DOMRADIO.DE: Wie ist die gestrige UN-Resolution in Israel aufgenommen worden?
Pater Nikodemus Schnabel (Prior-Administrator der Dormitio-Abtei und des Priorats Tabgha): Die Leute, die Trumps Schritt begrüßt haben, sind natürlich jetzt erbost über die UN. Diejenigen, die Trumps Schritt negativ aufgenommen haben, nehmen jetzt die UN-Resolution positiv auf. De facto ist es ja so: Die Menschen, gerade die Christen mit denen ich in Kontakt stehe, sagen: "Es ist ja wunderbar, dass da quasi über unsere Köpfe hinweg das eine Papier entschieden wird".
Die Frage ist: Was braucht diese Stadt? Und diese Stadt braucht konkret Gerechtigkeit, Dialog, Versöhnung und Frieden. Da muss man sich fragen, was dient dieser Stadt in dieser Richtung. Es muss sich konkret vor Ort etwas tun. Und die Menschen haben mittlerweile auch so eine Haltung. Politiker kommen und gehen – Jerusalem bleibt.
DOMRADIO.DE: Natürlich ist die Sicherheitslage in und um Jerusalem und Bethlehem immer ein Thema. Welche Auswirkungen haben diese Entscheidungen auf die Sicherheitsmaßnahmen vor Weihnachten?
Schnabel: Es ist alles undramatischer als man vermutet hat. Die Leute haben keine Lust auf eine dritte Intifada. Dann ist es auch so, dass Weihnachten nicht das große Pilgerfest ist. Im Gegensatz zu Ostern. An Ostern wird das Heilige Land von hunderttausenden christlichen Pilgern bevölkert. Weihnachten ist ein starkes Familienfest. Ich erlebe in meiner Gemeinde, dass sogar viele, die mir als Seelsorger anvertraut sind, nach Hause fliegen. Weihnachten möchte man mit der Familie feiern.
DOMRADIO.DE: Sie werden in der Geburtskirche am Heiligen Abend in Bethlehem sein und dort sozusagen an der Krippe stehen. Sie gehen nicht alleine hin, sie haben ganz viele Menschen dabei. Was ist das für eine Aktion?
Schnabel: Ja, ich habe eine kleine Gruppe dabei, wir sind etwa 100-150. Zudem führen wir unsere Dormitio-Weihnachtsaktion, die Namensaktion, auch dieses Jahr weiter. Wir sind überwältigt, wie viele Menschen uns wieder ihren Namen anvertrauen, wie viele Fürbitten uns anvertraut werden. Wir haben noch unseren Mitternachtsgottesdienst, der übrigens mehrheitlich von Juden besucht wird.
Dann werden wir gegen zwei Uhr nach einem Frühstück die Namensrolle segnen und dann im Gebet die zehn Kilometer zu Fuß nach Bethlehem gehen. Gegen 4:30 Uhr – um diese Zeit haben wir die Geburtsbasilika fast für uns alleine – werden wir auf den Geburtsstern die Namen niederlegen und für die Menschen beten. Am Geburtsort selbst beten wir die Laudes bis 5:30 Uhr. Dann geht es mit dem Bus zurück, denn um elf Uhr ist schon der nächste Gottesdienst für den ersten Weihnachtstag.
DOMRADIO.DE: Für Sie beginnt das Weihnachtsprogramm jetzt schon. Sie feiern morgen in Tel Aviv den vierten Advent. Wo und wie?
Schnabel: Ich bin Verantwortlicher für alle deutschsprachlichen Katholiken in ganz Israel, in ganz Palästina. Ich habe einen sehr lebendigen und sehr schönen Gemeindeteil, wo ich sehr gerne hingehe, nämlich der Tel Aviver-Gemeindeteil. Da gibt es eine wunderbare kleine Kapelle, die Kreuzgangkapelle von St. Peter, die aus der Kreuzfahrerzeit stammt – ein wirklich schöner Rundbau, der auch eine intime Atmosphäre hat.
Da feiere ich immer samstags den Sonntagsgottesdienst, da viele meiner Gemeindemitglieder in Tel Aviv sonntags arbeiten müssen, weil Sonntag in Israel ein normaler Arbeitstag ist. Deswegen wird der Sonntag auf Samstag vorverlegt. Also feiere ich morgen schon um elf Uhr den vierten Advent in Tel Aviv mit der dortigen Gemeinde.
DOMRADIO.DE: Wir wollen nicht unterschlagen, das sie ziemlich prominenten Besuch hatten, Sie haben den TV-Star Markus Lanz durchs heilige Land begleitet, und das können wir am 1. Weihnachtstag im Fernsehen anschauen. Auf was können wir uns da freuen?
Schnabel: Das wird wirklich eine tolle Sache. Der Beitrag läuft um 12.35 Uhr im ZDF. Ich habe letztes Jahr schon mit Markus Lanz drehen dürfen, da war ich aber quasi nur ein Protagonist seiner Reise durchs Heilige Land. Jetzt darf ich wirklich die gesamten 60 Minuten mit dabei sein. Wir sind als Tandem unterwegs. Das Spannende ist, dass ich ihm sozusagen mein Heiliges Land gezeigt habe, das, was mir wichtig ist.
Unglaublich stark fand ich, dass er den Mut hatte, mit mir nach Gaza zu gehen. Die Christen in Gaza sind mir ein Anliegen. Es ist mein persönlicher Höhepunkt, dass mal der Blick auf die Christen im Gazastreifen gelenkt wird – auf die uralte Porphyrios-Kirche (Anm. d. Red.: die griechisch-orthodoxe Kirche des Heiligen Porphyrios ist die älteste Gazas), auf den griechisch-orthodoxen Bischof von Gaza und darauf, dass man nochmal einen ganz anderen Aspekt von Gaza kennenlernt, nämlich die Christen.
Ansonstern gibt es Aufnahmen von Bethlehem, natürlich von Tabgha – mein zweites Kloster am See Genezareth – immer wieder von Jerusalem und Nazareth. Ich bin gespannt auf das Endprodukt, ich kenne es auch noch nicht, aber es hat unglaublich Spaß gemacht.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.