Wofür soll das Geld ausgegeben werden?
Ratspräsident Charles Michel schlägt für den Wiederaufbau einen Fonds von 750 Milliarden Euro vor. Ein Großteil, 560 Milliarden, soll für nationale Aufbau- und Resilienzpläne zwischen 2021 und 2023 eingesetzt werden. 15,5 Milliarden gehen laut dem Vorschlag vom 10. Juli in Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe. 50 Milliarden fließen in die Kohäsionspolitik, etwa für den Europäischen Sozialfonds oder in Maßnahmen gegen Kinderarmut. Der Rest in andere Programme gegen den Klimawandel, für die Gesundheit oder ländliche Entwicklung.
Den Vorschlag des mehrjährigen Finanzrahmen für 2021 bis 2027 kürzte Michel von ursprünglich 1,1 Billionen auf 1,074 Billionen Euro. Für Migrations- und Grenzmanagement sollen demnach statt 31 Milliarden Euro nur noch knapp 22 Milliarden zur Verfügung stehen. Die Mittel für Kohäsionsfonds, wozu etwa auch der Europäische Sozialfonds Plus gehört, veränderten sich nicht. Nach wie vor würde nach dem Vorschlag das meiste Geld des mehrjährigen Finanzrahmens in die Kohäsions- und Landwirtschaft fließen, jeweils über 300 Milliarden Euro. Die genauen Zahlen können sich während der Verhandlungen jedoch noch ändern. Michel ist wichtig, dass etwa ein Drittel der Gelder für klimabezogene Projekte ausgegeben wird.
Warum haben sich die Staats- und Regierungschefs bisher noch nicht geeinigt?
Unter den EU-Mitgliedstaaten gibt es zwei Lager: Diejenigen, die netto mehr bezahlen, und diejenigen, die vom EU-Haushalt unterm Strich profitieren. Zu den Nettozahlern gehören die Niederlande, Schweden, Dänemark, Österreich und Deutschland. Die ersten vier Länder sind strikt dagegen, den Gesamtbetrag des mehrjährigen Finanzrahmens zu erhöhen und werden deshalb die "sparsamen Vier" genannt. Ratspräsident Michel setzt sich dafür ein, dass die fünf Nettozahler einen Rabatt bekommen.
Deutschland hat eher eine neutrale Position eingenommen. Das hängt auch damit zusammen, dass das Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat und dafür sorgen muss, einen Kompromiss zwischen den Lagern zu finden. Tendenziell wäre Deutschland auch bereit, mehr Geld in den EU-Haushalt zu zahlen.
Ein großer Streitpunkt ist derzeit noch, wie die Gelder des Wiederaufbaufonds vergeben werden. Soll ein Vorschlag der EU-Kommission hierzu einstimmig von den EU-Mitgliedstaaten verabschiedet werden müssen oder mit qualifizierter Mehrheit? Das bedeutet, dass ein Vorschlag von mindestens 15 der 27 EU-Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen, unterstützt wird.
Unter welchen Bedingungen können EU-Mitgliedstaaten Geld von der EU erhalten?
Wie die Bedingungen aussehen, ist bisher noch nicht klar. Einige Abgeordnete wie Katarina Barley (SPD), eine der Vizepräsidentinnen des EU-Parlaments, fordern, dass Länder nur Geld erhalten, wenn sie sich an rechtsstaatliche Kriterien halten.
Warum ist es so wichtig, dass sich die Staats- und Regierungschefs nun möglichst schnell einigen?
Nach Ansicht von Caritas-Präsident Peter Neher drängt die Zeit, da viele EU-geförderte Projekte ab Januar nur dann weitergeführt werden, wenn die entsprechenden EU- und nationalen Verordnungen rechtzeitig erlassen werden. Dies gilt etwa zum Beispiel für die Wohnungslosenhilfe oder die Beratung von EU-Binnenmigrantinnen und -migranten. Bei einer Kürzung drohe Projekten wie der Mobilen Beratungsstelle für Neuberliner/-innen aus Südosteuropa des Caritasverbands für das Erzbistum Berlin das Aus.
Wie steht die Kirche zum Wiederaufbauplan?
Die EU-Bischofskommission (COMECE) begrüßt die grundlegende Konstruktion des Aufbauplans und fordert die EU auf, den Geist der Einheit und der Solidarität zu erneuern. Im Mittelpunkt soll der COMECE zufolge die soziale und ökologische Gerechtigkeit stehen. Zudem solle sichergestellt werden, dass sich niemand seiner Verantwortung entzieht, zum Wiederaufbau in Europa beizutragen.