Warum Christen sich in der Kirche engagieren

Katholiken unter Rechtfertigungsdruck

Für manchen Katholiken stellt die eigene Kirche eine "kompromittierende Organisation" dar. Trotzdem engagieren sich nach wie vor viele etwa als Messdiener oder in Pfadfindergruppen. Sie müssen ihr Engagement oft verteidigen.

Autor/in:
Hannah Schmitz
Messdiener mit Weihrauch / © Bilderstoeckchen (shutterstock)
Messdiener mit Weihrauch / © Bilderstoeckchen ( shutterstock )

Tom Burmann ist bei den katholischen Pfadfindern und beim Hilfsdienst der Malteser aktiv. Außerdem betreut er Messdiener. Sein großes kirchliches Engagement stößt bei manchen auf Unverständnis, wie der junge Religionslehrer auf einem Podium des Katholikentags in Erfurt berichtet. 

Was macht es mit Menschen, wenn sie sich ehrenamtlich in der Kirche bewegen, einer "kompromittierenden Organisation", wie es im Titel des Diskussionsforums hieß? "Man muss sich immer wieder rechtfertigen", sagt Burmann, der Lehrer an einer Essener Schule ist. In seinem Freundeskreis und seiner Familie seien viele aus der katholischen Kirche ausgetreten. 

Karikatur von Bischöfen zum Umgang mit Missbrauch in der Kirche / © Dieter Mayr (KNA)
Karikatur von Bischöfen zum Umgang mit Missbrauch in der Kirche / © Dieter Mayr ( KNA )

Er selbst sei aber überzeugt, dass Veränderung in der Kirche von unten kommen muss. "Wenn ich austrete, überlasse ich das Spannungsfeld Kirche ja denen, die sie zu dem gemacht haben, was sie heute zum Teil ist." Es gebe auch viel Gutes, das bewahrt werden sollte.

Theologie-Studierende müssen sich rechtfertigen

Dass sich manche Menschen scheuten, anderen zu sagen, dass sie mit der Kirche zu tun haben, mache "total viel Sinn", meint Kathrin Thiel, Professorin für Interaktion und Beratung in Non-Profit-Organisationen. Denn nicht zuletzt wegen des Missbrauchskandals hat die katholische Kirche in weiten Teilen der Gesellschaft keinen guten Ruf.

Nach Angaben der Theologie-Professorin Marianne Heimbach-Steins aus Münster stehen auch ihre Studierenden unter einem "Rechtfertigungsdruck". Sie würden teils mit moralischen Vorwürfen konfrontiert. "Es ist mit der Zeit nicht einfacher geworden, dabeizubleiben", sagt die Theologin mit Blick auf ehrenamtliches Engagement. 

Gleichzeitig hätten Christen der Gesellschaft viel zu geben. Denn der Einsatz für Gerechtigkeit, Demokratie und die Überwindung von Spaltung speise sich auch aus der Auseinandersetzung mit der Bibel und der Kirchengeschichte.

Marianne Heimbach-Steins, Christliche Sozialwissenschaftlerin / © Harald Oppitz (KNA)
Marianne Heimbach-Steins, Christliche Sozialwissenschaftlerin / © Harald Oppitz ( KNA )

Den Lehrer Burmann begleitet die Frage, warum er sich für die Kirche einsetzt, jeden Tag. "Ich will ja auch sprachfähig sein gegenüber meinen Schülerinnen und Schülern", erklärt er. 

Seine Hauptmotivation für sein Engagement sei vor allem Dankbarkeit für die Dinge, die er durch die kirchliche Gemeinschaft erfahren habe - tolle Erlebnisse wie Pilgerreisen, aber auch ein Zugehörigkeitsgefühl und Freundschaften. Das möchte er gerne weitergeben.

Die Wissenschaftlerin Thiel betont, dass Engagement ganz unterschiedliche Gründe haben könne. Manche betreuten etwa Kommunionkinder, weil es ihnen wichtig ist, sie in der Kirchengemeinde aufzunehmen. "Vielleicht macht es sich aber auch gut im Lebenslauf." 

Andere genießen es, Teil einer Gemeinschaft zu sein und daraus viel zu ziehen. Dabei kann Dankbarkeit für eigene Erlebnisse und Erfahrungen eine Rolle spielen. Vor allem aber sei Empörung ein starker Motor, sich für oder gegen etwas einzusetzen.

Unverständnis selbstbewusst begegnen

Heimbach-Steins treibt besonders die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Kirche um. Sie fand es schon als junges Mädchen ungerecht, dass sie nicht Messdienerin werden durfte. Nach Meinung der Theologin müsste es heute für Haupt- und Ehrenamtliche Angebote in Gemeinden und Verbänden geben, in denen sie üben können, sprachfähig zu werden, also sich zu erklären. 

Notwendig sei es auch, bei Unverständnis für den Einsatz in der Kirche selbstbewusst aufzutreten. "Ich weiß, dass in dem Laden nicht alles in Ordnung ist, aber es gibt starke Gründe, warum ich das mache", wäre laut Heimbach-Steins so ein erster erklärender Satz.

Quelle:
KNA