Vertriebenen-Chefin Steinbach kämpft für ihren Verband und für sich

Nicht noch einmal Opfer werden

Ungeachtet der Proteste der vergangenen Tage hat Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach zwei Funktionäre ihres Verbandes vor Kritikern in Schutz genommen. Auf der zentralen Festveranstaltung zum diesjährigen Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen stellte sich zudem der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hinter die Vertriebenenpräsidentin

Autor/in:
Viktoria Schiller
 (DR)

Am Samstag in Berlin nannte es Steinbach "eine Ungeheuerlichkeit", "den BdV in eine Reihe mit Geschichtsfälschern" zu stellen und ihm den Willen zur Versöhnung abzusprechen. Sie sprach vor etwa 1.600 Gästen von "einem platten Versuch", den BdV-Funktionären Arnold Tölg und Hartmut Saenger sowie dem BdV insgesamt ein revisionistisches Geschichtsbild zu unterstellen.



Tölg hatte im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter anderem davon gesprochen, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht habe. Steinbach kommentierte den Satz mit "Ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat" und erntete anschließend im In- und Ausland einen Proteststurm. Der Zentralrat der Juden zog sich aufgrund der Äußerungen vorläufig aus dem Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zurück. Die CDU-Politiker Tölg und Saenger sind für den Stiftungsrat nominiert.



Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CDU) stellte sich in seiner Festansprache auf dem Tag der Heimat wiederum hinter die Vertriebenenpräsidentin. Er betonte gleichwohl die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Der CSU-Politiker nannte die Vertriebenen "echte Volksdiplomaten" und würdigte die Arbeit der BdV-Chefin. Mit Verweis auf die Debatte um Steinbach fügte Seehofer hinzu: "Wir lassen diese große Arbeit nicht entwerten." Zudem bekannte er: "Solange ich Ministerpräsident bin, werden wir in Bayern an der Seite der Heimatvertriebenen stehen."



Kritik von SPD, FDP und Grünen an Steinbach

Die Kritik an Steinbach reißt unterdessen nicht ab. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, warf ihr Geschichtsfälschung vor. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte am Rande eines Außenministertreffens in Brüssel: "Es kann keinerlei Relativierungen der deutschen Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geben. Wenn solche Diskussionen geführt werden, dann muss man sich in aller Klarheit davon distanzieren." Es dürfe nicht zugelassen werden, dass im Ausland Schaden für Deutschland entstehe.



Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, warnte davor, die Polen mit "Geschichtsklitterung" zu verunsichern. Die Bundesregierung müsse sicherstellen, dass die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" nicht in eine revisionistische Ecke treibe. Kramer sagte, der Zentralrat habe richtig entschieden, die Mitgliedschaft in der Vertriebenenstiftung ruhen zu lassen und einen Austritt nicht auszuschließen.



Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck nannte Steinbach "ewig gestrig". Indem sie sich hinter die BdV-Funktionäre Tölg und Saenger stelle, verlasse sie den demokratischen Konsens, hieß es. Unions-Fraktionschef Volker Kauder forderte er auf, die CDU-Abgeordnete aus der Fraktion auszuschließen.