DOMRADIO.DE: Der Papst in einem Auto aus Emden. Könnte das sein?
Ulrich Nersinger (Autor und Vatikanexperte): Ja, es gab jetzt einen Deal. Vor wenigen Tagen sind dem Papst die ersten Autos für die Gendarmerie überreicht worden.
Es wird aber vermutlich so sein, dass die päpstliche Autoflotte dann bis zum Jahre 2030 immer mehr mit Elektroautos aufgestockt wird.
DOMRADIO.DE: Aber warum bindet sich der Vatikan ausgerechnet an eine deutsche Autofirma? Ist das normal?
Nersinger: Das hat eigentlich Tradition, obwohl das nicht VW betrifft. Die Päpste haben schon sehr früh eine enge Bindung an einen deutschen Automobilhersteller gehabt, dessen Stern über Stuttgart aufging.
DOMRADIO.DE: Ist das denn normal, dass der Vatikan sich Autos schenken lässt?
Nersinger: Eigentlich von Anfang an. Ich weiß auch nicht, ob das jetzt nur Schenkungen sind oder ob der Vatikan auch bezahlt. Am Anfang war es aber so, dass jeder große Automobilhersteller dem Papst ein Auto schenken wollte. Dadurch bestand vor allen Dingen der persönliche Fuhrpark des Papstes aus Geschenken.
Und man hat damals, als Papst Franziskus sagte, er will auf einfachere Autos umsteigen, etwas den Kopf geschüttelt, weil man sich damit eigentlich ins eigene Fleisch schnitt, denn die Autos waren ja bisher zum großen Teil Geschenke.
Und das fing schon sehr früh an. Das erste Auto, das im Vatikan fuhr, gab es schon im Jahre 1909.
Der damalige Papst war dem aber nicht so ganz zugeneigt. Er hat gesagt, er steige in nichts ein, was "teuf-teuf" macht.
DOMRADIO.DE: Gab es denn auch so richtige Auto-Fanatiker im Vatikan?
Nersinger: Ja, es gab zwei oder drei Päpste, die wirklich richtige Autofreaks waren. Das waren Pius XI. und Pius XII. Und die waren auch gefürchtet bei den Ingenieuren und bei den Verantwortlichen der einzelnen Autohersteller.
Denn wenn ein Auto überreicht wurde, waren die Päpste sehr neugierig und sie kannten sich aus. Sie haben nach der Drehzahl und nach dem Spritverbrauch gefragt. Die hatten schon ein großes Interesse daran.
Wir wissen, dass eine der ersten Ausfahrten eines Papstes nach Castel Gandolfo mit einer Autopanne verbunden war. Der Papst ist dann mit seinem Gefolge ausgestiegen und hat dem Chauffeur Anweisungen gegeben, wie man das Rad wechseln kann.
DOMRADIO.DE: Hat er auch selbst mitgeholfen?
Nersinger: Das glaube ich nicht. Die waren aber überrascht, wie gut der Papst informiert war.
DOMRADIO.DE: Wir ärgern uns ja in Deutschland sehr häufig über die Spritpreise, wenn wir an die Tankstelle fahren. Gibt es eigentlich auch Tankstellen im Vatikan? Und wie viel kostet der Sprit da?
Nersinger: Es gab sehr früh schon Tankstellen im Vatikan und auf den sogenannten exterritorialen Gebieten, also etwa in Castel Gandolfo und all den Orten, die zum Vatikan gehören. Das ist schon sehr früh eingeführt worden.
Und da der Vatikan ja keine Steuern erhebt ist, ist der Sprit dort sehr billig gewesen und er ist es immer noch. Aber natürlich in der Hauptsache für die Bewohner des Vatikanstaates, für die Angestellten und Arbeiter.
DOMRADIO.DE: Welche Autos gab es denn im Laufe der Jahre im Vatikan? Ich hätte jetzt italienische Autos vermutet.
Nersinger: Natürlich gab es die auch. Es gab amerikanische Autos, es gab deutsche Autos. Aber es gab am Anfang natürlich auch italienische Autos. Fiat war da fast federführend.
Ich weiß, einmal ist ein italienisches Auto, ein Fiat, dem Papst überreicht worden, und er hat dann auch biblische Sprüche gebraucht, "Fiat voluntas tua" ("Dein Wille geschehe"), also der Papst hat darüber gescherzt. Fiat war sehr stark vertreten.
DOMRADIO.DE: Was könnte Papst Franziskus bewegt haben, sich da nun vermehrt um Autos zu kümmern?
Nersinger: Die jetzige Linie ist natürlich auch, dass man umweltfreundliche Autos nehmen möchte und die vor allen Dingen auch im Vatikan in Gebrauch nehmen möchte. Das ist eine sehr frühe Entwicklung, das war schon vor Franziskus der Fall, dass man sich um Elektroautos gekümmert hat.
Da gab es aber natürlich auch immer wieder Erschwernisse. Zum Beispiel hat eine italienische Autofirma -und im Zusammenspiel mit einer Umweltorganisation- dem Papst ein Papamobil geschenkt, dass elektrisch betrieben wird.
Aber das ist oder war für die Sicherheitskräfte früher ein Problem. Man konnte nicht von Null auf 100 beschleunigen. Und das ist natürlich in einer Gefahrenlage, denken wir beispielsweise an ein Attentat, nicht sehr hilfreich.
Moderne Formen des Autoantriebs sind natürlich auch immer mit solchen Problemen verbunden. Der Papst hat zum Beispiel ein Auto geschenkt bekommen, das auf Wasserstoffbasis fährt. Das Problem ist aber, dass sich die nächste Tankstelle in Norditalien befindet.
Das Interview führte Carsten Döpp.