Über Jahrzehnte hat er die katholische Kirche in Deutschland mitgeprägt: Kardinal Joseph Höffner. Vor 50 Jahren - am 23. Februar 1969 - wurde der Geistliche Erzbischof von Köln. 18 Jahre lang leitete er die rheinische Erzdiözese. Er stand aber nicht nur an der Spitze des mitgliederstärksten Bistums in der Bundesrepublik. Die deutschen Bischöfe wählten ihn 1976 zum Vorsitzenden ihrer Konferenz.
Volksnah und bescheiden
Höffner, der nicht weniger als vier Promotionen vorlegte, war durch und durch Akademiker. Dennoch zeigte er sich auch als volksnaher Seelsorger, was wohl auch an seiner Herkunft lag. Der Geistliche, an Heiligabend 1906 in Horhausen im Westerwald geboren, wuchs als Ältester unter acht Geschwistern in einer Bauernfamilie auf. Ein bescheidenes Leben. "Ich habe damals erfahren, wie viele Dinge es gibt, ohne die man sehr glücklich sein kann", so Höffner. Statt Zinnsoldaten waren "die Tiere, die Blumen, die Vögel, das Lebendige, die Quellen" seine Spielzeuge. Wegen seiner besonderen Begabung ging er aufs Gymnasium, erst in Montabaur dann in Trier. In der Mosel-Stadt trat er ins Priesterseminar ein und studierte in Rom Theologie und Philosophie. Dort empfing er auch am 30. Oktober 1932 die Priesterweihe.
Im aufkommenden Nationalsozialismus sammelte er erste Seelsorgeerfahrungen als Kaplan und Pastor in Saarbrücken und Kail an der Mosel, bevor er wissenschaftlich weiterarbeitete. Neben der Theologie galt Höffners Interesse der Sozialwissenschaft. Auf das Examen in diesem Fach folgt wenig später der Doktortitel. Von 1943 bis zum Kriegsende war er Stadtpfarrer in Trier, während er sich parallel in Moraltheologie habilitierte.
Die furchtbaren Kriegserfahrungen mit vielen Toten erschütterten den Glauben Höffners nicht. Im Gegenteil. "Ohne Gottes Vorsehung kann ich das nicht begreifen", betonte er und verglich das Weltgeschehen mit einem Teppich. "Ich sehe nur wirre Knoten und Fäden, aber Gott wird zu seiner Zeit den Teppich auf die andere Seite legen", so der Kardinal. "Dann erkenne ich die Schönheit der Figuren und der Farben."
Einer der "Väter der dynamischen Rente"
Nach dem Krieg lehrte er am Trierer Priesterseminar und ab 1951 Christliche Sozialwissenschaften in Münster. Mit drei anderen Wissenschaftlern legte er 1955 auf Wunsch des Kanzlers Konrad Adenauer ein Memorandum über die Neuordnung der sozialen Leistungen vor und gilt damit als einer der "Väter der dynamischen Rente".
1962 berief Papst Johannes XXIII. Höffner zum Bischof von Münster. In diesem Amt nahm er am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) teil. 1969 wechselte er dann nach Köln. Zunächst war er Koadjutor für den fast blinden Kardinal Josef Frings, bevor er ihm wenige Wochen später als Erzbischof folgte.
Großes Anliegen Höffners war der Erhalt der sozialen Marktwirtschaft. Er warnte vor einem zügellosen Kapitalismus und zu hohen Schuldenbergen zu Lasten der nachfolgenden Generation. Eine "Kulturkrise" und ein "Durcheinanderwerfen der sittlichen Maßstäbe" machte er in der Entwicklung ab Ende der 1960er Jahre aus. Gerade auch als Bischofskonferenz-Vorsitzender kämpfte er gegen die Liberalisierung der Abtreibung. Nachdem sich die Grünen 1986 für eine Abschaffung des Paragrafen 218 ausgesprochen hatten, erklärte er sie zu einer für Christen nicht wählbaren Partei. Mit seiner Ablehnung der Kernenergie eckte er bei CDU und CSU an.
Die Politik stets im Blick
Am Herzen lag Höffner nicht zuletzt die deutsch-polnische Versöhnung. Mehrmals reiste er ins Nachbarland und lernte dabei den Krakauer Erzbischof Karol Wojtyla kennen, den späteren Papst Johannes Paul II. Auf seine Wahl 1978 soll Höffner großen Einfluss ausgeübt haben.
Im Mai 1987 sorgte eine Nachricht für Schlagzeilen: Der Erzbischof war an einem Gehirntumor erkrankt. Im September legte er sein Amt nieder. Einen Monat später, am 16. Oktober, starb der Kardinal. Eine besondere Ehrung wurde ihm posthum zuteil: 2003 erklärte die israelische Gedenkstätte Yad Vashem Höffner und dessen Schwester Helene zu "Gerechten unter den Völkern". Denn sie hatten im Krieg ein jüdisches Mädchen versteckt und vor der Verfolgung durch die Nazis geschützt.