVI., und Kasper der Meinung waren, man müsse ernsthaft und eindeutig darüber reden. Das letzte Mal war es 2009 dann das Thema, als Benedikt XVI. eigene Kirchenstrukturen für konvertierte Anglikaner einführte und dann ist es bei der Deutschlandreise des Papstes ein Thema gewesen. Also es ist oft und immer wieder verhandelt worden. Man muss sich einfach diese Gesprächsrunde vorstellen, die da ganz offensichtlich in Caracas stattgefunden hat, als die Zeitung „El Universal“ Pietro Parolin fragte und er dann sagte, natürlich ist das auch ein Thema. Das Zölibat ist kein Dogma und auch nicht religiösen Ursprungs. Es gab auch sofort eine Einschränkung. Er sagt, Modifizierungen sind vorzunehmen. Man könne auch nicht einfach so sagen, die priesterliche Ehelosigkeit sei eine Tradition, die einfach so überholt sei. Alles, was geschehen könne, müsse im Dienst der Einheit und nach Gottes Willen geschehen. Also auch bei Parolin kamen sofort Einschränkungen.

domradio.de: Warum gibt es denn immer wieder dieses Thema?

Bremer: Hier im Vatikan gibt es Würdenträger, mit denen man sich immer wieder trifft und die einfach sagen: Dieses Thema haben wir jetzt wirklich satt. Dazu gehört eben auch der liberal denkende Kardinal Kasper, der sagt, eine lähmende Dauerdiskussion darf es darüber nicht geben. Es ist immer und immer wieder darüber gesprochen worden und es ist nie jemandem ernsthaft in den Sinn gekommen, ein Argument dafür zu finden, dass wenn man das Zölibat abschafft, es zum Beispiel keinen Priestermangel gebe. Bei den Evangelischen gibt es ja kein Zölibat und trotzdem haben die Priestermangel. Es gebe eben eine alte Tradition, die sich auch bewährt habe, und diese alte Tradition sollte man beibehalten. Es gebe eigentlich gar keine Notwendigkeit, immerzu dieses Thema zu debattieren.

domradio.de: Meinen Sie denn, unter Papst Franziskus wird zumindest darüber mal nachgedacht werden, wenn der künftige Staatssekretär im Vatikan so etwas schon für möglich hält?

Bremer: Das denke ich schon. Natürlich wird darüber nachgedacht; so wie in den letzten 40 Jahren innerhalb von drei Synoden zum Beispiel darüber nachgedacht wurde. Das Thema ist ständig auf der Tagesordnung. Aber es wurde hier in Rom auch ständig abgelehnt. Natürlich wird man darüber sprechen, aber man wird kaum neue Gründe finden können, mit denen man sagen kann: Naja, wir müssen es abschaffen.

Das Interview führte Christian Schlegel

 

Quelle:
DR