DOMRADIO.DE: Wie halten Sie selbst es denn in diesem Jahr mit dem Sommerurlaub?
Pater Prof. Johannes B. Freyer OFM (Missionszentrale der Franziskaner in Bonn): Unabhängig von der Corona-Epidemie hatte ich eigentlich noch keine großen Pläne für diesen Sommer. Das ist jetzt natürlich erst mal ein bisschen verschoben. Aber ich habe dieses Jahr auch schon eine Ferienwoche gehalten. Das ist für uns Ordensleute ja gar nicht so schwierig, weil wir ja so mehr oder weniger als internationale Gemeinschaft fast eine große Hotelkette haben. Von daher ist es für uns einfacher als für viele andere Menschen.
Ich denke, im Moment ist das vielleicht auch eine zweitrangige Sorge aus meiner Perspektive. Glücklich kann sein, wer sich nur Sorgen machen muss, wo er Urlaub machen kann. Denn viele machen sich ja jetzt Sorgen um ihre Arbeitsplätze. Sie machen sich Sorgen, wie es finanziell weitergeht. Wir als Hilfswerk bekommen so viele Anfragen in diesen Tagen aus aller Welt, von Menschen, die wegen dieser Epidemie sich Sorgen machen müssen, was sie morgen essen wollen. Für uns ist die Frage nach den Ferien jetzt eher relativ in diesem Zusammenhang.
DOMRADIO.DE: All diese Anfragen, die rücken natürlich vieles in ein anderes Licht. Trotzdem gibt es jetzt hier bei uns auch einige, die einfach ein bisschen enttäuscht sind, weil ihre Reisepläne in diesem Jahr nicht aufgehen. Was sagen Sie denen?
Pater Johannes: Klar, an diese Menschen müssen wir auch denken. Es gibt ja viele, die sich sehr eingesetzt haben in diesen Monaten, die dringend Erholung brauchen. Da meine ich zunächst einmal: Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Vielleicht kann man ja auch das Naheliegende wieder etwas neu entdecken. Wir meinen ja, wir kennen unser Umland, unsere Umgebung.
Und dann stellen wir manchmal erstaunt fest, dass es doch noch vieles zu sehen gibt oder aus einer anderen Sichtweise neu kennengelernt werden kann. Da gibt es doch sicherlich in der Gegend hier Zoos, es gibt die Landesgartenschau in Kamp-Lintfort, die zurzeit läuft. Es gibt Museen, in denen wir vielleicht noch nicht gewesen sind. Es gibt in Essen die Zeche Zollverein, oder einfach einen Ausflug in die Natur, in die Eifel, in das Bergische Land, um einfach vielleicht auch mal eine neue Sensibilität für unsere Umwelt zu entwickeln und zu entdecken.
Ich glaube, da gibt es noch vieles, was man vielleicht schon lange mal anschauen wollte. Es gibt jetzt, so habe ich gehört, aus verschiedenen Ansagen auch viele Angebote, die jetzt in der Nähe gemacht werden. Ich würde das jetzt nicht pessimistisch sehen und passiv zu Hause sitzen bleiben, sondern man kann sich aufmachen in die Gegend, vielleicht auch mit Tagesausflügen. Das kann man vielleicht auch mit Kindern ganz gut machen – den Zoo besuchen oder eben die Zeche Zollverein.
DOMRADIO.DE: Corona hat ja auf jeden Fall vieles verändert in den Köpfen. Das können wir jetzt schon sagen, auch wenn die Pandemie noch gar nicht zu Ende ist. Gilt das vielleicht auch und gerade für den Urlaub?
Pater Johannes: Ja, ich denke, dass Corona doch bei vielen Leuten einen Perspektivenwechsel ausgelöst hat. Man sieht die Welt aus einem anderen Blickwinkel, aus einer anderen Perspektive. Da kommen ja auch Themen wie zum Beispiel nachhaltiges Leben wieder neu in den Blick. Vielleicht kann man das ja auch in den Ferien etwas bedenken, anders Ferien machen, nachhaltiger Ferien machen.
Oder aber man kann auch die Ferien nutzen, mal eine spirituelle Dimension des Lebens wieder neu zu entdecken. Oft sind ja Ferien dann auch eine andere Form von Aktivismus. Vielleicht kann man einfach die Ferien auch mal nutzen, um abzuschalten, zu relaxen.
DOMRADIO.DE: Und das Tolle in den Ferien ist ja gerade, dass wir viel mehr Zeit haben als im Berufs- oder Schulalltag. Wie können wir denn diese Zeit sinnvoll nutzen, trotz oder gerade wegen Corona?
Pater Johannes: Ich denke, was uns gut täte, ist so etwas wie Entschleunigung – das wir einfach mal abbremsen, unseren Lebensrhythmus und neu Zeit haben - miteinander und füreinander. Die Stille genießen, Ruhe genießen, einfach mal nichts tun, bummeln, einfach mal irgendwo sitzen und miteinander ins Gespräch kommen.
Vielleicht mal jemanden anrufen, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe, eine Person, mit der ich immer wieder mal neu Kontakt aufnehmen wollte oder gerade auch in Familien. Wie oft ist es doch so, wenn beide Eltern arbeitstätig sind, dass man wenig Zeit hat für die Kinder. Die Zeit kann man jetzt einfach mal nutzen, miteinander etwas zu tun.
Und dann, warum nicht auch mal Zeit mit Gott verbringen? Ich meine, viele können jetzt natürlich aus verschiedensten Gründen nicht an Sonntagsgottesdiensten teilnehmen. Aber viele Kirchen sind auf – daher kann man sich einfach mal in eine Kirche setzen, Zeit haben für sich und mit Gott.
Das Interview führte Hilde Regeniter.