Verkostung verbindet Spirituelles mit Spirituosen

"Auch das ist eine Form von Kirche"

Genuss und Gemeinschaft stehen an erster Stelle, dazu kommen spirituelle Impulse neben den Spirituosen. Pastoralreferent Dominik Weiß bietet mit seinem evangelischen Kollegen Whisky- und Rum-Verkostungen an. Die Nachfrage ist groß.

Bei den Verkostungen kommen auch immer Fragen zu Gott und Glauben. / © barmalini (shutterstock)
Bei den Verkostungen kommen auch immer Fragen zu Gott und Glauben. / © barmalini ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die katholischen und evangelischen Kirchengemeinden in Baiersbronn bei Freudenstadt bieten einen Gin-, Rum-, und Whisky-Tasting an. Das findet in der Regel in einem Gemeindesaal oder im Sommer auf dem Hof vor der Kirche statt. Wo kommt denn diese Idee her? 

Dominik Weiß (Pastoralreferent und Pfarrbeauftragter der Katholische Kirchengemeinde St. Maria Königin der Apostel, Baiersbronn): Die Idee ist vor etwa zwei Jahren entstanden, als mit dem evangelischen Pfarrer Markus Fellmeth ein neuer Kollege hierher gekommen ist. Wir haben uns dann, als er hier angefangen hat, getroffen und haben gemerkt, dass wir beide die Leidenschaft für gute Spirituosen teilen. Bei mir geht es eher in Richtung Whisky, bei ihm eher in Richtung Rum. 

Ich überlege ständig, was man in unserer Kirchengemeinde Kreatives ausprobieren kann. Dann kam die Idee, diese beiden Interessen und Leidenschaften für Spiritualität und Spirituosen zu kombinieren und Abende unter der Überschrift "Spiritualität und Spirituosen" anzubieten. Das hat gleich sehr guten Anklang bei uns gefunden. 

Pastoralreferent Dominik Weiß (rechts) bietet zusammen mit Pfarrer Markus Fellmeth von der evangelischen Gemeinde Gin-, Rum- und Whisky-Tastings mit geistlichen Impulsen an. (privat)
Pastoralreferent Dominik Weiß (rechts) bietet zusammen mit Pfarrer Markus Fellmeth von der evangelischen Gemeinde Gin-, Rum- und Whisky-Tastings mit geistlichen Impulsen an. / ( privat )

DOMRADIO.DE: Die Veranstaltungen sind sehr beliebt. Was schätzen die Gäste daran? Wie ist die Atmosphäre? 

Weiß: Es ist eine sehr lockere, ungezwungene Atmosphäre. Wir achten immer darauf, dass wir die Veranstaltung nicht zu groß werden lassen, es also maximal 35 Personen sind, die zusammenkommen können. Die sitzen dann in Gruppen miteinander und können einfach einen gemütlichen Abend verbringen. 

Dominik Weiß

"Es gibt ein paar Gedanken, wie sich das, was man da trinkt, vielleicht mit Gedanken über Gott und das Leben verbindet. " 

Im Laufe des Abends werden dann mehrere Spirituosen probiert und verkostet. Die Idee ist, dass es am Anfang immer eine Einführung gibt, was eigentlich Whisky und was eigentlich Rum ist. Auch eine Einführung in den Gedanken, der dahinter steht, also was Spiritualität und Spirituosen vielleicht miteinander zu tun haben, gibt es. 

Zwischen dem Probieren der Spirituosen setzen wir immer ganz unaufdringlich einen spirituellen Impuls. Nicht um jemanden zu bekehren oder zu bepredigen. Vielmehr gibt es einfach ein paar Gedanken, wie sich das, was man da trinkt, vielleicht mit Gedanken über Gott und das Leben verbindet. 

DOMRADIO.DE: Und was haben Spiritualität und Spirituosen miteinander zu tun? 

Weiß: Bei näherem Hinschauen gar nicht so wenig. Zum einen ist es ein Ausdruck von einer gewissen Art von Schöpfungsspiritualität. Der Grundgedanke ist, dass Gott uns in der Schöpfung viele gute Dinge geschenkt hat. Und wenn die Gaben der Natur und die Kreativität des Menschen zusammenkommen, kann etwas Tolles daraus werden.

Das ist bei Spirituosen der Fall, dass Menschen aus dem, was die Natur uns schenkt, also Getreide oder Zuckerohr sowie das Wasser, daraus mit ihrer Kreativität etwas schaffen, das Genuss und Freude bereiten kann. Das als eine gute Gabe zu empfinden und anzunehmen ist die eine Spur. 

Dominik Weiß

"Der Grundgedanke ist, dass Gott uns in der Schöpfung viele gute Dinge geschenkt hat."

Eine andere Spur ist, dass das Verkosten von Spirituosen etwas ist, das eine große Achtsamkeit braucht, um wirklich ins Wahrnehmen zu kommen. Es ist auch eine Grundhaltung, die auch die Grundlage von jedem spirituellen Leben ist, zu schauen, was mir da entgegenkommt und was ich wahrnehme.

DOMRADIO.DE: Es gibt auch Kritik an diesen Veranstaltungen. Alkohol in der Kirche sei zumindest in dieser Form eher unpassend. Wie gehen Sie mit dieser Kritik um? 

Weiß: Das ist wahrscheinlich bei uns ein noch ein wenig größeres Thema als bei Ihnen im Rheinland. Da ist man schon länger entspannter. Wir sind hier im eher pietistisch geprägten Nordschwarzwald, wo es dann schon ein Thema ist. 

Mein Kollege und ich sind uns aber sehr bewusst, dass Alkohol, wenn man ihn missbraucht, eine große Gefahr darstellen kann. Wir thematisieren es auch bei unseren Abenden immer, dass wir für einen genussvollen und maßvollen Umgang mit Alkohol plädieren und dass wir uns der Gefahren bewusst sind, die dahinter stecken. 

Dominik Weiß

"Mein Kollege und ich sind uns aber sehr bewusst, dass Alkohol, wenn man ihn missbraucht, eine große Gefahr darstellen kann."

Aber die Tatsache, dass man Alkohol missbrauchen kann, schließt nicht aus, dass man Alkohol auch auf eine gute, genussvolle und sinnvolle Weise gebrauchen kann. Das thematisieren wir natürlich. Insofern gibt es da vereinzelte Kritik. Die meisten aber finden es eine tolle Sache, dass so etwas möglich ist. Die positive Resonanz überwiegt bei weitem. 

DOMRADIO.DE: Der Kontakt zu den Menschen gelingt Ihnen offenbar mit diesen Events. Bekommt man dieses Publikum denn damit auch wieder vermehrt in die Gottesdienste? Sehen Sie die Leute von der Verkostung dann auch um 10 Uhr am Sonntag in der Kirche? 

Weiß: Vermehrt nicht, aber das ist auch nicht das Ziel. Unser Ziel mit dem Format ist nicht, die Kirchen wieder voll zu kriegen. Das funktioniert nicht. Aber dem sind wir uns auch von Anfang an bewusst gewesen. Aber es funktioniert, dass wir als Seelsorger bei diesen Abenden mit anderen Leuten in Kontakt kommen, die eben nicht die Leute sind, die klassischerweise um 10 Uhr im Gottesdienst sind. Wir kommen mit diesen Menschen ins Gespräch, um denen etwas mitzugeben und sie mal zum Nachdenken zu bringen, um ihnen spirituelle Impulse zu geben. 

Wir merken, dass diese Veranstaltung mit den Anregungen sehr positiv aufgenommen wird. Die Leute mögen gerade das Format, dass eben nicht nur miteinander getrunken und genossen wird, sondern dass es zwischendurch diese Anregungen zum Nachdenken gibt, die Anregungen fürs eigene, spirituelle Leben.

Insofern ist es auch eine Form von Kirche, also nicht Mittel zum Zweck, um den 10-Uhr-Gottesdienst wieder voll zu kriegen, sondern neben dem 10-Uhr-Gottesdienst ein anderes Angebot für Menschen zu unterbreiten, die auf die Weise etwas zum Thema Spiritualität und Glauben aufnehmen. 

DOMRADIO.DE: Wann gibt es die nächsten Veranstaltungen? 

Weiß: Im Juni. Da gehen wir nochmal einen Schritt weiter in der Kreativität. Da wird es einen Abend mit Spiritualität und Zigarren geben. 

DOMRADIO.DE: Tatsächlich? 

Weiß: Das war die Idee von meinem Kollegen, denn er hat dafür auch ein gewisses Faible. Mein Ding ist das nicht so, aber wir wollen es mal ausprobieren. Also, wir verkosten verschiedene Spirituosen zusammen mit Zigarren. Das wird es im Juni geben. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR