Auch religionspolitische Debatten stehen an. Ein domradio.de-Interview mit dem Grünen-Politiker Volker Beck.
domradio.de: Die Kirchen stecken ein bißchen in der Krise, die Grünen auch. Haben wir vielleicht eine traurige Gemeinsamkeit?
Volker Beck (religionspolitischer Sprecher von Bündnis90/Die Grünen): Ich hoffe nicht. Ich glaube, die Grünen müssen jetzt an ihrem Profil arbeiten. Sie haben in den letzten Jahren nicht immer deutlich gemacht, wofür sie stehen und einstehen. Der Parteitag ist eine Chance, das klarer zu machen. Aber das müssen wir dann auch über den Wahlkampf hinaustragen.
domradio.de: Welche Rolle spielt denn die Beziehung zwischen Kirche, Religion und den Grünen auf dem Parteitag?
Beck: Es gibt da schon eine lebhafte Diskussion um die Statusrechte der Kirchen und um die Frage: Wie gehen wir mit dem Islam und mit den islamischen Verbänden um? Es gibt eine ganze Anzahl von Anträgen zu religionspolitischen Fragen, die die Delegierten und die Kreisverbände im Vorfeld des Parteitags beschäftigt haben.
Im Kern geht es unter anderem darum, wie wir den Islam integrieren. Dabei stellt sich natürlich die Frage: Wer sind denn die islamischen Religionsgemeinschaften? Bei den Kirchen sind die Ansprechpartner immer relativ klar. Auf islamischer Seite haben wir eine etwas unübersichtlichere Lage, weil wir Verbände haben, die eigentlich keine richtigen Religionsgemeinschaften sind, sondern politisierte Formen von Religion.
Die Ditib etwa ist einfach eine Tochterorganisation des türkischen Staates. Andere Organisationen sind geprägt von Parteien aus der Türkei oder den anderen Herkunftsländern. Hier brauchen wir eine grundsätzliche Reform und das muss die Politik eigentlich auch den Muslimen und ihren Organisationen klar sagen - tut sie aber nicht. Deshalb haben wir seit Jahren hier einen seltsamen Konflikt, wo eigentlich die Dinge nicht richtig ausgesprochen sind.
domradio.de: Spielt die katholische Kirche auch eine Rolle auf dem Parteitag?
Beck: Die katholische Kirche spielt immer wieder eine Rolle beim Thema Arbeitsrecht. Wir als Grüne treten ja dafür ein, dass man sich im kirchlichen Arbeitsrecht von den persönlichen Loyalitätspflichten verabschiedet, also dass man nicht mehr einer Kindergärtnerin oder einem Krankenhausdirektor kündigen kann, weil er oder sie wiederverheiratet geschieden ist oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. Wir halten es für unverhältnismäßig, dass man außerhalb des geistlichen Personals einer Religionsgemeinschaft - also bei Priestern - eine Vorschrift machen kann, wie man im Privatleben zu leben hat. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind Grundrechtsträger. Da haben die Kirchen ein Privileg, das sie meines Erachtens gar nicht so recht glücklich macht, weil es viel Hass und Ablehnung gegenüber den Kirchen produziert, dass wir diese Rechtssituation haben. Und wir wollen sie überwinden.
Das Interview führte Silvia Ochlast.