Verfassungsgericht weitet Adoptionsrecht für homosexuelle Paare aus

Sukzessive Gleichstellung

Das Bundesverfassungsgericht hat das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ausgeweitet. Das geltende Verbot für Homosexuelle, ein Adoptivkind ihres eingetragenen Lebenspartners ebenfalls zu adoptieren, sei verfassungswidrig.

 (DR)

   Die bisherige Nichtzulassung der sogenannten Sukzessivadoption verletze die betroffenen Kinder und Lebenspartner in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung. Der Gesetzgeber müsse bis 30. Juni 2014 eine verfassungsgemäße Regelung treffen. Bis zur Neuregelung sei die Sukzessivadoption jedoch "ab sofort" auch für eingetragene Lebenspartnerschaften möglich, verfügte das Bundesverfassungsgericht.

Nach bisheriger Rechtslage war zwar die Adoption des leiblichen Kindes des eingetragenen Lebenspartners möglich ("Stiefkindadoption"), nicht aber die Adoption eines vom eingetragenen Lebenspartner adoptierten Kindes ("Sukzessivadoption" oder "Zweitadoption"). Dagegen werden Ehepartnern beide Adoptionsmöglichkeiten eingeräumt. Die Karlsruher Richter entschieden über die Klagen eines lesbischen und eines schwulen Paares. Eine Klägerin stammt aus Münster. 

Lange Vorgeschichte

Seit 1. August 2001 können homosexuelle Paare laut "Lebenspartnerschaftsgesetz" ihrer Verbindung einen rechtlichen Rahmen geben. Ein Vorstoß unionsgeführter Länder gegen das «Lebenspartnerschaftsgesetz» scheiterte 2002 in Karlsruhe. Das Gericht erklärte mit fünf zu drei Stimmen das Gesetz für verfassungskonform: "Der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können". Auf dieser Begründung fußen alle weiteren Urteile. Der besondere grundrechtliche Schutz der Ehe hindere den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen.

Mit der Zweiten Novelle baute Rot-Grün die rechtliche Gleichstellung etwa im Unterhaltsrecht aus. Aber auch Union und FDP folgten dieser Linie etwa bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Gegner einer völligen Gleichstellung argumentieren mit der Abstandspflicht zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft. Das Bundesfinanzministerium beruft sich weiterhin auf diesen "Differenzierungsgrund" im Dienst- und Steuerrecht - auch gegen die Ländermehrheit, die eine Gleichstellung im Haushaltsgesetz verankern wollte.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts stellte schließlich im August fest, dass Beamte, Richter und Soldaten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Besoldungs- und Versorgungsrecht mit Ehegatten gleichzustellen sind. Eine analoge Entscheidung ist noch dieses Jahr beim Ehegattensplitting möglich. In Karlsruhe geht es jetzt darum, dass bislang ein Lebenspartner nur das leibliche Kind des anderen adoptieren kann - etwa, wenn das Kind einer früheren heterosexuellen Beziehung entstammt oder nach einer Samenspende zur Welt kam.


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