Nach der Wiederholung der Präsidentenwahl rutscht Kenia immer tiefer in ein politisches Chaos. Bei Ausschreitungen in Oppositionshochburgen wurden am Freitag zwei Menschen von der Polizei erschossen, wie am Samstag bekannt wurde. In der Hauptstadt Nairobi wurden am Samstag die Leichen zweier Polizisten gefunden. Ob ihr Tod mit den Unruhen in Zusammenhang steht, war zunächst unklar. Oppositionsführer Raila Odinga hatte die Wahl am Donnerstag boykottiert. Er forderte Präsident Uhuru Kenyatta zum Rücktritt auf.
In einem Slum in Nairobi plünderten Anhänger der Opposition Geschäfte und steckten sie in Brand. Die für Samstag angekündigten Wahlen in vier Landkreisen, die am Donnerstag wegen des Boykotts der Opposition nicht stattfinden konnten, wurden abgesagt. Der kenianische Sender Capital FM berichtete auch von Zusammenstößen zwischen Anhängern des amtierenden Präsidenten Kenyatta und seines Herausforderers Odinga, die verschiedenen Ethnien angehören.
Aufruf zum Boykott
Odinga hatte zum Wahlboykott aufgerufen und mit seinen Parteigängern die Stimmabgabe in zahlreichen Wahllokalen verhindert. Die Zahl der Toten seit Donnerstag hat sich nach Angaben kenianischer Medien auf sechs erhöht. Die Polizei spricht von fünf Toten. Die Wahlkommission beklagte Angriffe auf Mitarbeiter. Weil sie die Wahl zu verhindern versuchten, wurden fast 90 Menschen festgenommen.
Das Oberste Gericht hatte die Wiederholung der Präsidentenwahl vom August angeordnet, nachdem Odinga Unregelmäßigkeiten beklagt hatte.
Damals kam Amtsinhaber Kenyatta auf rund 54 Prozent der Stimmen, Odinga auf 45 Prozent. Odinga lehnte aber auch die Wiederholung als unfair ab und zog seine Kandidatur mit einem Boykottaufruf zurück.
Wahlbeteiligung nur bei 45 Prozent
Sein Aufruf war erfolgreich, die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Wahlkommission nur bei etwa 45 Prozent. Nach den offiziellen, vorläufigen Ergebnissen bekam Kenyatta 98 Prozent der Stimmen. Nach dem Rückzug Odingas waren nur noch fünf chancenlose Gegenkandidaten im Rennen. Ob die wiederholte Wahl anerkannt wird, scheint immer zweifelhafter. Mit weiteren Klagen ist zu rechnen.
In einem Interview mit dem US-Sender CNN riet Odinga Präsident Kenyatta, wegen der niedrigen Wahlbeteiligung zurückzutreten. Die Abstimmung sei ein "Misstrauensvotum" gewesen. Sollte Kenyatta im Amt bleiben, stünden ihm schwere Zeiten bevor. Am Vorabend der Wahl hatte Odinga angekündigt, eine nationale Widerstandsbewegung zu bilden. Seine Anhänger sollten nicht länger mit dem Staat und seinen Organen "kooperieren". Sie sollten auch Waren und Dienstleistungen derjeniger boykottieren, die mit der Regierung zusammenarbeiten.