Gallagher betete am Ort eines ehemaligen Massengrabs und besuchte eine orthodoxe Kirche. "Der heutige Besuch in Butscha war eine wirklich schreckliche Erfahrung, denn man sieht nicht nur Dinge, sondern man stellt sich auch Dinge vor", sagte der Erzbischof dem Nachrichtenportal "Vatican News".
Man erfahre dort von Gräueltaten. Er habe sich bereits in Burundi furchtbare Massaker schildern lassen. Das könne man nicht vergessen. "Es wird lange dauern, diese Wunden zu heilen", so Gallagher. Es werde lange dauern, Vergebung zu finden und an einem Versöhnungsprozess zu arbeiten.
Bewunderung für ukrainisches Volk
Der Erzbischof drückte seine Bewunderung dafür aus, wie das ukrainische Volk trotz allen Leids und aller Rückschläge durch den Krieg versuche, seine Städte und Dörfer wiederaufzubauen.
"Sie können die Entschlossenheit der Menschen sehen, ihr Land wiederaufzubauen und zu einem Erfolg zu machen wie zuvor und noch besser als vor Beginn dieses tragischen Krieges", so der 68-Jährige.
Gallagher besucht die Ukraine seit Mittwoch. Für Freitag stand auch eine Begegnung mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba in Kiew auf seinem Programm. Offizieller Anlass seiner Reise ist der 30. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Ukraine. Gallagher hatte den Ukraine-Besuch bereits für Anfang Mai geplant, musste ihn aber wegen einer Corona-Infektion verschieben.
Gespräch mit Kommunalpolitikern in Lwiw
Bei einem Gespräch mit Kommunalpolitikern im westukrainischen Lwiw (Lemberg) erklärte Gallagher am Donnerstag, der Vatikan setze sich für die territoriale Integrität der Ukraine ein.
Wenn man das Ausmaß des Leids des ukrainischen Volkes sehe, verstehe man, dass die Betroffenen "jede Unterstützung und Solidarität unsererseits" verdienten, so der Erzbischof. Seine Reise in die Ukraine solle einen Beitrag leisten, um "die Menschen zu beruhigen". Er selbst könne versichern, "dass die Äußerungen des Papstes über die Gräueltaten, über das Leid im Land, dessen er sich bewusst ist, sehr aufrichtig sind".
Gallagher ist nach dem Kurienkardinal Konrad Krajewski der zweite ranghohe Vatikanvertreter, der seit dem russischen Angriff Ende Februar nach Kiew reist. Krajewski, der das vatikanische Almosenamt leitet, brachte Mitte April einen vom Papst gespendeten Krankenwagen in die ukrainische Hauptstadt.
Vatikan bietet Verhandlungshilfe an
Bei seinem Besuch in Kiew hat Gallagher unterdessen die Hilfe des Heiligen Stuhls für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland angeboten. Man sei weiter bereit, einen "wahren Verhandlungsprozess" zu unterstützen, der "der einzige Weg zu einer gerechten und dauerhaften Lösung" sei, sagte er am Freitag nach einer Begegnung mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba bei einer Pressekonferenz.
Mit Kuleba habe er über die Lage in der Ukraine und über Möglichkeiten zur Wiederherstellung des Friedens gesprochen, so der Vatikandiplomat.