Laien im Erzbistum Köln kritisieren Missbrauchsaufarbeitung

Vertrauen verloren gegangen

Die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln kritisiert der oberste Laien-Vertreter. "Mich enttäuscht, dass es nur um die juristische Ebene geht", sagte der Vorsitzende des Diözesanrates, Tim Kurzbach, in einem Interview.

Tim Kurzbach / © N.N. (dpa)
Tim Kurzbach / © N.N. ( dpa )

"Ich vermisse ein Zeichen der Geistlichen aus der ersten Reihe", so der Solinger Oberbürgermeister am Dienstag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sie könnten doch jetzt einmal offen sagen, wo sie schuldig geworden seien im Umgang mit Missbrauchstätern, und nicht darauf warten, bis ein Gutachter ihre Fehler feststelle.

Viel Vertrauen verloren gegangen

Der Diözesanrat fühlt sich nach den Worten seines Vorsitzenden nicht ausreichend in die Entscheidungen von Erzbischof Rainer Maria Woelki über die Missbrauchsaufarbeitung einbezogen. Das Gremium werde nicht um Rat gefragt, sondern erst im Nachhinein informiert. Zwar könne er nur schwer bewerten, ob das von Kardinal Woelki nicht zur Veröffentlichung freigegebene Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) methodische Mängel habe, sagte Kurzbach. "Durch den Vorgang ist aber auf jeden Fall viel Vertrauen verloren gegangen." Offen sei, wo der große Unterschied zum zweiten Gutachten sei, das im März vorliegen soll.

Kurzbach kritisierte auch die Zahlungen der deutschen Bistümer an die Missbrauchsopfer. Die Erhöhung der Regelsumme von 5.000 auf 50.000 Euro reiche nicht aus, denn Betroffene litten ein Leben lang. "Es gibt keinen ehrbareren Anlass für die Kirche, sich an dieser Stelle arm zu machen", so Kurzbach.

Gegen Pläne zu Großpfarreien

Ablehnend äußerte er sich zu den Plänen Woelkis, 50 bis 60 Großpfarreien zu bilden. Diese Struktur richte sich nach der erwarteten Zahl an Priestern aus. "Hier sehe ich eine ungute Fixierung auf das Weiheamt und eine Klerikalisierung", so der Vorsitzende. Die Kirche müsse "im Dorf bleiben und vor Ort erlebbar sein" und die Pfarreileitung wesentlich auch auf den Schultern von Laien liegen.

Der Dialogprozess über die künftige strukturelle Ausrichtung der Erzdiözese ist nach Ansicht Kurzbachs nicht gut gelaufen. Zwar habe es breite Beratungsformate gegeben. "Aber es geht doch nicht, dass sich die Bistumsspitze die dort geäußerten Gedanken anhört und dann selbst die Entscheidungen fällt. Das passt nicht in unsere demokratisch geprägte Kultur."

"Ein klassisches Beispiel für Führungsversagen" nannte Kurzbach den Umgang der Bistumsleitung mit der Katholischen Hochschulgemeinde Köln (KHG). "Menschen, die sich kritisch mit der katholischen Sexualmoral auseinandersetzen, kann man doch nicht einfach die Homepage abstellen oder mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen - zumal es sich um Themen handelt, die in der allgemeinen kirchlichen Reformdebatte eine große Rolle spielen", so der Laien-Vertreter.


Quelle:
KNA
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