"Gack, Gack, Gack, Gack a Ga" ist der Titel eines 1685 in München erschienenen Bestsellers. Keine Fachliteratur über Hühnerzucht verbirgt sich dahinter, sondern eine Erzählung von Abraham a Sancta Clara. Auf knapp 300 Seiten schildert der zu dieser Zeit bedeutendste katholische Prediger die Gründungslegende der Wallfahrt zur Muttergottes von Taxa. Das Buch machte den Ort weithin bekannt.
Neben Altötting und Tuntenhausen zog es bald viele Pilger in Bayern dorthin. Bei Maria erbaten sie Hilfe bei Krankheiten und Gefahren aller Art sowie in Kriegsnöten. Wie es dazu kam? Das hat mit einem Huhn und einem Sternei zu tun.
Ordenswiederbelebung scheiterte
Taxa ist ein Ortsteil von Odelzhausen in Oberbayern. Wer heute dorthin kommt, mag kaum glauben, dass hier einmal eine große Klosteranlage stand. Der Konvent der Augustiner-Barfüßer zu Maria Stern wurde 1802 ein Opfer der Säkularisation. Die Mitglieder des Bettelordens mussten gehen, ihre Gebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht. Der Staat verschleuderte ihre kunstvolle Einrichtung zu Spottpreisen. Eine spätere Wiederbelebung des Ordens an selber Stelle scheiterte, aber mit Hilfe der Bevölkerung entstand 1848 eine Kapelle.
Die steht noch immer und ragt mit ihrem goldenen Kreuz auf der Turmspitze unter den Einfamilienhäusern heraus. Hüterin des Schlüssels ist seit 2016 Hedwig Habersetzer. Sie kümmert sich um den Blumenschmuck und schaut, dass alles in Ordnung ist. Die 81-Jährige erinnert sich gut, wie sie als Kinder sonntags immer den Rosenkranz hier beteten. Das ist längst vorbei. Auf Wunsch läutet Habersetzer jedoch nach wie vor die Totenglocke - "aber nur für jemanden aus Taxa".
Maria, der Meerstern
Von der Kirchenbank aus geht der Blick nach vorne auf das Altarbild, das die Muttergottes mit Kind im Arm zeigt. Wer genauer hinschaut, sieht im Gemälde unten links eine weiße Henne mit rotem Kamm, rechts ein weißes Ei mit einem Stern. Das Federvieh ist nicht allein. Über dem Tabernakel steht quasi zu Füßen der gemalten Maria eine weitere goldene Henne; dieses Mal als Skulptur, mit einem Sternei auf einem Ziegelstein platziert.
Die Geschichte hängt mit Johann Wilhelm von Hundt zusammen. Die Legende geht so: Im Auftrag von Bayernherzog Maximilian war der Hofmarkherr von Schloss Odelzhausen 1618 auf Seefahrt unterwegs, als ein schwerer Sturm aufkam. In Todesangst betete Hundt zu Maria, die auch Meerstern genannt wird, und versprach zum Dank für die Errettung ein Heiligtum erbauen zu lassen. Zurück in der Heimat war das Vorhaben schnell vergessen.
Erst Wunder, dann Wallfahrt
Eines Tages hatte der Schlossherr eine schlaflose Nacht hinter sich. Da kam ein Diener und zeigte ihm ein frisch gelegtes Ei. Auf der Schale wurde ein Stern erkennbar mit einem Frauenhaupt in der Mitte. Eine schwarze Henne hatte es auf einen frisch gebrannten Ziegelstein gelegt. Dies war das Zeichen für den Schlossherrn, auf dem Fundort sein Gelübde umzusetzen.
Erst das Wunder, dann die Wallfahrt, so hielt es Sancta Clara fest. Über Jahrhunderte wurde dies überliefert, wie der Historiker Wilhelm Liebhart aufmerksam macht. Dabei habe ein Jesuit bereits 1634 notiert, dass zwei Eier unmittelbar nach Beginn des Baus einer sternenförmigen Kapelle gelegt worden seien. Die schwarze Henne hält Liebhart für erfunden. Aber die Eier dieser Tierart standen im Ruf, vor Hexen und Teufeln und allen möglichen Unglücksfällen schützen zu können.
Bayern, das Land der Sterneneier?
"Stern-Ayer" dürften eine Laune der Natur sein. In der Gegend von Taxa gab es sie öfter. Mancher soll gar von "Ayrland" statt "Bayrland" gesprochen haben. Acht Exemplare, die Sterne mit mehr oder weniger Zacken und in verschiedenen Größen tragen werden in einem blauen Holzkästchen verwahrt. Es hängt mit Andachtsbildern an der rückwärtigen Wand der Kapelle. Zuletzt machte die Feuchtigkeit dem Kleinod zu schaffen. Um dieses zu erhalten, investierte die Gemeinde Odelzhausen in den vergangenen Jahren bislang 210.000 Euro in eine umfassende Sanierung.
Für einen Rückschlag sorgte ein Hagelwetter im August 2023, bei dem die auf der Westseite gelegene Tür und das Fenster beschädigt wurden. Diesen Monat will der Gärtner die Außenanlagen neu anlegen. Am 8. Juni soll die Kapelle dann in einem von der Dorfgemeinschaft organisierten Fest feierlich wiedereröffnet werden.