Warum ein Benediktinermönch zu Mariä Himmelfahrt auf die Kirmes geht

"Mein Magen hat das nicht ganz so gut vertragen"

Für eine ZDF-Dokumentation erkundet Pater Nikodemus Schnabel, wie die Deutschen ihre Feiertage verbringen. In der aktuellen Folge ist er auf einer Kirmes unterwegs – deren Ursprünge auf das Christentum zurückgehen, wie er im Interview erzählt.

Pater Nikodemus wird Schausteller auf einem der ältesten und traditionsreichsten Volksfeste: Libori in Paderborn. / © Markus Kablitz (zdf)
Pater Nikodemus wird Schausteller auf einem der ältesten und traditionsreichsten Volksfeste: Libori in Paderborn. / © Markus Kablitz ( zdf )

DOMRADIO.DE: Wieso waren Sie diesmal auf der Kirmes? Gibt es da bestimmte Mariä Himmelfahrts-Volksfeste?

Pater Nikodemus Schnabel (Bruder in der Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem): Nein, wir haben das schon zu Libori gedreht. Sommerzeit ist Kirmes-Zeit. Die ganzen Kirchweihfeste und eben Libori in Paderborn, eines der ältesten um den Heiligen Liborius. Und das ist ja eigentlich eine ur-kirchliche Sache. Und natürlich, viele Leute gehen eher hin, um die Fahrgeschäfte zu benutzen oder etwas zu trinken, zu essen, einfach mal zu schlendern. Die Frage, die ich mir gestellt habe, man kann sagen, die ganze Sendung ist eigentlich von Gaudium et spes, die berühmte Konstitution des Zweiten Vatikanums, 'Die Kirche in der Welt von heute' getragen, die eben anfängt mit: Freude und Hoffnung, Sorgen und Nöte der Welt sind eben auch Freude, Hoffnung, Sorgen und Nöte der Kirche.

Und ich will einfach verstehen: Was treibt die Leute um? Was bewegt Sie wirklich? Ich gehe quasi raus aus den Klostermauern, um nicht nur mit den Leuten zu reden, sondern es selbst zu machen. Ob das ist, dass ich an Fronleichnam eben selbst die Hantel in die Hand genommen habe, oder eben jetzt an Mariä Himmelfahrt, wo ich beim Autoscooter hinter den Kulissen mithelfe. Da habe ich großen Respekt vor den Schaustellern und dem, was sie da wirklich tun.

Dann der Höhepunkt ist wirklich ein Fahrgeschäft, wo es mir den Magen immer noch umdreht, wenn ich daran denke. Es war ein sehr, sehr schnelles Fahrgeschäft. Auch hier will ich einfach verstehen: Warum machen die Leute das? Das wollte ich im Gespräch erfahren und selbst erleben.

DOMRADIO.DE: An Himmelfahrt mal ab in den Himmel sozusagen, mit einem modernen High-Tech-Höllen-Karussell, oder wie man das nennen soll.

Schnabel: Man könnte sagen, das wäre vielleicht ein Stichwort. Aber ich glaube, das Festgeheimnis von Mariä Himmelfahrt oder besser Maria Aufnahme mit Leib und Seele ist - das gilt für uns alle Menschen - dass unser Körper und unser Leib jetzt nicht ein Wegwerfprodukt ist. Das heißt, wir sagen nicht: "Wir leben damit und dann weg damit", sondern auch unser Leib, unsere Seele sind ja berufen, ewig bei Gott zu sein. Das heißt, der Leib, der Körper ist etwas Gutes und darum geht es ja. Das heißt, auf diesen ganzen Fahrgeschäften wird ja wirklich mal der Körper stimuliert. Da spürt man ja seine Lebendigkeit, spürt man sein Menschsein und wir feiern einen positiven Zugang zu unserer Körperlichkeit.

Zugleich ist es ein Fest der Lebendigkeit, würde ich sagen. Wobei ich dann am Ende der Folge auch mein Fazit ziehe, was für mich Lebendigkeit ist. Das darf ich jetzt schon verraten: Fahrgeschäft brauche ich nicht.

DOMRADIO.DE: Sie waren aber nicht nur in den Fahrgeschäften unterwegs, sondern auch im Blaumann. Sie haben richtig mitgearbeitet. Was genau?

Schnabel: Genau, ich habe sogar den Habit angelassen. Wir hatten erst überlegt. Aber dann haben wir gesagt: Ich kann auch so anpacken. Ich habe einfach zum Beispiel beim Autoscooter eingeparkt. Nach dem Fahren müssen sie wieder am Rand geparkt werden. Das sieht einfach aus, ist aber immer eine Kunst für sich. Der Zuschauer darf sich ein bisschen amüsieren über meine Ungeschicklichkeit, weil die Dinger wirklich schwer einzuparken, weil sie keinen Rückwärtsgang haben. Man muss also wissen, wie man da einschlägt, dass man sich nicht zum Affen macht.

Ich habe auch mit Schaustellern gesprochen. Das ist schon enorm, was da alles an Personalaufwand und auch an Herzblut dahinter steckt. Die Schausteller, mit denen ich gesprochen habe, arbeiteten schon in der sechsten Generation im Geschäft. Das ist eine ganz große Familientradition. Was ich auch schön fand: Ihre Arbeit ist es, den Menschen eine Freude zu machen. Eigentlich eine Art Seelsorge. Sie gucken, dass es den Menschen gutgeht. Und da habe ich gedacht: Es ist dem, was ich tue, auch nicht so fremd. Ich muss sagen, ich habe viel gelernt. Ich fand es unglaublich spannend und spaßig. Und mal gucken, was die Zuschauer denken.

DOMRADIO.DE: Es gab tatsächlich eine Schnittmenge zwischen christlichem Leben und Volksfest. Das höre ich zumindest daraus?

Schnabel: Wir haben es ja quasi auch erfunden. Vielleicht ist es ja nicht wirklich total unchristlich, sondern ich glaube, die Freude gehört zum Christentum dazu. Ich würde sagen, jeder Feiertag ist ein Rausgehen aus diesem 'funktionieren müssen', nicht nur der Hamster im Rad sein, sondern zweckfrei mal durchatmen, die Seele baumeln lassen. Und das ist für mich ein Gottesdienst am Sonntag, zweckfrei vor Gott sein zu dürfen. Und da, würde ich sagen, ist eine große, große Schnittmenge.

DOMRADIO.DE: In der ersten Folge im Fitnessstudio hat gesundes Essen eine große Rolle gespielt, Smoothies zum Beispiel. Durften sie diesmal schwelgen in Zuckerwatte und Bratwurst?

Schnabel: Ja, eigentlich haben wir das Essen außen vor gelassen. Aber in den Drehpausen habe ich natürlich auch die Leckereien genossen. Aber wir haben es dieses Mal wirklich auf diesen Kick konzentriert. Aber vielleicht kommt auch wieder mal eine Folge, wo Essen eine Rolle spielt. Ich gebe auch zu, danach hatte ich auch nicht mehr so viel Hunger, weil mein Magen das nicht ganz so gut vertragen hat.

Das Interview führte Hilde Regeniter

Sendetermin "Ein guter Grund zu feiern": 15.08.2018, 17:50 Uhr, ZDF


Quelle:
DR
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