DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie denn das "Gute-Kita-Gesetz"?
Stefan Drubel (Leitender Dezernent für außerschulische Bildung im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland): Erst mal positiv. Denn es war wirklich überfällig, dass sich der Bund an der Finanzierung der Kindertagesstätten beteiligt. Es war notwendig, dass mehr Geld in die Qualität fließt. Da haben wir alle drauf gewartet. Nun war die Vorfreude sehr groß und man muss sagen, auf der anderen Seite sind wir jetzt auch etwas enttäuscht. Denn die Mittel, die jetzt freigegeben werden, sind natürlich nur bis zum Jahr 2022 vorgesehen.
Wir alle fragen uns: Was kommt danach? Da gibt es zwar dann Zusagen, dass die Mittel "verstetigt" werden sollen, also dass sie auch nach 2022 dauerhaft fließen. Aber für eine zuverlässige langfristige Planung, die wir im Kindertagesstätten-Bereich brauchen, ist erst mal nichts vorgesehen. Und das ist sozusagen ein Pferdefuß des Gesetzes.
DOMRADIO.DE: 5,5 Milliarden Euro bis 2022 und die Frage: Was kommt danach? Jetzt fordert Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, dass alle Kinder eine Kita besuchen können müssten. Wie ist denn im Moment die Lage? Scheitern Eltern zum Teil an den Kitagebühren?
Drubel: Das ist für manche Eltern schon eine enorme Belastung. Es gibt Untersuchungen, die festgestellt haben, dass vor allen Dingen Haushalte unterhalb der Armutsrisiko-Grenze fast einen doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für Kita-Beiträge aufbringen müssen. Von daher finde ich das Anliegen der Familienministerin, dass es eine durchgehende soziale Staffelung gibt und dass wirklich auch Haushalte entlastet werden, die über nicht so viel Einkommen verfügen, richtig.
Wir haben sehr unterschiedliche Situationen. In Nordrhein-Westfalen haben wir da eine ziemliche soziale Schieflage. Denn in einigen Kommunen müssen Eltern sehr viel weniger zahlen als in anderen. Von daher ist dieses Anliegen der Ministerin sehr zu begrüßen.
DOMRADIO.DE: Wo genau investiert wird, entscheiden die Bundesländer dann selber. Schließlich gibt es keine Einheitslösung für alle. Da gibt es Unterschiede, was vor Ort verändert werden müsste oder wofür Geld gebraucht würde. Im Mittelpunkt steht, die Kita-Qualität zu verbessern. Wie wird sich denn dieses neue Gesetz auswirken? Bleiben wir mal beim Beispiel Nordrhein-Westfalen.
Drubel: Es ist wirklich erst mal gut, dass in den Bundesländern je nach Situation entschieden werden kann. Denn jedes Bundesland hat auch ein eigenes Gesetz und eigene Bedarfe. In Nordrhein-Westfalen, denke ich, wollen wir vor allen Dingen den "Fachkraftkindschlüssel" verbessern. Das heißt also: Für wie viele Kinder ist eine Erzieherin zuständig? Da liegen wir im Bundesdurchschnitt noch nicht so richtig gut. Sie können sich sicherlich vorstellen, was das bedeutet, wenn eine Erzieherin für neun Kinder über drei Jahre zuständig ist. Wenn man da nur ein Kind weniger hat, kann man sich schon um jedes Kind mehr kümmern.
DOMRADIO.DE: Es stehen sich zwei Ziele gegenüber: Die Qualität soll verbessert werden und die Eltern sollen weniger Gebühren zahlen müssen. Steckt denn Ihrer Meinung nach eine Qualitätsverbesserung hinter dem Gesetz?
Drubel: Auf jeden Fall steckt die Möglichkeit einer Qualitätsverbesserung dahinter. Allerdings werden wir es noch nicht schaffen, zu einer wirklichen Beitragsfreiheit zu kommen. Denn wenn die Eltern ganz generell befreit werden sollten, dann müssten wir sehr viel mehr Geld ins System stecken. Man redet dann davon, dass es jährlich weit über sechs Milliarden Euro sein müssten.
DOMRADIO.DE: Wenn die Qualität von Einrichtungen zur Kinderbetreuung gesteigert werden soll. Gibt es in Zukunft weiterhin auch konfessionelle Kitas?
Drubel: Auf jeden Fall. Wir werden auch darauf achten. Ich denke, da sind sich katholische und evangelische Kirche einig. Wir möchten uns am Bildungsauftrag beteiligen. Wir werden uns beteiligen und wir sind auch bereit, dafür Mittel in angemessener Höhe mitzubringen.
Das Interview führte Tobias Fricke.