Vertreter von Kirche und Politik loben Waffenstillstand im Libanon

"Ein Hoffnungsfunke in dieser Zeit"

Die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah ruhen. Ob daraus ein umfassender Friede im Nahen Osten werden kann, ist die große Frage. Sollte der Waffenstillstand tragen, könnte dies auch christliche Pilger ermutigen, zurückzukehren.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Waffenruhe in Beirut, Libanon / © Marwan Naamani (dpa)
Waffenruhe in Beirut, Libanon / © Marwan Naamani ( dpa )

Deutsche christliche Vertreter im Heiligen Land haben mit Erleichterung auf das am Mittwochmorgen in Kraft getretene Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und dem Libanon reagiert. "Es ist ein Hoffnungsfunke in dieser Zeit des Ozeans von Leid", sagte der Abt der deutschsprachigen Benediktiner im Heiligen Land, Nikodemus Schnabel, auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Nikodemus Schnabel, Abt der Benediktinerabtei Dormitio / © Andrea Krogmann (KNA)
Nikodemus Schnabel, Abt der Benediktinerabtei Dormitio / © Andrea Krogmann ( KNA )

Das Abkommen sei ein erster Schritt zu einem Ende des Tötens und "einer Zukunft, die von Versöhnung, Frieden und Dialog geprägt ist".

Damit verbunden sei auch die Hoffnung auf eine Rückkehr der Pilger, die sehnsüchtig und "mit offenen Armen und Herzen" erwartet würden.

Hoffen auf Einheimische

Als Hoffnungszeichen wertete auch der Leiter des Gästehauses des "Deutschen Vereins vom Heiligen Lande" (DVHL) in Tabgha den Waffenstillstand. Wenn er halte, könne das Haus am See Genezareth "zumindest wieder einheimische Gäste empfangen", selbst wenn deren Zahl erfahrungsgemäß in den Wintermonaten niedrig sei.

Seit Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 blieben ausländische Besucher im Heiligen Land weitestgehend aus. Im Jahr 2024 besuchten nach Angaben aus dem Tourismusministerium etwa 900.000 Touristen das Land, dessen Besucherrekord aus dem Jahr 2019 bei 4,5 Millionen liegt. Von den Auswirkungen des Einbruchs sind auch zahlreiche christliche Gästehäuser sowie einheimische Christen in der Tourismusbranche betroffen.

Biden will Abkommen in Gaza

Der Waffenstillstand zwischen Israel und Libanon hat auch international Erleichterung ausgelöst, aber ebenso Rufe nach einer weiteren Entspannung im Nahen Osten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte die Kriegsparteien auf, das Abkommen unverzüglich und uneingeschränkt umzusetzen. Es könne der Gewalt, der Zerstörung und dem Leid zwischen beiden Ländern ein Ende setzen, so Guterres laut einem Sprecher am Dienstagabend.

Joe Biden / © Susan Walsh (dpa)
Joe Biden / © Susan Walsh ( dpa )

US-Präsident Joe Biden kündigte derweil eine diplomatische Offensive für ein weiteres Abkommen auch für den Gazastreifen an. Die USA würden dafür in den nächsten Tagen gemeinsam mit der Türkei, Ägypten, Katar, Israel einen Vorstoß unternehmen, so Biden am Mittwoch auf "X". Ziel sei es, "einen Waffenstillstand in Gaza zu erreichen, bei dem die Geiseln freigelassen werden und der Krieg beendet wird, ohne dass die Hamas an der Macht ist".

Das von den USA verhandelte Abkommen zwischen Israel und dem Libanon trat am Mittwochmorgen in Kraft. Es sieht laut Medienberichten eine 60-tägige Übergangszeit vor, in der die israelische Armee sich aus dem Südlibanon zurückziehen und die libanesische Armee rund 5.000 Soldaten südlich des Litani-Flusses stationieren wird. Hauptgegner Israels im Libanon ist die schiitische Hisbollah-Miliz, deren politischer Flügel der libanesischen Regierung angehört.

Netanjahu beharrt auf Kriegszielen

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte unterdessen am Dienstagabend in einer Videoansprache betont, der Mehrfrontenkrieg werde erst beendet, wenn alle Kriegsziele erreicht seien: die Auslöschung der Hamas im Gazastreifen und die Rückkehr der Geiseln sowie der evakuierten Bewohner nach Nordisrael. Derzeit befinden sich noch 101 von der Hamas entführte Geiseln im Gazastreifen.

Der libanesische Übergangsminister für Bildung, Abbas Halabi, kündigte laut der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA eine Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts parallel zum Fernunterricht bis Ende 2024 an. Schulen, die als Notunterkünfte für Geflüchtete aus dem Südlibanon dienten, sollen ab Montag den Betrieb wieder aufnehmen. Ferner soll der Reparaturbedarf an Einrichtungen geprüft werden.

Das Freiwilligenteam der Caritas Libanon verteilt Lebensmittel an Menschen, die in der Gegend des Märtyrerplatzes leben und aufgrund der Bombenangriffe in der Stadt obdachlos geworden sind, am 4. Oktober 2024 in Beirut (Libanon). / © Francesca Volpi (KNA)
Das Freiwilligenteam der Caritas Libanon verteilt Lebensmittel an Menschen, die in der Gegend des Märtyrerplatzes leben und aufgrund der Bombenangriffe in der Stadt obdachlos geworden sind, am 4. Oktober 2024 in Beirut (Libanon). / © Francesca Volpi ( KNA )

Das katholische Hilfswerk missio begrüßte die Waffenruhe im Libanon. "Priorität muss jetzt die psychosoziale Betreuung der traumatisierten Menschen haben. Dafür stellt das Hilfswerk 50.000 Euro zur Verfügung und erhöht damit seine Hilfe auf rund 240.000 Euro", teilte missio Aachen mit. Das Hilfswerk appellierte an die internationalen Geber, hier noch mehr zu tun.

Appell an alle Kriegsparteien

Auch die Hilfsorganisation CARE zeigte sich über den Waffenstillstand erleichtert. Nun seien alle Konfliktparteien aufgerufen, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren und die Bemühungen fortzusetzen, um einen dauerhaften Waffenstillstand und eine friedliche Lösung des Konflikts zu erreichen, hieß es in einer Stellungnahme. CARE forderte insbesondere einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen.

Dort hat sich die humanitäre Lage nach Aussage des UN-Hilfswerks für die Palästinenser (UNRWA) weiter verschlechtert. Der Hunger habe ein kritisches Niveau erreicht, schrieb die Organisation am Mittwoch in einem Beitrag auf der Plattform "X". Eine weitere, rapide Verschlechterung sei mit dem nahenden Winter zu befürchten. "Ohne sofortige humanitäre Hilfe ist ein Überleben unmöglich", so UNRWA.

Der Libanon

Der Libanon ist geprägt durch das Nebeneinander zahlreicher Religionen. Mit etwa 30 Prozent hat die parlamentarische Demokratie den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Die Muslime - Sunniten und Schiiten - machen inzwischen wohl mehr als 60 Prozent aus. Offiziell anerkannt sind 18 Religionsgemeinschaften, darunter die Minderheiten der Drusen und Alaviten.

Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva (shutterstock)
Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva ( shutterstock )

 

Quelle:
KNA