Weggefährte bilanziert Amtszeit von Paderborns Erzbischof

Menschennah, nüchtern und lebensfroh

Erzbischof Hans-Josef Becker wird an diesem Sonntag mit einem Pontifikalamt verabschiedet. Sein erster Sekretär und langjähriger Wegbegleiter, Regens Msgr. Michael Menke-Peitzmeyer, blickt zurück auf die 19 Amtsjahre des Erzbischofs.

Erzbischof em. Hans-Josef Becker / © Arne Dedert (dpa)
Erzbischof em. Hans-Josef Becker / © Arne Dedert ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wenn Sie auf die 19 Amtsjahre des Erzbischofs von Paderborn, Hans Josef Becker, zurückschauen, woran denken Sie dann zuerst? 

Regens Msgr. Michael Menke-Peitzmeyer, Erzbistum Paderborn / © Erzbistum Paderborn (EPB)
Regens Msgr. Michael Menke-Peitzmeyer, Erzbistum Paderborn / © Erzbistum Paderborn ( EPB )

Msgr. Michael Menke-Peitzmeyer (Regens und Domkapitular im Erzbistum Paderborn): Zunächst an seine Person, an eine authentische Persönlichkeit, die sich selbst mit aller Kraft eingebracht hat in den Dienst als Erzbischof – und das über einen so langen Zeitraum hinweg. Vor 19 Jahren habe ich quasi gemeinsam mit ihm meinen Dienst begonnen als sein persönlicher Referent und Geheimsekretär und kann mich noch an die allerersten Anfänge gut erinnern. 

Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer, Regens und Domkapitular im Erzbistum Paderborn

"Es waren segensreiche Amtsjahre, gefüllt mit großen Herausforderungen und auch, wie ich finde, einer guten und verantwortungsbewussten Reaktion darauf."

DOMRADIO.DE: Jetzt spricht man im Mund der Kirche ja immer von segensreichen Amtsjahren. Darf man das auch beim aus dem Amt scheidenden Erzbischof Becker so sehen? Und wenn ja, wo wird das Ihrer Meinung nach deutlich? 

Hans-Josef Becker, Paderborner Erzbischof / © Harald Oppitz (KNA)
Hans-Josef Becker, Paderborner Erzbischof / © Harald Oppitz ( KNA )

Menke-Peitzmeyer: Ja, auf jeden Fall. Es waren segensreiche Amtsjahre, gefüllt mit großen Herausforderungen und auch, wie ich finde, einer guten und verantwortungsbewussten Reaktion darauf. Konkret würde ich sagen, wird das deutlich daran, dass sich Erzbischof Becker dem Umbruch in Kirche und Gesellschaft gestellt hat. Dazu gehört nicht nur wahrzunehmen, was sich in diesen Zeiten verändert hat, sondern auch darauf zu reagieren. Und das hat er in der Tat getan, indem er unser Erzbistum gut aufgestellt hat für die Herausforderungen der Seelsorge in der Zukunft. 

DOMRADIO.DE: Wenn man die Gläubigen fragt, dann hört man immer wieder: Er war sehr direkt, sehr menschlich, menschennah, oft auch humorvoll. Haben Sie da auch ein paar Beispiele aus dem Alltag für uns? 

Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer, Regens und Domkapitular im Erzbistum Paderborn

"Wenn der einzelne Mensch, vor allen Dingen der verantwortliche Mensch, nicht mitspielt, dann kann man alles letztlich vergessen."

Menke-Peitzmeyer: Ja, die habe ich in der Tat. Ich habe es auch dem Erzbischof selbst gegenüber häufiger mit einem Augenzwinkern gesagt: Es waren vor allen Dingen seine O-Töne, die immer Anlass waren zum Schmunzeln und die ja zu seiner Persönlichkeit dazugehören – dieses Ungekünstelte, sauerländisch Bodenständige. Ein Beispiel. Wenn es mal wieder eine Situation gab im Alltag des Bischofshauses, hörte man von ihm den Satz: "Man kann se nich' alle helfen". Also ein typisch westfälischer Satz. In der Tat war es so, dass bei allen Bemühungen des Erzbischofs, den Menschen gerecht zu werden, er dann häufig auch sagen musste: Na ja, ändern kann ich sowieso nichts. Und dann kam eben dieser Satz. 

Erzbistum Paderborn

Erzbistum Paderborn / © Bernd Thissen (dpa)
Erzbistum Paderborn / © Bernd Thissen ( dpa )

Das Erzbistum Paderborn ist eine Ortskirche der katholischen Kirche. Rund 4,8 Millionen Menschen leben im Erzbistum Paderborn, davon sind mehr als 1,4 Millionen katholisch. In den Einrichtungen des Erzbistums sind annähernd 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Sie und viele ehrenamtlich Engagierte setzen sich täglich dafür ein, einen lebendigen Glauben zu gestalten und den Auftrag der Kirche zu erfüllen – in der Feier von Gottesdiensten, der Seelsorge, in Bildungseinrichtungen und mit caritativen Angeboten.

Oder in anderen Zusammenhängen - auch das ist kein Geheimnis - wenn wir kirchlicherseits mit bestimmten Personen zusammen sind und dann sinnieren über die gegenwärtige Situation der Kirche mit allen menschlichen Schwächen, kam bei ihm oft auch die Bemerkung: „Jammern macht gesellig, hilft aber nicht“. Auch das ein O-Ton, der irgendwie deutlich macht: Der Bischof weiß mit der Situation umzugehen, aber ist auch nüchtern und realistisch genug wahrzunehmen: Was kann ich ändern? Aber wo sind mir auch die Hände gebunden? Und dazu gehört im Übrigen auch, dass er immer wieder auch sagte: Bei allen Planungen der Entscheidung in der Kirche ist der „Faktor Mensch“ der entscheidende. Anders gesagt: Wir können noch so große Projekte planen oder Zukunftsvisionen entwickeln: Wenn der einzelne Mensch, vor allen Dingen der verantwortliche Mensch, nicht mitspielt, dann kann man alles letztlich vergessen. 

DOMRADIO.DE: Was, würden Sie sagen, war die schwierigste Aufgabe, die er in seinen Jahren erfüllen musste? 

Menke-Peitzmeyer: Es gab eine ganze Reihe von schwierigen Aufgaben, aber ich glaube, die schwierigste Aufgabe war, aufs Ganze unseres Bistums gesehen, Seelsorge zukunftsfähig zu machen. Und zwar meine ich das weniger inhaltlich von der Verkündigung her als vielmehr hinsichtlich der strukturellen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen. Etwa die Notwendigkeit, unsere Gemeinden und bestehenden Pastoralverbünde zu reduzieren und zu konzentrieren auf 87 pastorale Räume im Bistum - im Grunde genommen territoriale Großeinheiten, in denen Seelsorge organisiert wird. Sie können sich vorstellen, dass das nicht immer nur angenehme Reaktionen hervorrief und nicht vergnügungssteuerpflichtig war. Da hat er einerseits vorgegeben, in welche Richtung wir gehen. Auf der anderen Seite hat er aber auch mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass dieses Projekt auf den Weg gebracht wurde und inzwischen ja auch realisiert ist mit allem, was dazugehört. Bis hin zu dem Punkt, dass die Seelsorger vor Ort entlastet werden durch die Einführung von Verwaltungsleitern. Was das bedeutet, auch an Neujustierung der Verantwortlichkeit, kann man nur erahnen. 

DOMRADIO.DE: Etwas locker gefragt: Der Erzbischof hat also seinen Laden gut für die Zukunft aufgestellt? 

Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer, Regens und Domkapitular im Erzbistum Paderborn

"Die Rahmenbedingungen, unter denen wir arbeiten, sind klar. Gleichzeitig sind sie nicht so eng abgesteckt, dass wir keine Luft zum Atmen hätten."

Menke-Peitzmeyer: Ich würde sagen: Ja. Auch da ist wieder der Blick auf das Ganze wichtig. Natürlich gibt es in jedem Bistum genügend Schwachstellen, genügend Punkte, an denen man sagen kann, hier läuft es suboptimal. Aber wenn ich die Größe unseres Bistums bedenke und einigermaßen überblicke, glaube ich schon, dass der Bischof unsere Diözese gut aufgestellt hat. Die Rahmenbedingungen, unter denen wir arbeiten, sind klar. Gleichzeitig sind sie nicht so eng abgesteckt, dass wir keine Luft zum Atmen hätten. Und von daher ist das, was dem Erzbischof immer auch wichtig war, realisiert: dass er Menschen das Vertrauen schenkt, eigenständig und selbstverantwortlich zu arbeiten und das bis in unsere Pfarreien hinein. Das ist sehr entlastend. 

Erzbischof em. Hans-Josef Becker (EPB)
Erzbischof em. Hans-Josef Becker / ( EPB )

DOMRADIO.DE: Der Erzbischof ist erkrankt. Das war ja auch der Grund für das Rücktrittsgesuch, das der Papst angenommen hat. Müssen wir uns da Sorgen machen? 

Menke-Peitzmeyer: Ich glaube, dass wir uns keine ernsthaften Sorgen machen müssen. Natürlich ist die gesundheitliche Situation unseres Erzbischofs nicht optimal. Eine Darmerkrankung hat ihm zugesetzt. Er ist derzeit in einer Anschluss-Heilbehandlung. Das Thema wird ihn sicherlich noch längere Zeit beschäftigen, aber er ist nach meiner Wahrnehmung in so guten ärztlichen Händen, dass wir optimistisch in die Zukunft schauen können. Vor allen Dingen, dass er selbst optimistisch in seine eigene Zukunft schauen kann. 

DOMRADIO.DE: Sie als langjähriger Weggefährte, was werden Sie heute in diesem Gottesdienst für ihn beten? 

Menke-Peitzmeyer: Ich werde vor allen Dingen darum beten, dass ihm die Gesundheit wieder geschenkt wird, dass er sich weiter stabilisieren kann und dass seine Lebenskraft und Lebensfreude, die ihn auszeichnen, ihn auch weiterhin begleiten. Und ich werde auch darum beten, dass er nach Kräften auch weiterhin in Paderborn und im Erzbistum als Erzbischof emeritus präsent ist. Denn das brauchen wir auch. Die Präsenz, den Rat und einfach auch das Naturell, den Charakter unseres jetzt früheren Erzbischofs. 

DOMRADIO.DE überträgt das Pontifikalamt zur feierlichen Verabschiedung von Erzbischof Becker an diesem Sonntag ab 15 Uhr.

Quelle:
DR