Die katholische Kirche in Belarus sieht sich von den staatlichen Behörden verfolgt. "Es ist offensichtlich, dass versucht wird, Druck auf die katholische Kirche in Belarus auszuüben, was bedeutet, dass eine Verfolgung der Kirche geschieht, obwohl niemand offen darüber spricht", sagte der Minsker Weihbischof Juri Kasabutski dem Kirchenportal catholic.by (Mittwoch). Er verwies unter anderem darauf, dass dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz, die Wiedereinreise nach Belarus verweigert werde.
Verfolgung zu Sowjetzeiten
Auch zu sowjetischen Zeiten des Kampfes gegen den Glauben und die Kirche habe man nicht offen über Verfolgung geredet, obwohl sie "sehr hart" gewesen sei. "Die Situation ist jetzt ähnlich", so Kasabutski. Die Kirche müsse daher jetzt besonders solidarisch und vereint sein.
Der Bischof betonte, die Vertreter der katholischen Kirche hätten das Recht und die Pflicht, den Geschehnissen in der Gesellschaft gerade in der aktuellen Krise nicht gleichgültig gegenüberzustehen. "Es ist eine humanitäre Krise, die droht, zu einer Katastrophe zu werden, wenn nichts unternommen wird." Die Kirche habe jedoch keine politischen Erklärungen abgegeben und keinen Präsidentschaftskandidaten unterstützt. Der Minsker Erzbischof Kondrusiewicz habe nur zu Ehrlichkeit, verantwortlichem Handeln, einem Ende der Gewalt und Dialog aufgerufen.
Vorwürfe Lukaschenkos gegenüber Erzbischof
Belarussische Grenzschützer hatten Kondrusiewicz am Montag nach einem etwa einwöchigen Besuch in Polen die Wiedereinreise in seine Heimat verwehrt. Warum er bei der Fahrt mit dem Dienstwagen an der Grenze abgewiesen wurde, teilte man ihm nach eigenen Angaben bislang nicht mit. Staatspräsident Alexander Lukaschenko warf dem Erzbischof am Dienstag bei einem Pressegespräch vor, er sei nach Polen gereist, um dort Anweisungen zu erhalten. Die Sache werde von Belarus untersucht.
Offene Ausgrenzung
Kasabutski kritisierte auch, dass der Regierungsbevollmächtigte für Religionsangelegenheiten, Leonid Gulaka, die katholische Kirche nicht zu einer Sitzung des Interkonfessionellen Rates am Montag eingeladen habe. Dem Gremium gehören Vertreter der Kirchen, der Juden und Muslime an. Erst nach der Sitzung habe man von anderen Glaubensgemeinschaften davon erfahren. Die Behörden verlangten laut dem Weihbischof zudem von der Pfarrei Sankt Simon und Sankt Helena am Minsker Unabhängigkeitsplatz hohe Geldzahlungen für die Nutzung ihres Gotteshauses. Der Betrag sei "ungerecht und hässlich".
Der katholischen Kirche gehören etwa 10 bis 15 Prozent der 9,4 Millionen Belarussen an. Sie ist damit die zweitgrößte Konfession im Land. Die Mehrheit der Bürger sind orthodoxe Christen.