DOMRADIO.DE: Es ist momentan ein bisschen schwer zu feiern oder fröhlich zu sein. Sie haben dieser Tage auch einen besonderen Festtag.
Thomas Eschenbacher (Pfarrer in Hammelburg, Diözese Würzburg, Organisator der Whisky-Exerzitien): Vor 29 Jahren bin ich zum Priester geweiht worden. Aber das erlebt man ja immer wieder, dass die Freude – etwa durch Krankheiten – beeinträchtigt ist. Natürlich bleibt einem heute durch den Krieg in der Ukraine so manches im Hals stecken. Aber man muss lernen damit umzugehen und man darf trotzdem noch Freude haben. Depression hilft ja auch nicht.
Man muss versuchen sich gegenseitig aufzubauen. Auch die Menschen in der Ukraine müssen irgendetwas haben, an dem sie sich festhalten können. Und es nützt ihnen nichts, wenn wir ihre Tränen mitweinen. Wir haben eher die Aufgabe, sie aufzubauen, sie aufzurichten, ihnen Mut zu machen und wo wir können, auch zu helfen.
DOMRADIO.DE: Kommen wir auf die Whisky-Exerzitien zu sprechen. Sind Sie ein Whisky-Gourmet? Wahrscheinlich oute ich mich jetzt als Laie mit dieser Frage: Lieben Sie eher Scotch oder Bourbon?
Eschenbacher: Sie sind Laie, ja. Ganz klar, wir reden erst mal vom schottischen oder vom irischen Whisky. Das ist der Klassiker. Doch Whisky ist schon lange nicht mehr nur auf Schottland oder Irland begrenzt. Es gibt in vielen Ländern ganz tolle und bekannte Whiskys, sogar in Indien und in Japan. Man kann schon sagen, dass ich ein Gourmet bin. Ich bin kein Spitzen-Fachmann, aber ich bin jemand, der den Whisky sehr genießen kann und sehr gern trinkt.
DOMRADIO.DE: Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen Exerzitien mit Whisky abzuhalten? Was verbindet den Whisky mit Glaubensfragen?
Eschenbacher: Ich bin darauf gekommen, weil ich immer wieder mit verschiedenen Leuten zusammen Whisky trinke und merke, dass man dabei enorm ins Gespräch kommt. Es ist ja Wahnsinn, was man dazu alles erzählen kann. Man schluckt ihn nicht so weg wie einen Schnaps – man nimmt sich Zeit, man riecht, man genießt und dadurch kommt man mit den Leuten unheimlich gut ins Gespräch.
Und dann habe ich vor allem in mehreren Männerrunden ein paar Mal erlebt, dass zwar der Whisky irgendwie im Mittelpunkt steht, aber ganz viele Themen damit ins Boot kommen. Da ist dann der Gedanke gewachsen, den Whisky als Impuls zu nehmen, um miteinander intensiver ins Gespräch zu kommen. Auch zu Glaubensfragen.
DOMRADIO.DE: Wie kann der Whisky ein Impuls sein?
Eschenbacher: Es gibt verschiedene Varianten. Wir haben zum Beispiel einmal Whisky-Exerzitien zu Tiefen und Höhen gemacht, zu Lowlands und Highlands. Wir hatten aus verschiedenen Orten Whiskys und haben dazu biblische Texte ausgewählt. Wir versuchen immer, anhand biblischer Texte 1-2 Impulsfragen mitzugeben. Die Männer sitzen in kleinen Tischgruppen zusammen und kommen ins Gespräch. Und im Nachgang habe ich dann gemerkt, dass Teilnehmer noch lange danach von diesen Gesprächen erzählt haben.
Da kommen ja Männer zusammen, die sich teilweise überhaupt nicht kennen, aber es gelingt. Sonst habe ich das nirgendwo erlebt, dass Männer so in intensive Gespräche einsteigen. Sie tauschen sich über den Whisky aus und nehmen sehr wohl das Angebot war, über einen Impuls zu reden. Es gelingt, es funktioniert.
DOMRADIO.DE: Nach dem zweiten oder dritten Glas, ist es dann wahrscheinlich auch lockerer.
Eschenbacher: Nein, das ist ja das Kuriose. Das ist nicht wie bei einer Weinprobe, dass am Schluss Halligalli und Party ist, sondern das ist eine recht ruhige, gechillte Atmosphäre bis zum Schluss. Man trinkt ja über einen Zeitraum von drei Stunden und es gibt etwas zu essen dazu. Es ist eher so, dass dann viele noch bleiben und fachsimpeln – dann mehr über den Whisky als über das Inhaltliche, das kommt vorher.
Wir machen es jetzt das vierte Mal und wir haben mittlerweile schon eine Grundbasis von Leuten, die fragen: Wann ist das nächste Mal? Können wir uns gleich wieder anmelden?
DOMRADIO.DE: Welche Männergruppen sind das? Sind die eher kirchennah oder kirchenfern oder kann man das nicht so in Schubladen packen?
Eschenbacher: Kreuz und quer. Ich habe zum Beispiel jemanden, der ein großer Whisky-Freak, aber nicht so kirchlich angebunden ist – der kommt nicht, weil er genau weiß, dass er den Anspruch nicht braucht. Aber es gibt Leute, die auf dieser Ebene versuchen, mal wieder ranzukommen. Und ich merke: Man kommt super gut mit den Leuten ins Gespräch, auch im Nachgang. Ich hatte neulich jemanden zum Gespräch da, der ist zwar kirchlich engagiert, aber der hat ein halbes Jahr danach noch von den Gesprächen erzählt, die er damals gehabt hat. Das ist total beeindruckend.
Beim ersten Mal waren auch Leute aus der Pfarrei da, die einfach neugierig waren, wie man das miteinander verbinden kann und die dann völlig fasziniert sind, dass es nicht verkrampft oder so ist und es sich sehr harmonisch miteinander verbinden lässt.
Das Interview führte Jann-Jakob Loos.