DOMRADIO.DE: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, hat beim Jahresempfang der Erzdiözese München und Freising einen Gedanken vorgetragen, der noch nachhallen dürfte: "Warum nicht mal Debatten aus der Deutschen Bischofskonferenz im Fernsehen übertragen?" Dann "können alle sehen, wie dort gesprochen wird". Wie läuft denn im Moment die Öffentlichkeitsarbeit bei den Vollversammlungen der Deutschen Bischofskonferenz ab?
Ingo Brüggenjürgen (DOMRADIO.DE-Chefredakteur): Es gibt eine Öffentlichkeitsarbeit, aber die Arbeitssitzungen während der Vollversammlungen der Deutschen Bischofskonferenz sind streng vertraulich. Die Bischöfe treffen sich zum Beispiel jedes Jahr im Herbst für drei Tage in Fulda. Die Gottesdienste, zu denen man am Anfang und am Ende der Konferenz zusammenkommt und die auch jeden Morgen gefeiert werden, sind öffentlich. Da dürfen auch Journalisten teilnehmen und mitbeten. DOMRADIO.DE überträgt diese Gottesdienste auch.
Aber die eigentlichen Arbeitssitzungen, die den ganzen Tag dauern, sind hermetisch abgeschirmt. Man kommt sich vor wie bei einer Kabinettssitzung. Die Kameras dürfen zu Beginn einmal rein und filmen, wo die Bischöfe sitzen. Dann müssen aber die Journalisten und das Equipment wieder raus. Man tagt hinter verschlossenen Türen. Da dringt eigentlich nichts nach draußen. Das Ganze wird nur durch eine Pressekonferenz am Ende des Treffens abgebunden, wo der Vorsitzende der Bischofskonferenz versucht, die Inhalte zusammenzufassen. Da weiß man natürlich nicht, wer was gesagt hat. Da kann man sich dann nur im Nachhinein einen Reim draus machen.
DOMRADIO.DE: Jetzt hat Reinhard Kardinal Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz den Vorschlag gemacht, dass einzelne Debatten öffentlich gemacht werden sollten und im Fernsehen gezeigt werden. Was ist davon zu halten?
Brüggenjürgen: Wenn es einzelne Debatten sind, halte ich das für eine gute Sache. Ich glaube nicht, dass man eine Konferenz als Ganzes öffentlich machen kann. Aber es kann Chancen bieten.
Als Beispiel kann man die diesjährige Frühjahrskonferenz in Lingen nennen, wo sich die Bischöfe auf den "Synodalen Weg" gemacht haben. Dort haben die Bischöfe schon gesagt, dass sie vielleicht die dort anberaumte Fachtagung besser hätten öffentlich machen sollen. Man hat damals drei externe Experten hinzugezogen und deren Vorträge nachher veröffentlicht.
Ich glaube, gerade jetzt, wo so viel Vertrauen verloren gegangen ist, kann man, wenn man die eine oder andere Veranstaltung öffentlich macht, sicherlich Pluspunkte sammeln.
Auf der anderen Seite muss es den Bischöfen möglich sein, vertraulich miteinander zu reden. Die leitenden Bischöfe machen das regelmäßig im Ständigen Rat und zweimal im Jahr in den Vollversammlungen. Eine gute Mischung wäre meines Erachtens die Empfehlung.
DOMRADIO.DE: Ist denn überhaupt noch ein vertrauensvoller Austausch möglich, wenn alles übertragen wird?
Brüggenjürgen: Es muss Räume geben, die für Publikum geschlossen bleiben. Aber es wäre auch in der heutigen Zeit nicht verkehrt, wenn andere Sachen offen zutage treten würden. Wenn es zum Beispiel unter den Bischöfen Streit gibt und sie unterschiedlicher Meinung sind, dann muss das nicht alles unter dem Deckel gehalten werden. Das ist ja gut christlich. Das haben wir in der Urgemeinde auch schon gehabt, dass man sich gefetzt hat. Das kann man ruhig auch öffentlich machen. Dann würde man sehen, dass es unterschiedliche Positionen gibt.
DOMRADIO.DE: Ab wann können wir denn vielleicht einzelne Debatten live im Internet und Fernsehen verfolgen?
Brüggenjürgen: Die Kirche denkt immer in ganz großen Zeiträumen. Das dauert manchmal alles ein bisschen länger. Wir haben schon vorgeschlagen, den Frühgottesdienst, der während der Vollversammlung immer um 7.30 Uhr ist, doch um 8 Uhr zu beginnen, damit mehr Menschen zuschauen können. So weit ist es noch nicht gekommen.
Aber hier bin ich leicht optimistisch, denn es ist gegenwärtig von Seiten der Öffentlichkeit sehr viel Druck im Kessel. Man möchte, dass etwas passiert. Ich könnte mir vorstellen, dass man beim "Synodalen Weg", den die Bischöfe gemeinsam mit Laien, kirchlichen Vertretern und Experten gehen, die Beratungen zum Teil öffentlich macht und öffentliche Teilnahme möglich ist - vielleicht über das Internet. DOMRADIO.DE steht im jeden Fall bereit.
Das Interview führte Heike Sicconi.