Vor 1.350 Jahren starb ein früher Europäer und Multihelfer

Der heilige Fiaker, Patron mit Sitzfleisch und Grünem Daumen

Die katholischen Heiligenlegenden sind besonders bunte Blumen auf Gottes großer Wiese. Hier kommt einer, der für viele Leiden und Berufe zuständig ist - und das Transportwesen in Europa weit nach vorne gebracht hat.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Wandmalerei in der Fiacrus geweihen Kirche in Sillegny im Département Moselle in Frankreich / © Joachim Schäfer - Ökumenisches Heiligenlexikon (HL)
Wandmalerei in der Fiacrus geweihen Kirche in Sillegny im Département Moselle in Frankreich / © Joachim Schäfer - Ökumenisches Heiligenlexikon ( HL )

Er ist ein echter Europäer. Ein irischer Immigrant in Frankreich, verehrt in Paris und wirkmächtig bis Österreich und über den ganzen Kontinent: der heilige Fiacrius. Seine Eltern, obschon wohl aus obersten Adelskreisen der Gesellschaft, hätten sich bei seiner Geburt im Jahr 610 nicht träumen lassen, für wen ihr Sohn einmal als Schutzpatron fungieren würde: für Gärtner und Gebärwillige, für Ziegelbrenner und Kutscher, Taxifahrer und Hämorrhoidenkranke. Um 670, vor 1.350 Jahren, ist er gestorben.

Seine Vita ist verwoben mit den wunderbarsten Legenden: Als Mönch nach Frankreich übergesiedelt, wohl unter frommen anderen, soll ihm Bischof Faro von Meaux Mitte des siebten Jahrhunderts ein Stück Wald bei Breuil als Grund für eine Einsiedelei zugewiesen haben. Zur Abmessung habe Fiacrius seinen Wanderstab leicht über den kargen Boden gezogen - und überall seien wunderbare Blumen und Blühpflanzen aus der Erde geschossen. Soweit also zu den Gärtnern und Blumenhändlern - die übrigens in Paris bis ins 19. Jahrhundert am 30. August, seinem Namenstag, ein großes Fest gefeiert haben sollen.

Wunderbringer Fiacrius

Nun begab sich aber, so die Legende, dass eine Frau dem Einsiedler die Wundertaten mit seinem Stab neidete und ihn beim Bischof der Zauberei zieh. Von dort zurückgekehrt, beschimpfte sie den armen Fiacrius so lange, bis der sich betrübt auf einen Stein niederließ. Dieser aber wurde unter ihm zu einem bequemen Sitz, der später im Kloster des Heiligen in Breuil aufbewahrt und mit Erfolg von Sitzleidenden konsultiert wurde. Soweit zu den Hämorrhoiden.

Auch nach seinem Tod bewirkte Fiacrius unter den Armen und Kranken Wunder; viele Heilungen werden seiner Vermittlung zugeschrieben. Seine Reliquien wurden in der Zeit der Religionskriege in die Kathedrale von Meaux verlegt; zwei kleine Teile erhielten auch die Großherzöge von Florenz, die sie in die Kapelle eines ihrer Landhäuser gebracht haben sollen.

Sonnenkönig Ludwig XIV. und Fiacrius

Selbst die französische Königin Anna von Österreich (1601-1666) pilgerte 1641 zu Fuß in die Pariser Kapelle Saint Fiacre. Sie löste dort ein Gelübde gegenüber dem Heiligen ein, das sie einst für die Genesung ihres Mannes Ludwig XIII. abgelegt hatte. Und damit nicht genug: Dem Fiacrius schrieb sie auch zu, nach einem Gebet in der Kapelle nach 23 Jahren kinderloser Ehe und einem gefährlichen Blutfluss geheilt worden zu sein, um kurz darauf, im September 1638, einen Sohn zu gebären. 

Wäre dem so, verdankte die Welt der Vermittlung des heiligen Fiaker nicht zuletzt die Geburt des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. - und auch den weiteren turbulenten Verlauf der französischen Geschichte. Soweit zu den medizinischen und politischen Qualitäten.

Namensgeber für Mietkutschen

Und das Transportwesen? Um 1650, so wollen es die Chroniken, bot ein findiger Geschäftsmann, Nicolas Souvage, den Pariser Bürgern die ersten Mietkutschen an, um dem Staub und Dreck der Straße zu entfliehen. Und wo hatte er seinen Stand? In der Rue du Saint Fiacre, vor der Kapelle oder einer Statue des Heiligen; manche sagen auch: vor einem Wirtshaus dieses Namens. Die Idee und die Bezeichnung "Fiaker" für die zweispännigen Mietkutschen setzte sich bald auch in anderen Ländern durch. 

Und die Wiener halten diese Tradition hoch: Seit 1984 feiert zu seinem Gedenktag das Wiener Beförderungsgewerbe einen Gottesdienst im Stephansdom. Dutzende Waisenkinder werden mit dem Taxi zur Messe abgeholt, während die Gärtner der Stadt die Kirche festlich schmücken; an die Passanten werden Blumengestecke verteilt. Anschließend verleben die Waisenkinder einen Nachmittag im Prater und werden am Abend nach einer zünftigen Jause wieder nach Hause gebracht.

Nicht überall freilich ist der heilige Fiaker so wohlgelitten. Im niederländischen Breda scheiterte 2007 der Versuch, eine Straße als "Sint-Fiacrius-Hof" zu benennen. Zu groß waren die Bedenken der Bürger, der Volksmund könnte ihre Häuserzeile als "Viagrahof" verspotten. Nun, auch dieses Schutzpatronat hätte der brave Ire wahrscheinlich noch gern übernommen. Schließlich heißt er in seiner Heimat - Saint Fiachra.


Quelle:
KNA