Große Reden haben manchmal eine kuriose Grundlage. "Ish bin ein Bearleener." So hatte US-Präsident John F. Kennedy seinen berühmten Ausspruch in angelsächselnder Lautschrift auf eine Redekarte notiert. Als er den Satz dann am 26. Juni 1963 vor dem Rathaus in Berlin-Schöneberg rund 400.000 Menschen zurief, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr. Bis heute ist Kennedy neben Abraham Lincoln und George Washington einer der berühmtesten US-Präsidenten. Seine charismatische Ausstrahlung, seine Leichtigkeit und sein Humor weckten in vielen Menschen die Hoffnung auf eine bessere Welt.
Umso größer war der Schock, als "JFK" am 22. November 1963 ermordet wurde, nach nur 1.036 Tagen im Amt. Der 35. Präsident der Vereinigten Staaten wurde alsbald zum Mythos, hinter dem der zeitlebens an Rückenschmerzen leidende und längst nicht in allen Dingen vorbildliche Mensch zusehends verschwand. Als John Fitzgerald Kennedy vor 100 Jahren - am 29. Mai 1917 - in Brookline im US-Bundesstaat Massachusetts geboren wurde, war ihm jedenfalls nicht in die Wiege gelegt, dass er zu einer historischen Gestalt werden würde.
In den Wirren des Zweiten Weltkriegs
Eigentlich sollte sein älterer Bruder Joe eine glänzende politische Karriere einschlagen - so hatte es der ehrgeizige Vater Joseph P. Kennedy geplant. Doch der Zweite Weltkrieg durchkreuzte die Pläne des Patriarchen, der es selbst bis zum US-Botschafter in Großbritannien gebracht hatte. 1944 kam Joe Kennedy Jr. in einem mit Sprengstoff beladenen US-Militärflugzeug bei einer Explosion über dem Ärmelkanal ums Leben. Danach setzte der Vater all seine Hoffnungen auf John, der in der Familie "Jack" genannt wurde. Der aber galt noch in seinen Studentenjahren eher als blendend aussehender "Glamour Boy".
Doch auch John F. Kennedy wurde zum Kriegshelden. Er war Kommandant des Schnellbootes PT-109 im Pazifik, als es am 2. August 1943 nachts bei den Salomonen von einem japanischen Zerstörer gerammt wurde und sank. Zwei Crewmitglieder starben, die übrigen elf retteten sich auf ein Wrackteil. Kennedy wies seine Männer an, fünf Kilometer zur nächstgelegenen Insel zu schwimmen. Kennedy selbst zog einen verwundeten Kameraden schwimmend vier Stunden bis zur Insel, indem er das Band von dessen Schwimmweste zwischen die Zähne nahm, so Biografen.
Der jüngste Präsident
Nach dem Krieg arbeitete Kennedy zunächst als Journalist. 1945 berichtete er als Korrespondent für die Chicagoer Zeitung "Herald-American" von der Gründungskonferenz der Vereinten Nationen in San Francisco. Anschließend bereiste er Europa und schrieb über die Potsdamer Konferenz, auf der Churchill, Stalin und Truman die Nachkriegsordnung in Europa regelten. Sein Reporter-Tagebuch über die Europa-Reise im Jahr 1945 ist heute viel wert: Es wurde Ende April 2017 für rund 660.000 Euro versteigert. 1946 wurde Kennedy zum Abgeordneten im Repräsentantenhaus gewählt, 1952 zum US-Senator. 1953 heiratete er Jacqueline Bouvier.
1960 gewann der Demokrat knapp die Präsidentschaftswahl gegen den Republikaner Richard Nixon. Kennedy wurde damit nicht nur der jüngste gewählte Präsident der USA, er war auch der erste Katholik in diesem Amt. Doch Kennedy betonte schon vor der Wahl, er sei nicht der "katholische Präsidentschaftskandidat". Er sagte: "Ich bin der Kandidat der Demokratischen Partei, der zufälligerweise auch Katholik ist." Zudem machte er deutlich: Bei politischen Fragen "spreche ich nicht für meine Kirche, und meine Kirche spricht nicht für mich".
Beginn mit Fiasko
Kennedys Präsidentschaft startete zwar mit einem Fiasko, als im April 1961 der Versuch einer Invasion Kubas in der "Schweinebucht" scheiterte. Doch Kennedy steckte den Tiefschlag weg. Einen Monat später - am 25. Mai 1961 - verkündete er das verwegene Ziel, noch vor 1970 einen Menschen auf den Mond zu bringen. First Lady Jacqueline Kennedy gestaltete zudem das Weiße Haus zum modernen "Camelot" um - in Anspielung an die Burg des sagenumwobenen König Artus. Und "Jackie" hielt zu "Jack", trotz all seiner Affären mit anderen Frauen.
Seine größte Bewährungsprobe erlebte John F. Kennedy in der Kubakrise im Oktober 1962, als der Konflikt um die Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba fast zu einem Atomkrieg führte. Im September 1963, zwei Monate vor seinem gewaltsamen Tod, sagte Kennedy vor der UN-Vollversammlung einen Satz, der seinen Idealismus, aber auch seinen Realismus zeigte: "Wir haben die Macht, diese Generation zur besten in der Menschheitsgeschichte zu machen - oder zur letzten."