Vor Islamgipfel: Lehmann dämpft Erwartungen - Zentralrat der Muslime beklagt mangelnde Integration

Gipfel unter schlechten Vorzeichen

Im Vorfeld des Berliner Islamgipfels hat Kardinal Karl Lehmann die Erwartungen gedämpft. "Politische Konflikte lassen sich nicht einfach durch den Dialog des Staates mit den Religionen beheben", sagte Lehmann in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur in Bonn. - Der Zentralrat der Muslime dagegen hat eine unzureichende Integration der Muslime beklagt.

 (DR)

Im Vorfeld des Berliner Islamgipfels hat Kardinal Karl Lehmann die Erwartungen gedämpft. "Politische Konflikte lassen sich nicht einfach durch den Dialog des Staates mit den Religionen beheben", sagte Lehmann in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur in Bonn. - Der Zentralrat der Muslime dagegen hat eine unzureichende Integration der Muslime beklagt. Es gebe viele Anzeichen dafür, dass man in Deutschland nicht dazugehöre, sagte der Vorsitzende des Verbandes. - Am Mittwoch kommen in Berlin Vertreter der Muslime in Deutschland und Politiker zur "Deutschen Islam Konferenz" zusammen.

Lehmann: Politik darf nicht in Bereich von Religion hineinregieren
Die Religionen sollten darauf achten, sich von Politikern nicht instrumentalisieren zu lassen, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Karl Lehmann. Umgekehrt müsse die Politik aufpassen, "dass sie nicht in den Bereich von Religion hineinregiert". Für Mittwoch hat die Bundesregierung zu dem Islamgipfel eingeladen.

Lehmann unterstrich, er begrüße "natürlich" den Gipfel mit muslimischen Repräsentanten. Bei konkreten politischen Problemen seien jedoch zunächst die Politiker gefordert. Als Beispiele nannte der Kardinal die Frage eines Palästinenserstaates und "Äußerungen, die immer wieder aus dem Iran kommen". Der Mainzer Bischof sprach sich dafür aus, aus dem Ausland stammende Muslime in der Bundesrepublik stärker zu integrieren. Bessere Deutschkenntnisse seien "unbedingt erforderlich".

Ebenso wichtig seien mehr Informationen über Lebensgewohnheiten im Alltag. Dazu trage die Kirche mit zahlreichen gelungenen Initiativen bei, betonte Lehmann. So würden etwa Erzieherinnen in katholischen Kindergärten, die von vielen Muslimen besucht würden, gezielt informiert: über die Lebenswelt des Islam, über das islamische Familienverständnis sowie über Speisegewohnheiten "bis hin zum Verbot des Essens von Schweinefleisch". Der Kardinal wörtlich: "Damit ist viel Zündstoff ausgeräumt worden."

Zentralrat der Muslime beklagt mangelnde Integration
Wenige Tage vor der "Deutschen Islam Konferenz" der Bundesregierung hat der Zentralrat der Muslime eine unzureichende Integration der Muslime beklagt. Es gebe viele Anzeichen dafür, "dass wir in Deutschland nicht dazugehören", sagte der Vorsitzende des Verbandes, Ayyub Axel Köhler, in einem Interview der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Zugleich bekräftigte er das Bekenntnis der Muslime zur Werteordnung in Deutschland.

"So weit sind die Muslime doch integriert, dass sie wissen, was sie an der deutschen Verfassung haben", sagte Köhler. Er begrüßte die Forderung von Bundespräsident Horst Köhler nach einem Islam-Unterricht in deutscher Sprache. "Seit über 20 Jahren kämpfen wir für einen islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in deutscher Sprache und mit deutscher Schulaufsicht. Bisher wurde uns dies verweigert", so der Zentralrats-Vorsitzende.

Islam Konferenz soll neue Basis für Integration und Dialog schaffen
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) mit Sitz in Köln ist einer der islamischen Dachverbände, die zu der von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) einberufenen "Deutschen Islam Konferenz" am Mittwoch in Berlin eingeladen wurden. Außerdem nehmen muslimische Einzelpersonen teil. An der ersten "Deutschen Islamkonferenz" in Berlin sollen je 15 Vertreter von staatlicher Seite sowie von in Deutschland lebenden Muslimen teilnehmen. Geplante Themen sind unter anderem das Verhältnis der Muslime zur Verfassung, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Gefahr des Fundamentalismus und die Ausbildung von Imamen an deutschen Universitäten.

Die Dachverbände repräsentieren Schätzungen zufolge nur 30 Prozent der 3,2 Millionen Muslime in Deutschland. Schäuble will mit der ersten "Deutschen Islam Konferenz" eine neue Basis für Integration und Dialog mit den Muslimen schaffen. Ein Hauptproblem ist bislang, dass dem Staat ein verbindlicher Ansprechpartner auf Seiten der Muslime fehlt.
(KNA,epd,dr)