Auf dem Kopf ein einfaches Hütchen, dessen Band am Kinn geknotet. Dazu ein schlichtes schwarzes, hochgeschlossenes Gewand. So wird Elizabeth Ann Seton (1774-1821) auf Bildern oder als Skulptur dargestellt - in den Händen haltend einen Rosenkranz oder ein Buch, aus dem die Ordensfrau eine Schar von Mädchen unterrichtet. Auf den ersten Blick eher unscheinbar - doch sie legte den Grundstein für die katholische Bildung in den Vereinigten Staaten.
Wer war diese Frau, die 1975 als erste US-Amerikanerin heiliggesprochen wurde? Dass es eine Anglikanerin einmal zu dieser
Berühmtheit in der katholischen Kirche bringen würde, war ihr nicht in die Wiege gelegt. Seton stammte jedoch aus gutem Haus. Vor 250 Jahren erblickte Elizabeth am 28. August 1774 in New York City als zweite Tochter des angesehenen Arztes Richard Bayley das Licht der Welt. Gerade einmal drei Jahre alt war sie, als die Mutter bei der Geburt des dritten Kindes starb. Zwei Jahre später sollte die Familie am Sarg der kleinen Schwester stehen.
Französische Philosophen und Bibel als Lektüre
Der Vater heiratete wieder, weiterer Nachwuchs stellte sich ein. Die Ehe erwies sich nicht als glücklich, genauso wenig das Verhältnis der beiden Schwestern zu ihrer Stiefmutter. Dennoch erhielt Elizabeth eine gute Ausbildung mit Französisch- und Musikunterricht. Wie der Vater begeisterte sie sich für Naturwissenschaften, las die Schriften der französischen Philosophen Jean Jacques Rousseau und Voltaire - und die Bibel. "Gott wurde für sie sichtbar in der Natur und in Büchern", schreibt Catherine O'Donnell in ihrer Seton-Biografie.
Mit ihrer lebendigen Art war die heranwachsende, gut aussehende Elizabeth ein umschwärmter Gast auf den Bällen der New Yorker Gesellschaft. Das Herz der 19-Jährigen eroberte der sechs Jahre ältere William Magee Seton. Die Familie des Geschäftsmanns verdiente ihr Geld mit Übersee-Handel. Eliza, wie ihr Mann sie nun nannte, war glücklich. Sie hatte ihr «eigenes Zuhause» gefunden und notierte: "Welt und Himmel zugleich, man möchte es nicht glauben."
Mann stirbt in Pisa
Fünf Kinder kamen zur Welt, dann aber legte sich ein Schatten über das Glück. Ihr Mann ging Bankrott, zudem erkrankte er schwer. Ein anderes Klima sollte Heilung bringen. Während die vier jüngeren Kinder in der Obhut der Verwandtschaft blieben, reiste das Paar im Herbst 1803 mit der ältesten Tochter Anna Maria zu Freunden ins italienische Livorno. Doch kurz nach Weihnachten starb William in Pisa. Die 29 Jahre alte Witwe blieb zunächst in der Toskana. Dort lernte sie den Katholizismus mit seinen auf sie mystisch wirkenden lateinischen Messen immer näher kennen.
Im Frühling 1804 kehrte Seton zurück nach New York. Dort saßen eher die Gegner des katholischen Glaubens, doch in ihr arbeitete es weiter. An Ostern 1805 konvertierte sie schließlich, was ihr viel Kritik einbrachte, und unterrichte fortan ihre Kinder. Um ihre Familie zu ernähren, versuchte sie es erst mit einer Schülerpension - ohne Erfolg. 1808 folgte die Witwe einer Einladung eines Geistlichen nach Baltimore, um dort eine Schule für Mädchen zu gründen. Während ihre Söhne bereits soweit waren, dass sie eine höhere Schule oder Lehre beginnen konnten, durften die Töchter bei ihr wohnen und wurden mit den anderen Klassenkameradinnen ausgebildet.
"Schwestern der Barmherzigkeit"
Vier weitere Damen stießen zu Elizabeth dazu und unterstützten sie in ihrer Arbeit. Gemeinsam legten die fünf Frauen im März 1809 die Gelübde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams ab. Der Orden mit Sitz in Emmitsburg erhielt den Namen "Schwestern der Barmherzigkeit", und Elizabeth wurde "Mutter Seton" genannt. In ihren Regeln folgt die Gemeinschaft den Leitgedanken des heiligen Vinzenz von Paul.
Schulen, Waisenhäuser, Spitäler und Kinderheime wurden von einer ständig wachsenden Zahl von Schwestern betreut. Die Gründerin der Ordensgemeinschaft schrieb Unterrichtsbücher, übersetzte religiöse Werke aus dem Französischen und verfasste geistliche Traktate. Zu ihrer seelsorglichen Aufgabe gehörte es, Arme und Kranke, darunter auch Schwarze, in der Nachbarschaft zu besuchen. Im Alter von 46 Jahren starb Seton am 4. Januar 1821 in Emmitsburg, wo sich bis heute ihr Grab befindet.
Schon 1852 bekannte der Erzbischof von Baltimore, Francis Patrick Kenrick: "Elizabeth Seton hat mehr für die Kirche in Amerika getan als wir alle Bischöfe zusammen." Ein Satz, über den seine heutigen Mitbrüder bei der Weltsynode nachdenken sollten, wenn sie über die Rolle der Frauen in der Kirche diskutieren.