DOMRADIO.DE: Warum findet der Weltjugendtag 2019 im Winter statt?
Christian Frevel (Pressesprecher des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat): Aus europäischer Sicht ist das wahrscheinlich eine berechtigte Frage, aber die Panamaer sehen das ganz anders. Auf der Südhalbkugel ist Sommer, deswegen hat Panama Sommerferien, genau wie der große Teil Südamerikas, ebenso wie Afrika und Australien. Die bisherigen Weltjugendtage haben sich immer an Europa und Nordamerika ausgerichtet, dieses Mal läuft das anders herum.
DOMRADIO.DE: Sie kommen gerade von einer Vorbereitungs-Reise aus Panama. Welchen Eindruck hatten Sie? Wie ist der Stand der Dinge?
Frevel: Zunächst einmal gibt es eine große Zuversicht, dass man in Panama alles stemmen wird. Das Organisationskomitee vor Ort ist guter Dinge. Es gibt zu meiner Beruhigung eine Vielzahl an Freiwilligen, die jetzt schon mitarbeiten wollen und die auch schon Dienst tun und die ganz viel Spaß dabei haben, diesen Weltjugendtag zu einem Erlebnis für ganz viele Menschen aus aller Welt zu machen.
DOMRADIO.DE: Noch mal der Blick aus der Perspektive unserer Jugendlichen: Die Reise nach Panama ist weit und teuer, es gibt weder Schul- noch Semesterferien. Machen sich da überhaupt junge Deutsche auf den Weg?
Frevel: Es wird nicht so sein wie 2013 in Rio de Janeiro, wo wir mit mehr als 3.000 Jugendlichen dort waren. Und es wird sicher auch eine andere Zielgruppe sein, an die sich die Arbeitsstellen für Jugendseelsorge und die Jugendpastoralen der deutschen Diözesen wenden: mehr junge Erwachsene und weniger Schüler und Studierende. Wir rechnen mit etwa 700 bis 750 jungen Erwachsenen, vielleicht noch ein paar mehr, die von Deutschland aus nach Panama reisen werden. Und nicht nur dahin, denn die Wochen der Begegnung vorher werden in Nicaragua, Costa Rica und vielleicht auch noch in anderen Ländern stattfinden. Auf jeden Fall wird man eine längere Zeit in Mittelamerika unterwegs sein.
DOMRADIO.DE: Zu den vergangenen Jugendtagen sind immer mehr als eine Million Pilger gekommen, Panama ist aber ein kleines Land, die Hauptstadt hat gerade einmal 800.000 Einwohner. Hat sich das Bistum eventuell etwas übernommen?
Frevel: Also man rechnet nicht mit der Größenordnung wie bei den bisherigen Weltjugendtagen, schon aus dem Grund, weil viele Länder der Nordhalbkugel, insbesondere Nordamerika, nicht mit den Zahlen aufwarten werden wie in den Vorjahren. Das heißt, Panama rechnet mit 500.00 bis 600.000 Pilgerinnen und Pilgern. Die wird man irgendwie unterbekommen, vor allem weil es viele, viele katholische Schulen gibt, in denen die Pilger untergebracht werden können. Dennoch wird es eng werden, aber die zentralen Orte, also die "cinta costera" (der Bereich der Küste von Panama Stadt, an dem auch Vigil und Abschlussmesse stattfinden werden) reicht aus, da passen die in dieser Größenordnung erwarteten Pilger gut hin.
DOMRADIO.DE: Es war ja eine kleine Überraschung, als der Papst Panama als Ort des nächsten Weltjugendtags verkündet hat. Warum dieses Land?
Frevel: Ich glaube, Zentralamerika ist einfach mal dran. Panama ist das einzige Land in dieser Region, das so ein Großevent stemmen kann. Wir haben sonst Nicaragua - ein ziemlich armes Land, El Salvador und Guatemala mit einer hohen Kriminalitätsrate und solchen Problemen im Land, dass man dort nicht guten Gewissens so etwas veranstalten könnte. Und deshalb glaube ich, dass man das in einem ganzheitlichen Kontext Mittelamerikas sehen muss. Der Papst hat deswegen ja auch ganz bewusst Oscar Romero als Patron dieses Weltjugendtages auserwählt, jemand, der in El Salvador Erzbischof war und dort ermordet wurde.
DOMRADIO.DE: Sie sagen, im Vergleich ist Panama wohlhabend, die Hauptstadt ist ja auch als Finanzmetropole bekannt. Wieso unterstützen Sie dort trotzdem Hilfsprojekte?
Frevel: Gar nicht so einfach das zu erklären, wenn man in ein Land kommt, was in den vergangenen zehn Jahren ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von acht Prozent hatte. Das kommt nur leider nicht überall an. Der deutsche Botschafter, mit dem wir vor Ort gesprochen haben, hat Panama als ein dreiteiliges Land beschrieben: Zunächst mal die Hauptstadt Panama City mit der Finanzmetropole und US-amerikanischem Anspruch, zum zweiten die Zone um den Kanal herum, wo viel Wirtschaft ist, wo viel Wachstum ist und dann die Regionen im Norden und ansonsten auch in den Gegenden, die an Kolumbien grenzen.
Dort gibt es überhaupt keine Infrastruktur, es gibt ganz viele Dörfer und Enklaven, wo nicht einmal Strom zur Verfügung steht, wo keine Gesundheits- oder Wasserversorgung existiert. Das sind die Zonen, wo vor allem indigene Menschen leben. Da kommt auch leider die Verteilungsgerechtigkeit nicht zum Zuge. Das heißt Panama tut da auch nichts. Und die panamaische Regierung investiert dort nichts, und wir sind aufgerufen, dort den Menschen zu helfen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.