Weihbischof Schwaderlapp erinnert sich an Manfred Melzer

"Er war eine Brücke zu Gott"

Für Weihbischof Dominikus Schwaderlapp war Manfred Melzer ein Priester mit Leidenschaft. Beeindruckt war Schwaderlapp vor allem von dessen "persönlicher, tiefer Religiosität". Und er glaubt: "Er wird auch weiterhin Gutes für uns tun". 

Die Weihbischöfe: Dominikus Schwaderlapp und Manfred Melzer / © David Klammer (KNA)
Die Weihbischöfe: Dominikus Schwaderlapp und Manfred Melzer / © David Klammer ( KNA )

DOMRADIO.DE überträgt am Montag ab 11 Uhr live in Bild und Ton die Exequien für Weihbischof em. Manfred Melzer aus dem Kölner Dom mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

DOMRADIO.DE: "Durch Lieben Gott erkennen". Ein bischöflicher Wappenspruch sagt immer auch etwas über den Menschen aus, der ihn sich ausgesucht hat. Was sagt der Ihnen über Weihbischof Melzer?

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp: Es ging ihm eben nicht nur um eine äußere Betrachtung Gottes, sondern um die persönliche Beziehung. Man erkennt Gott erst, wenn man zu ihm eine persönliche Beziehung aufbaut, namentlich dann auch im Gebet. Und da sind mir jetzt gerade unauslöschlich die Zeiten vor Pontifikalämtern im Kölner Dom in Erinnerung. Während sich andere unterhielten, saß er schon am Gerokreuz im Gebet vertieft, betete einen Rosenkranz als Vorbereitung auf die Heilige Messe. Dieses Bild hat mich beeindruckt.

DOMRADIO.DE: Das ist auch das, was viele sagen, mit denen man jetzt in diesen Tagen über ihn spricht – seine Verwurzelung im Gebet, seine Verwurzelung im Glauben. Zeichnete ihn das besonders aus?

Weihbischof Schwaderlapp: Ja, ich würde das auch sagen. Er hat darum kein großes Aufhebens gemacht – von seinen Predigten, von der Art und Weise, wie er die Heilige Messe gefeiert hat. Er hatte eine wirklich ganz persönliche, tiefe Religiosität.

DOMRADIO.DE: Da passt auch der Satz von Weihbischof em. Melzer dazu: "Wir müssen zunächst das Leben sehen und dann die Lehre." Wie verstehen Sie diesen Satz?

Weihbischof Schwaderlapp: Die Lehre ist eigentlich auf das Leben ausgerichtet und will im Leben Fuß fassen. Zunächst muss man das Leben betrachten und da die Landungspunkte für den Glauben entdecken. Glaube und Religiosität ist für ihn nicht etwas Schwebendes jenseits dieser Welt gewesen, sondern etwas, was im Leben und konkreten Alltag seinen Niederschlag finden will.

DOMRADIO.DE: 1995 ist er zum Bischof geweiht worden und war bis zu seiner Emeritierung 2015 Weihbischof. Was wird dem Erzbistum und auch dem Kölner Domkapitel fehlen?

Weihbischof Schwaderlapp: Es fehlt ein Priester, der seinen Dienst mit Leidenschaft getan hat, der mit Haut und Haaren Priester und Bischof war und der seine Dienste getan hat, auch als er schon von der Krankheit gezeichnet war. Ich habe von so vielen gehört, die ihn bei Firmungen und bei anderen Gottesdiensten erlebt haben, dass sie sehr persönlich von ihm und seiner Art angerührt waren. Er war für die Menschen eine Brücke zu Gott und eine solche Brücke haben wir jetzt weniger.

DOMRADIO.DE: Sie kennen das ja auch aus ihrem Alltag. Als Weihbischof ist man viel unterwegs, Sie kommen mit vielen Menschen zusammen. Was kann man da als Bischof weitergeben?

Weihbischof Schwaderlapp: Also zum einen natürlich das Sakrament und das Sakrament wirkt aus sich heraus. Wir glauben, dass da Gott selbst am Werk ist und wir als Bischöfe eben nur Mund und Stimme leihen. Darüber hinaus ist sicherlich auch unsere Aufgabe, unser persönliches Glaubenszeugnis zu geben, denn wir haben ja nicht nur die Jugendlichen vor uns, die vorbereitet das Sakrament empfangen. Da sind deren Angehörige dabei und viele, die seit Jahren erstmalig wieder eine Kirche betreten. Also eine große Chance für die Verkündigung. Die Leute haben, glaube ich, ein feines Gespür dafür, ob jemand authentisch ist, ob jemand wirklich das, was er sagt, versucht selbst zu leben. Ich würde sagen, nach dem was ich auch vernommen habe von vielen Leuten, dass das bei Manfred Melzer der Fall war.

DOMRADIO.DE: Jetzt war er lange sehr krank. Der Papst hat ihn auch vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Dienst entlassen. Wie haben Sie die letzten Monate und Jahre mit ihm erlebt? Wann haben Sie ihn zum letzten Mal getroffen?

Weihbischof Schwaderlapp: Ich habe ihn vor einigen Wochen auf der Straße getroffen. Wir wechselten einige Worte. Da sagte er schon, dass es ihm sehr schlecht geht und er sich neu einer Behandlung unterziehen muss. Das war nur eine kurze Begegnung. Die allerletzte war, dass ich ihn im Krankenhaus besuchte. Da war er allerdings nicht mehr bei Bewusstsein, ich habe aber mit ihm gebetet und ihm noch das gesagt, was ich sagen wollte und hoffe, dass er das noch mitbekommen hat. Jetzt weiß er es auf jeden Fall.

DOMRADIO.DE: Sie kennen sich schon lange und sind jetzt in den letzten Jahren gemeinsam Weihbischof gewesen. Es verbindet Sie auch noch eine andere Rolle: Sie waren Sekretär von Kardinal Meisner und Bischof Melzer war es vorher von Kardinal Höffner. Hat er Ihnen da manchmal gute Ratschläge gegeben?

Weihbischof Schwaderlapp: Nun, Kardinal Höffner und Kardinal Meisner waren ja sehr unterschiedliche Typen und auch Manfred Melzer und ich sind unterschiedlich von der Generation her, sicherlich auch vom Typ her. Aber ich fand es immer spannend, wenn er aus seiner Zeit mit Kardinal Höffner erzählt hat.

Es gab zum Beispiel mal eine politische Sache. Er erzählte, dass Kardinal Höffner damals auch Bundeskanzler Adenauer bei der Einführung der dynamischen Rente beraten und dann davon abgeraten hat. Höffner sagte, es könne sein, dass irgendwann weniger Kinder geboren werden und dann funktioniere der Generationenvertrag nicht mehr – also sehr weitsichtig. Aber Adenauer muss dann gesagt haben, er müsse aber Wahlen gewinnen.

DOMRADIO.DE: Morgen ist die Beerdigung – das Pontifikalamt mit Kardinal Woelki und danach die Beisetzung auf dem Domherrenfriedhof. Wie gehen Sie in diesen Tag hinein?

Weihbischof Schwaderlapp: Unsere Liturgie ist ja etwas sehr Tröstliches. Es ist ja nicht so, dass wir jemanden sozusagen für immer verabschieden. Ich finde das nicht so schön, wenn es manchmal heißt "Ein letzter Gruß" – bestenfalls ein vorletzter. Wir feiern wirklich unseren Glauben und geben ihn in die Hände Gottes. Wir leben ganz fest in der Hoffnung, dass wir uns wiedersehen.

DOMRADIO.DE: Ist es in gewissem Sinne auch ein emotionaler Tag für Sie?

Weihbischof Schwaderlapp: Ja, viele Erinnerungen werden wach und lebendig. Zum Beispiel erinnere ich mich, wie er mir geschrieben hat, als meine Mutter starb. Das war eine der persönlichsten, tröstlichsten und schönsten Kondolenzen, die ich erhalten habe. Er schrieb sehr einfühlsam, aber hat es wirklich auch vom Glauben her betrachtet. Er hat da geschrieben, dass nach einer alten christlichen Weisheit Mütter nicht sterben. Wenn sie merken, dass ihre Kräfte schwinden, gehen sie zu Gott, um von dort aus für die Ihren zu sorgen. Das ist ein schöner Gedanke und vielleicht können wir den auch auf Manfred Melzer übertragen. Auch ein Weihbischof stirbt in diesem Sinne nicht, sondern er geht, wenn seine Kräfte schwinden, in die Hände Gottes. Von dort aus wird er auch weiterhin Gutes für uns tun.

Das Gespräch führte Matthias Friebe.

 

Quelle:
DR
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