Mit der Umbenennung zog die Gemeinde Konsequenzen aus einer Debatte um die Beteiligung ihres einstigen Bewohners an Kriegsverbrechen als Hauptmann der Wehrmacht in Italien.
In Filetto di Camarda in den Abruzzen hatte Defreggers Einheit zur Vergeltung für einen Partisanenüberfall auf deutsche Soldaten mit zwei Toten am 7. Juni 1944 insgesamt 17 männliche Dorfbewohner erschossen.
Der Enkel des bekannten Malers Franz von Defregger machte als Berufsoffizier den gesamten Zweiten Weltkrieg mit und wurde kurz vor dessen Ende zum Major befördert. Nach dem Krieg studierte er Theologie, ließ sich zum Priester weihen und stieg im Erzbistum München und Freising bis zum Weihbischof auf. Die Münchner Justiz attestierte Defregger 1970, er habe unter Befehlsnotstand gehandelt und sei deshalb nicht schuldig geworden. Für Historiker gilt er heute zumindest als Mittäter.
Nichts für Angehörige der Erschossenen getan
Das eigentliche moralische Versagen des früheren Weihbischof Defregger (1915-1995), heißt es nun auf der vom Pöckinger Gemeinderat einstimmig beschlossenen Erinnerungstafel, habe in seiner auch später nicht mehr veränderten Haltung zu dem Massaker bestanden: Defregger habe nie die Rechtmäßigkeit des fatalen Befehls seines Vorgesetzten infrage gestellt. "Er bat nie selbst in Filetto um Verzeihung, er tat nichts für die Angehörigen der Erschossenen und die Bewohner des zerstörten Dorfes."
Bürgermeister Rainer Schnitzler sagte, dieses Verhalten sei für ihn und den Gemeinderat unverständlich. "Als katholischer Priester und Bischof hätte er spätestens nach Einstellung des italienischen Verfahrens Filetto besuchen können und zum Beispiel mit den Dorfbewohnern im Rahmen einer Messe der Opfer gedenken können." Zur Begründung der Straßenumbenennung fügte er hinzu: "Auch angesichts des aktuellen Krieges in Europa, in dem leider wieder Kriegsverbrechen geschehen, soll den Menschen bewusst werden, dass es immer auch eine eigene Verantwortung der Handelnden gibt und dass die Opfer darunter leiden müssen."
Kein Blick für die Opfer
Die Augsburger Historikerin Marita Krauss sagte, Defregger habe sich in der Angelegenheit nicht anders verhalten als im Umgang mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als Generalvikar. "Er stellte sich schützend und empathisch vor seine Leute, hier nicht seine Soldaten, sondern die Priester, und hatte keinen Blick und keine Worte für die Opfer."
In Pöcking, wo er seit 1969 wohnte, war Defregger bis zu seinem Tod sehr beliebt. 1996 wurde zu seinem ehrenden Andenken der Weg zum neuen Friedhof nach ihm benannt. 2022 nahm der Gemeinderat Kontakt zu Nachfahren der Opfer des Kriegsverbrechens in Italien auf.
Eine Delegation besuchte Filetto und legte zum Jahrestag des Massakers am Mahnmal einen Kranz nieder. "Die Wunden des 7. Juni 1944 sind dort nicht verheilt", heißt es dazu auf der Gedenktafel, die auch die Namen der Erschossenen auflistet. "Es gab aber bei den Menschen in Filetto, deren Väter, Großväter und Onkel zu den Opfern gehörten, eine große Bereitschaft zur Verständigung, ja Versöhnung."
Am 7. Juli wird eine Abordnung aus Filetto zum Gegenbesuch am Starnberger See erwartet. Auf dem Programm steht auch eine Begegnung mit Kardinal Reinhard Marx in München.