Warum die Mönche Meister des Wasserbaus waren

Fisch galt als "Flussgemüse"

Ist Biber eine Fastenspeise? Warum haben Zisterziensermönche so nah am Wasser gebaut? Warum wünschen sich Angler das Heil Petri? Es gibt für alles eine Antwort, und es war eine englische Ordensfrau, die das Fliegenfischen verbreitete.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Benediktinerabtei St. Blasius zu Admont in Österreich / © Yuri Turkov (shutterstock)
Benediktinerabtei St. Blasius zu Admont in Österreich / © Yuri Turkov ( shutterstock )

"Petri Heil!" So grüßen sich traditionell Fischer und Angler. Mit dem lateinischen Genitiv von Petrus wird ihnen derselbe enorme Fangerfolg gewünscht, wie ihn der Fischer Petrus und seine Berufsgenossen aus Galiläa laut den biblischen Evangelien Lukas (Kap. 5) und Johannes (21) erzielten. Jesus berief sie dann zu Menschenfischern; ein Grund, warum der Fisch ein Symbol der frühen Christen selbst wurde.

Auf einem Teller liegt eine Goldbrasse, daneben steht eine Schale mit Oliven, am 26. Juli 2020 in Tarascon (Frankreich). / © Alexander Brüggemann (KNA)
Auf einem Teller liegt eine Goldbrasse, daneben steht eine Schale mit Oliven, am 26. Juli 2020 in Tarascon (Frankreich). / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Kein Grund allerdings dafür, dass im abendländischen Mönchtum die Fischzucht eine herausragende Rolle spielte. Da ging es schlicht um Nahrungssicherheit. Ein frühes mittelalterliches Zeugnis für die Bedeutung von angelegten Teichen ist das "Capitulare de villis", verfasst um 800 im Auftrag von Kaiser Karl dem Großen. Diese Domänenverordnung diente dazu, durch Planwirtschaft die Versorgung des kaiserlichen Hofes sicherzustellen.

Das "Capitulare de villis" greift auf noch vorhandenes Wissen über die römische Landwirtschaft zurück und schreibt unter anderem vor: Dreifelderwirtschaft, Wein- und Obstanbau, Herden-, Bienen- und eben Fischzucht. Kapitel 21 befasst sich eigens mit der Anlage und Pflege von Fischweihern, Kapitel 65 mit dem Fischbesatz. Demnach ist vor Ort in den Hofgütern eine ausreichenden Zahl von Fischen für die Versorgung des Hofes vorzuhalten. Steht kein königlicher Besuch an, so ist auch der Rest der Fische zu verkaufen und der Erlös unter den Einnahmen zu verbuchen.

Wasserbau und Fischzucht

Schloss Hülchrath / © Ingo Brüggenjürgen (DR)
Schloss Hülchrath / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )

Die Fischerei war im Mittelalter auch wegen der vielen Fastentage im Jahr wichtig - denn Fisch galt als Fastenspeise. Dem strengen Reformorden der Zisterzienser war Fleisch zu essen im Alltag grundsätzlich verboten. Ein Grund mehr für sie, ganz nah am Wasser zu bauen. Zusammen mit der Rodung und der Trockenlegung von sumpfigen Arealen um die Klöster errangen die "Grauen Mönche" rasch einen Ruf als Meister von Wasserbau und Fischzucht.

Selbstversorgung war in den teils regelrechten Klosterstädten des Mittelalters von zentraler Bedeutung. Und wie alle Lebensbereiche der benediktinischen Mönche unterlagen auch Essen und Trinken den strengen Ordensregeln des heiligen Benedikt von Nursia (um 480-547). Die Klosterküchen hatten nicht nur eine große Tischgemeinschaft zu versorgen, sondern auch der mönchischen Askese zu genügen.

Biber, der Quasi-Fisch...

Auf dem Speiseplan standen häufig fettarmes Gemüse, Getreidebrei oder Fisch. Fisch galt als "Flussgemüse" und war erlaubt - anders als der Verzehr "vierfüßiger Tiere". In vielen Klöstern, so wird berichtet, wurden unter "Flussgemüse" sogar Biber subsumiert. Einige Features passten ja schließlich: schuppiger Schwanz, Lebensraum Wasser: ein Quasi-Fisch...

Einerseits waren Klöster im Mittelalter Kompetenzzentren für gesunde und frugale Ernährung. Andererseits war auch die Nachfrage nach Fisch in der Bevölkerung groß, insbesondere während der Fastenzeit. Klosterteiche generierten also auch namhafte Einkünfte, nicht zuletzt mit Pökel-, Dörr- oder Räucherfisch.

Ein Teich im Klausurbereich des Klostergartens der Benediktinerabtei Sankt Mauritius zu Tholey am 4. September 2019 in Tholey. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ein Teich im Klausurbereich des Klostergartens der Benediktinerabtei Sankt Mauritius zu Tholey am 4. September 2019 in Tholey. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Fischfang-Quoten schon im Mittelalter

Alle zahlreichen Verordnungen zum Fischfang spiegeln übrigens bereits im Mittelalter eine Sorge um den Bestand wider. Um ihn zu schützen, wurden Mindest- und Höchstmaße von einzelnen Fischarten und Netzmaschen festgeschrieben, bestimmte Fangmethoden und -geräte untersagt. 1508 erließ Kaiser Maximilian I. sogar verbindliche Mindestmaße und Schonzeiten auf Reichsebene.

Auch (mindestens) zwei Frauen sprachen im Mittelalter auf dem Feld der Fische mit. Hildegard von Bingen (1098-1179) schreibt in Buch 5 ihrer "Physica", wahrscheinlich nach Berichten von Nahe-Fischern, über Aufenthaltsorte und Ernährungsweise von Hering, Aal und Walfisch und über ihren diätetischen und medizinischen Wert.

Grundlagen für moderne Sportfischerei

Und Juliana Berners (auch Dam Julyans Barnes, um 1400-nach 1460), womöglich Priorin des Klosters Sopwell bei St Albans in der englischen Grafschaft Hertfordshire, ist gar Autorin der ältesten bekannten Schrift über das Sportangeln. Ihr "Treatyse of Fysshynge wyth an Angle", veröffentlicht posthum 1486/96, ist zugleich das erste Buch über das Angeln, das nicht auf Griechisch oder Latein verfasst wurde. Als Hochadlige pflegte sie offenbar die Liebe zu den standesgemäßen Hobbys weiter: Jagd, Falkenbeize und - Angeln.

Nachdem das immerhin rund ein Jahrtausend währende Mittelalter quasi keine angeltechnischen Innovationen gegenüber der Antike zu bieten hatte, erfuhren die umfassenden Instruktionen der frommen Dame im 16. Jahrhundert diverse Auflagen. Juliana beschrieb - neben den unterschiedlichen Fischarten - detailliert etwa das Schärfen von Angelhaken, den Bau von Ruten und die Bindungen von einem Dutzend gängiger Fliegenarten. Na dann Petri Heil!

Quelle:
KNA