Im Schmerzensgeldprozess einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln wird nicht wie geplant am Dienstag eine Entscheidung gefällt. Der Verkündungstermin sei aufgehoben worden, teilte das Landgericht Köln am Mittwoch mit. Stattdessen werde die mündliche Verhandlung wiedereröffnet. Die Klägerseite habe in der Zwischenzeit einen neuen Schriftsatz vorgelegt. Das beklagte Erzbistum habe nun Zeit für eine Stellungnahme.
Die 57-Jährige Betroffene war Pflegetochter des 2022 wegen mehrfachen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilten Priesters U. und wurde von ihm mehrfach vergewaltigt. Sie verlangt rund 850.000 Euro. In dem Verfahren geht es um die grundsätzliche Frage, ob die Amtshaftung des Erzbistums nicht nur den dienstlichen, sondern auch den privaten Bereich eines Priesters umfasst.
Der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern ließ erkennen, dass das Erzbistum nur dann als Dienstherr von Priester U. für dessen Taten zu belangen sei, wenn diese im Rahmen seines Dienstes ausgeführt wurden. Im konkreten Fall habe aber nicht das Erzbistum dem Priester die Obhut über die Klägerin und ein weiteres Pflegekind überlassen, sondern das zuständige Jugendamt.
Anwälte der Klägerin widersprechen
Die Anwälte der Frau argumentieren dagegen, dass der frühere Kölner Erzbischof Joseph Höffner das Pflege-Verhältnis genehmigt habe und ein Priester nach katholischem Selbstverständnis immer im Dienst sei. Klägeranwalt Eberhard Luetjohann fragte: "Wann ist der Vergewaltiger Priester und wann ist er nicht Priester?" Die Klägerseite hatte bis zum 27. August Zeit, zu den strittigen Punkten Stellung zu nehmen. Zudem wollte das Gericht dem Vorwurf nachgehen, das Erzbistum habe von Übernachtungen der damals 12-Jährigen im Priesterseminar in einem Zimmer mit dem Täter gewusst.
Im vergangenen Jahr hatte das Kölner Landgericht in einem anderen Schmerzensgeldprozess gegen das Erzbistum Köln ein wegweisendes Urteil gefällt: Einem früheren missbrauchten Messdiener sprach es 300.000 Euro zu. Das ist die bislang höchste Schmerzensgeldsumme, die ein deutsches Gericht einem Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche zuerkannt hat. Seitdem haben mehrere Missbrauchsbetroffene auf Schmerzensgeld geklagt - teils mit und teils ohne Erfolg.