Weihbischof Jaschke warnt vor Aufweichung der Ehe

Homosexuellen gerecht werden

Für eine Gleichstellung von homosexuellen Paaren in der Gesellschaft spricht sich der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke aus. Es dürfe keinerlei Diskriminierung von Homosexuellen geben. "Andererseits darf man nicht alles gleich stellen", so Jaschke im domradio.de-Interview. Die Ehe sei etwas ganz Eigenes.

 (DR)

domradio.de: Wie stehen Sie zu dem Vorstoß der Abgeordneten zur steuerlichen Gleichstellung von Homo-Ehen?
Weihbischof Jaschke: Ich bin kein Steuerfachmann und kann mich dazu gar nicht äußern. Ich sehe wohl, dass es richtig ist, dass wir über das Thema diskutieren. Homosexuelle Paare haben das Recht auf eine entsprechende Behandlung und Gleichstellung in unserer Gesellschaft, aber das muss natürlich gut überlegt und gut austariert werden. Ich bin kein Freund der Homoehe, nein, auf keinen Fall. Ehe muss etwas ganz Eigenes bleiben. Ehe ist die Gemeinschaft von Mann und Frau und Sexualität in ihrer eigentlichen Form braucht eben auch das Miteinander von männlicher und weiblicher Geschlechtlichkeit und die Kinder müssen dazu gehören. Aber wir müssen homosexuellen Paaren gerecht werden. Ich bin dafür, dass hier gut überlegt und diskutiert wird, wie das aussehen kann, aber im Detail kenne ich mich hier nicht aus, das kann ich nicht beurteilen.

domradio.de: Die Familienministerin begrüßt den Vorschlag und spricht von "konservativen Werten", da auch homosexuelle Männer und Frauen in Partnerschaften dauerhaft Verantwortung füreinander übernähmen. Sie, Herr Weihbischof, haben sich vor kurzem im "Hamburg pride magazin" ähnlich anerkennend über Liebe und Treue in gleichgeschlechtlichen Beziehungen geäußert. Sehen Sie das noch im Einklang mit der katholischen Moral- und Sittenlehre?
Weihbischof Jaschke: Ja, unsere Kirche hat im Katechismus der Weltkirche sehr deutlich gesagt, dass es keinerlei Diskriminierung von Homosexuellen geben darf, andererseits darf man nicht alles gleich stellen. Ehe ist etwas ganz Eigenes, eine Lebensform zwischen Männern und Frauen. Die Gesellschaft wäre schlecht beraten, wenn sie das egalisieren würde. Auf der anderen Seite, wenn sich Homopaare zusammenfinden in Liebe, in Treue, in Bereitschaft füreinander, dann muss das auch entsprechend rechtlich gewürdigt werden und wir müssen diskutieren, wie das aussieht. Im Detail kann ich das und will ich das gar nicht beurteilen.

domradio.de:  Der Katechismus der katholischen Kirche sagt, man solle homosexuellen Menschen mit Achtung begegnen. Im Artikel 2358 heißt es: Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen. Gleichzeitig ruft man sie aber im nächsten Artikel dazu auf, enthaltsam zu leben (Art. 2359). Kann man das in der heutigen Zeit überhaupt noch vertreten?
Weihbischof Jaschke: Tja, das ist natürlich eine Frage an jeden Einzelnen. Jeder Mensch ist aus christlicher Sicht aufgerufen, verantwortlich zu leben und wenn es um die Sexualität geht, dann müssen wir mit unseren sexuellen Anlagen richtig umgehen, ob wir homo oder hetero sind. Dazu gehört auch die Enthaltsamkeit. Aber ich kann nicht jedem Homosexuellen sagen: Du musst auf jeden Fall dieses Ziel der Enthaltsamkeit erreichen. Er muss sehen, wie er leben kann, wie er der christlichen Verantwortung gerecht wird. Ich halte es auf jeden Fall für besser, wenn ein Mensch in einer festen, stabilen Beziehung lebt, in Verantwortung für andere, als wenn er da vagabundierend seiner Sexualität Lauf lässt, aber das sind komplexe und ganz persönliche Fragen, die jeder Einzelne dann auch für sich entscheiden muss.

domradio.de: Das Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartnerschaften lehnen Sie ab, weil eine gleichgeschlechtliche Beziehung unfruchtbar bleibt. Das liegt in der Natur der Dinge, aber die Menschen haben ihre Veranlagung ja nicht selbst gewählt. Darf denn der Sinn und Zweck einer Ehe auf die Zeugung von Nachkommen reduziert werden?
Weihbischof Jaschke: Nein, aber es gehört dazu. Deswegen kann man Ehe und eine Homopartnerschaft nicht egalisieren. Zur Sexualität gehört auch die Fruchtbarkeit und 95 Prozent der Menschheit, seit Menschengedenken, erfahren es so und das tut uns auch gut so. Es wird sicherlich Ausnahmen geben, dass man auch homosexuellen Partnern schon einmal eine Adoption empfehlen kann oder sie ermöglichen kann, aber die Regel darf es nicht sein, auf keinen Fall.

Das Interview führte Tobias Fricke (domradio.de)

Hintergrund
In der Debatte um die Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnerschaften wird der Ruf nach einer völligen Abschaffung des Ehegattensplittings lauter. "Mir kommt die Gleichstellungsdebatte beim Ehegatten-Splitting einfach überholt vor", sagte die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), am Donnerstag im SWR. Politiker und Interessenverbände unterstützen diesen Vorschlag.

Der Familienbund der Katholiken forderte unterdessen "angesichts veränderter gesellschaftlicher Realitäten und der Vielfalt der Familienformen" eine intensive gesellschaftliche Diskussion über die "Übernahme verbindlicher Verantwortung füreinander". Zudem müssten die Verantwortlichen sich damit befassen, wie Kinder in Zukunft steuerlich nachhaltig unterstützt und gefördert werden können, erklärte dessen Präsidentin Elisabeth Bußmann. Sie sprach sich für die Beibehaltung des Ehegattensplittings aus. "Ehepaare übernehmen eine besondere rechtliche Verantwortung füreinander und entlasten dadurch die Gesellschaft", so Bußmann. Es sei nur richtig, dass dies auch durch eine entsprechende steuerliche Behandlung anerkannt werde.

In der Debatte um eine weitere rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften äußert sich die katholische Kirche reserviert. "Aufgrund der besonderen Bedeutung der Ehe ist es sinnvoll und der staatlichen Gemeinschaft selbst förderlich, wenn der Staat Ehe und Familie besonders schützt und fördert", sagte der Vorsitzende der Familien-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Franz-Peter Tebartz-van Elst, am Mittwoch in Limburg. Das geltende Ehegattensplitting solle erhalten bleiben. Dies stelle keine ungerechte Benachteiligung anderer Lebensentwürfe dar, so der Limburger Bischof.

Am selben Tag hatte das Bundesverfassungsgericht die Position von Homosexuellen erneut gestärkt. Nachdem die Karlsruher Richter bereits in der vergangenen Woche verpartnerten Beamten rückwirkend Anspruch auf den Familienzuschlag zugestanden, entschieden sie nun, dass homosexuelle Lebenspartnerschaften bei der Grunderwerbssteuer nicht benachteiligt werden dürften.

Die Verfassungsrichter argumentierten, Verpartnerte seien in einer "auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft miteinander verbunden". Lebenspartnerschaften begründeten daher "wie die Ehe eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht, so dass die Ungleichbehandlung auch nicht mit einem aus besonderen rechtlichen Bindungen gespeisten Familienprinzip zu rechtfertigen ist". Dies widerspreche auch nicht der Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie.

Die Initiative mehrerer Unionspolitiker zur steuerlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartner war zuvor bei der Opposition auf breite Zustimmung gestoßen. In der eigenen Fraktion fand der Vorstoß hingegen ein geteiltes Echo. Während Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) die Initiative begrüßte, stieß sie bei der CSU auf Zurückhaltung bis Ablehnung. Schröder sagte der "Süddeutschen Zeitung", der Vorstoß komme zur rechten Zeit, denn in lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften übernähmen die Partner dauerhaft Verantwortung miteinander und lebten damit "konservative Werte". Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer betonte in der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch), dass die Ehe für die Union auch bei steuerrechtlicher Gleichbehandlung mit anderen Lebensformen etwas Besonderes bleibe.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, lehnte den Vorschlag ab und schloss in der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch) eine Regierungsinitiative aus. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte hingegen in "Die Welt", die Parteiführung wolle zunächst die Debatte in der CDU beobachten. Der CSU-Rechtsexperte Norbert Geis warnte vor einem Bedeutungsverlust von Ehe und Familie. "Die Ehe verliert ihre vom Grundgesetz garantierte Sonderstellung", sagte er der "Welt.

Eine Gruppe von Unionsabgeordneten hatte zuvor die eigene Fraktion zur steuerrechtlichen Gleichstellung aufgefordert. Die Fraktionsführung war nach Angaben aus Unionskreisen vorab über die Initiative informiert. Demnach soll das Thema nach der Sommerpause in der Fraktion beraten werden.

Das Finanzministerium erklärte, das Bundesverfassungsgericht habe sich in seiner Rechtsprechung mit Blick auf das Steuerrecht auf den besonderen Schutz von Ehe und Familie berufen. "Ein solcher Differenzierungsgrund ist beim Ehegattensplitting die Förderung des Rechtsinstituts der Ehe, insbesondere im Hinblick auf seine bleibende Bedeutung als typische Grundlage der Familie mit Kindern", hieß es weiter.

Zustimmung zur Reform-Initiative kam von den Liberalen. Der FDP-Abgeordnete Michael Kauch regte eine entsprechende Regelung im Rahmen des Jahressteuergesetz 2013 an. Die Gleichstellung bei der Einkommensteuer entspreche den Festlegungen des Koalitionsvertrages und sei "verfassungsrechtlich geboten". Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Miriam Gruß, forderte ein Ende der "Benachteiligungen von homosexuellen Paaren im Steuer-, aber auch im Adoptionsrecht".

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sprach von einem längst überfälligen Schritt. Es sei an der Zeit, "den Sonderweg mit der Lebenspartnerschaft zu beenden und die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen". Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs sagte, "nach zahlreichen höchstrichterlichen Urteilen" sei die Forderung "ein großer Schritt in die richtige Richtung". "Wir reichen allen die Hand, die für Gleichstellung und Vernunft eintreten", so Kahrs.

Mit dem Aufruf reagierten die Unionsabgeordneten unter anderem auf den jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, das vergangene Woche eine Ungleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe beim Familienzuschlag für Beamte, Richter und Soldaten für verfassungswidrig erklärt hatte.

2010 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Deutschland mindestens 63.000 Paare als gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zusammen. 23.000 von ihnen hatten eine eingetragene Lebenspartnerschaft geschlossen. Das seit 2001 bestehende Lebenspartnerschaftsgesetz ermöglicht zwei Menschen gleichen Geschlechts, ihrer Beziehung einen rechtlichen Rahmen zu geben.