Verteidiger fordert Freispruch im Vatikan-Finanzprozess

Kein Betrug?

Im Strafprozess um eine verlustreiche Immobilienanlage und unerlaubte Geldflüsse im Vatikan hat der Verteidiger eines der Hauptangeklagten auf Freispruch plädiert. Im Handeln seines Mandanten erkennt der Anwalt demnach keine Straftat.

Justitia-Figur / © Sebboy12 (shutterstock)

Selbst die Inquisitoren im Prozess gegen Galileo Galilei hätten mehr Anhaltspunkte für ihre Anklage gehabt als die vatikanische Staatsanwaltschaft in diesem Prozess, so die These des Anwalts Luigi Panella, der den Investmentberater Enrico Crasso vertritt.

Immobilieninvestition mit hohem Verlust

Panella forderte für seinen Mandanten einen glatten Freispruch. Die angebliche Straftat, ein von der vatikanischen Staatsanwaltschaft behaupteter Betrug zulasten des Vatikans, habe nicht stattgefunden; die von Crasso vermittelte Investition sei anfangs sogar gewinnbringend für den Vatikan gewesen.

Crasso war mehr als 20 Jahre lang als Finanzberater für das vatikanische Staatssekretariat tätig. Er war am Zustandekommen einer Immobilieninvestition in London beteiligt, die dem Vatikan einen Verlust in dreistelliger Millionenhöhe eingebracht haben soll.

Strafgerichtsprozess dauert seit Juli 2021 an

Medienberichte darüber sowie über gravierende finanzielle Unregelmäßigkeiten im vatikanischen Staatssekretariat hatten zu einem Strafgerichtsprozess geführt, der seit Juli 2021 andauert. Dabei steht unter anderem die frühere Nummer drei im Vatikan, Kardinal Angelo Becciu, vor Gericht. Der Prozess hat bislang 77 Verhandlungstage in Anspruch genommen, ein Ende wird in den kommenden Wochen erwartet. Papst Franziskus hat dem Staatssekretariat unterdessen die Zuständigkeit für künftige Geldanlagen entzogen.

Finanzen im Vatikan

Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation sowie als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen.

Dazu zählen im Vatikan die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Briefmarken.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA